Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
Vom Netzwerk:
kehrte Lillian nach Las Piernas und Helen zur Zeitung zurück, doch da hatte Helen Katy längst ins Herz geschlossen und passte oft auf sie auf. Jack lernte Katy durch seine enge Freundschaft mit Helen kennen. Schon als Kleinkind hatte Katy an Jack gehangen.
    Mit einer Mischung aus Erheiterung und Scham musste O’Connor daran denken, dass er als kleiner Junge eifersüchtig auf Katy gewesen war. Maureen hatte ihm geholfen, darüber hinwegzukommen, indem sie ihm erklärte, dass Jack jemand war, der nur Menschen mochte, die ihn nicht vereinnahmen wollten. »Wenn du dich zu sehr an ihn klammerst, Conn, dann sagt er sich von dir los.«
    Als er begriffen hatte, dass das stimmte, fragte er seine Schwester, woher sie Jack so gut kannte, wo sie ihn doch nur ein- oder zweimal gesehen hatte. Sie antwortete: »Du hast mir
doch erzählt, was damals in dem Lokal passiert ist, als Lillian Vanderveer Jack vorgeworfen hat, dass er sich zu viel mit dir abgibt. Sie war eifersüchtig auf dich. Es zu zeigen war ihr Fehler.«
    Damals war ihm das unsinnig erschienen. Es hatte Jahre gedauert, ehe er sich einen Reim darauf hatte machen können, dass Lillian Vanderveer allen Ernstes eifersüchtig auf ihn war. Doch er vertraute Maureen und befolgte ihren Rat: Er verbarg seine Gefühle.
    Mit der Zeit verbarg er seine Eifersucht auf Katy so gut, dass sie verschwand, vielleicht auch, weil er gemerkt hatte, dass er von ihr nichts zu befürchten hatte. Langsam nahm sie auch ihn für sich ein, wie es ihr bei fast jedem gelang, und er empfand sie mehr und mehr als eine lebhafte, wenn auch verwöhnte kleine Schwester.
    Trotz des ganzen Reichtums der Linworths vermutete er, dass sie besser dran gewesen wäre, wenn sie aus der Familie O’Connor hervorgegangen wäre. Seine Mutter war nie so reserviert gewesen wie Lillian, und obwohl Kieran nicht einfach gewesen war, hatte O’Connor nie an der Liebe seines Vaters gezweifelt. Harold Linworth dagegen war als Vater ebenso abwesend wie als Ehemann.
    Linworth war auf Distanz geblieben, doch da war er einer von wenigen. Katy war jung, schön und temperamentvoll, und auch wenn sie jetzt noch nicht reich war, würde sie doch eines Tages ein Vermögen erben. Genau wie Todd, nur dass ihres noch größer wäre. O’Connor hatte Katy in den letzten Jahren kaum gesehen, und seit sie Todd geheiratet hatte, überhaupt nicht mehr, was sich jetzt als schlechtes Gewissen bemerkbar machte.
    Eine Frau ist ums Leben gekommen, hatte der Polizist gesagt. Wie? O’Connor war klar, dass er nur dann noch heute Nacht etwas erfahren würde, wenn Dan Norton mit ihm sprach.
    Er musste daran denken, dass Todds ramponierter Hudson neben Dans blitzendem T-Bird gestanden hatte. War Todd also
zu Hause? War er es gewesen, der Katy umgebracht hatte? Hatte sie gedroht, sich wegen seiner Geliebten von ihm scheiden zu lassen?
     
    Der Wind heulte, und der Regen trommelte auf das Autodach, bis er schließlich zu einem sanften Pochen abflaute.
    O’Connor sah Matt Arden mit einer Gestalt zurückkehren, die sich in einem Regenmantel verkrochen hatte und einen großen Schirm hielt. Dan Norton. Die Verkrampfung in seinen Schultern ließ nach. Er hatte gar nicht gemerkt, wie angespannt er gewesen war. Was auch sonst in dieser Nacht alles schief gehen mochte, zumindest war der Beste der Besten mit diesem Fall betraut worden. O’Connor setzte seinen Hut auf, schnappte sich eine alte Zeitung vom Beifahrersitz und hielt sie beim Aussteigen schützend über sich.
    Norton grinste und sagte: »Mensch, O’Connor, zahlen sie euch Zeitungsfritzen nicht mal genug, dass ihr euch einen Schirm leisten könnt?«
    »Meiner steht daheim im Warmen und Trockenen, Dan. Und da war ich schon seit fast einem Tag nicht mehr …«
    Dan wurde schlagartig ernst. »Wie geht’s Jack?«, fragte er und bewegte seinen Schirm so, dass O’Connor ein bisschen mehr im Trockenen und er selbst ein bisschen mehr im Nassen stand.
    »Immerhin ist er wieder zu Bewusstsein gekommen. Ist noch zu früh, um viel sagen zu können, aber seinen Humor scheint er behalten zu haben.«
    »Ein gutes Zeichen. Du hast offensichtlich gehört, was hier passiert ist. Allerdings würde mich brennend interessieren, woher.«
    »Jack hat mich gebeten, nach Katy - nach Kathleen zu sehen. Er hatte irgendwie so ein komisches Gefühl. Ich bin nicht mit dem Wissen hierher gekommen, dass sie ermordet worden ist.«

    »Kathleen? Nein - mein Gott, Conn, wer hat dir das denn erzählt?«
    O’Connor starrte ihn an.

Weitere Kostenlose Bücher