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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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wieder.«
    »Ja, sicher. Und ich kenne nur einen, der seine Rückkehr
aufrichtig begrüßen wird, wenn das bedeutet, dass er ihm das Kriminalressort wieder zurückgeben muss - nämlich Sie.«
    »Sie könnten mich nicht mit Geld und guten Worten dazu bringen, es zu behalten.«
    »Ich weiß. Also tun Sie, was ich sage. Eigentlich wollte ich Sie heute überhaupt nicht arbeiten lassen, aber da der Teufel los ist und Jack ausfällt, sind wir ein bisschen dünn besetzt.«
     
    O’Connor sah Lorenzo Albettini an, dass er keine Lust mehr hatte, weitere Fragen zu beantworten. Doch einer von O’Connors Brüdern war ebenfalls Fischer von Beruf, und so konnte er mit Lorenzo fachkundig genug über das Thema plaudern, das diesem am meisten am Herzen lag, und ihn so für sich einnehmen.
    »Warum sind Sie denn nicht in die Firma Ihres Bruders eingestiegen?«, erkundigte sich Lorenzo, während er mit einem Büchsenöffner zwei dreieckige Löcher in eine Dose Coca-Cola stanzte.
    »Er hat sechs Söhne.«
    Lorenzo schmunzelte und trank einen Schluck Coke. »Ach so.«
    »Mein Bruder hat zu mir gesagt, dass am Tag, nachdem ich mich abgemüht habe, einen Artikel zu schreiben, irgendjemand seinen Fisch darin einwickelt. Aber das stimmt nicht - er lebt in San Francisco. Seine Fische wickeln die Leute in den Examiner .«
    »Wenn er mal hier ist, müssen Sie uns miteinander bekannt machen.«
    »Da würde er sich bestimmt freuen. Sie arbeiten mit Ihrem Bruder zusammen, stimmt’s?«
    Und so bekam O’Connor die Geschichte über die Jacht zu hören, die aus dem Nebel auftauchte.
    »Allerdings glaube ich es nicht«, sagte Lorenzo und warf die leere Coladose in einen Abfalleimer aus Maschendraht.

    »Sie glauben was nicht?«
    »Dass irgendjemand über Bord gegangen ist.«
    »Warum?«, fragte O’Connor erstaunt.
    »Erstens«, begann Lorenzo und zählte an einem Finger ab, »ist die Jacht zu aufgeräumt, zu sauber und ordentlich. Alles ist verstaut. Ich frage Sie mal Folgendes: Wenn Sie Freunde einladen würden, um den Geburtstag einer jungen Frau zu feiern, würden Sie doch wahrscheinlich miteinander anstoßen oder irgendwas in der Art. Hab ich Recht?«
    »Ja. Sie haben also weder Gläser noch Champagner gesehen …«
    »Nichts dergleichen - überhaupt nichts. Wenn Leute feiern und einer von ihnen über Bord gespült wird - wenn Sie einer von den anderen sind, dann waschen Sie doch nicht die Gläser ab und räumen sie auf. Sie lassen alles stehen und liegen und eilen dem Betroffenen zu Hilfe.«
    »Aber wenn ein Sturm aufzieht und Sie das Boot sicherer machen wollen?«
    Lorenzo zählte am zweiten Finger weiter. »Dann ziehen Sie die Schwimmwesten an. Problem Nummer zwei: Die Schwimmwesten sind verstaut, keine fehlt.«
    »Ja«, sagte O’Connor und begann zu begreifen. »Falls man sie nicht gleich, sowie man an Bord gegangen ist, angezogen hat, dann legt man sie an, wenn die See rau wird. Vor allem, wenn man noch nicht oft auf dem Wasser gewesen ist. Was noch?«
    Lorenzo tippte gegen den dritten Finger. »Kein Schlüssel.«
    »Im Zündschloss?«
    »Genau. Warum hätten sie den Schlüssel aus dem Zündschloss ziehen sollen? Wer hat den Motor ausgemacht und den Schlüssel mitgenommen? Würde man sich nicht die Möglichkeit erhalten wollen, mit Motorkraft voranzukommen?«
    »Und viertens?«
    Lorenzo lächelte. »Brauchen Sie noch mehr?«

    »Sie haben offenbar einen scharfen Blick, Mr. Albettini. Ist die Liste mit dem dritten Punkt schon beendet?«
    »Bitte nennen Sie mich Lorenzo. Na gut, viertens - der Hund. Wissen Sie, was ein verängstigter Hund macht? Aber vielleicht ist das ja alles über Bord gespült worden. Noch besser als der Hund ist allerdings Punkt fünf. Das Funkgerät. Ich konnte es einschalten, als ich an Bord kam. Es war aber nicht eingeschaltet, bevor ich gekommen bin.«
    »Vielleicht wussten die Leute, die noch an Bord waren, nicht, wie es funktioniert.«
    »Überlegen Sie doch mal kurz. Stellen Sie sich vor, Sie seien auf der Jacht.«
    O’Connor versuchte, sich die Lage auszumalen. »Vier Leute auf einer Jacht. Einer oder zwei gehen über Bord, oder einer geht über Bord, und ein zweiter versucht ihn zu retten. Die Leute, die noch an Bord sind, geraten in Panik.«
    »Ja! Langsam begreifen Sie es.«
    »Sie haben bereits die Hälfte der Leute an Bord verloren, stecken mitten in einem Sturm und sehen kein Land.«
    »Ja. Sie sind sehr, sehr allein. Nichts auf der Welt kann einem Menschen ein so massives Gefühl von Alleinsein

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