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Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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können?«
    »Sie haben ihn sich also genau angesehen?«
    »Nein, aber das konnte man doch gleich sehen!«
    »Frau Bönig, was glauben Sie, was in Ihrem Haus passiert ist?«
    »Ich kann es nur vermuten. Wenn er nach Hause kam, hat er sich als Erstes immer etwas Besonderes, wie er sagte, aus dem Weinkeller geholt. Weil immer ein besonderer Erfolg zu feiern war.« Sie lachte mit einem gequälten Laut auf, sah erschrocken auf.
    »Entschuldigung.« Sie faltete ihre Hände.
    »Wann haben Sie ihn gefunden?«
    »Als ich nach Hause kam. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt!«
    »Und wann war das?«
    »Ach das … gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig, mein Gott, es kann auch etwas früher oder später gewesen sein. Ich weiß es nicht mehr. Es ist … sowieso wie ein Nebel.«
    »Und Ihre Großhändlerin heißt …« Lüthje ließ den Stift unschlüssig über seinem Tagebuch schweben.
    »Stock…wald …« Sie stockte einen Moment, straffte sich und nahm einen neuen Anlauf. »Ja, Stockwald. Großer Burstah 10. In Hamburg.«
    »Danke. Wo haben Sie mit ihr abends eine Kleinigkeit gegessen?«
    »Moment … ich weiß nicht mehr, wie das hieß. Es war irgendwo an der Elbchaussee. Ja, Scherrer war das.«
    »Ich war zufällig auf der Vernissage, als Sie dort erschienen. Warum haben Sie sich in Ihr Auto gesetzt und sind zur Galerie ›Kompass‹ in List gefahren? Es wäre doch besser gewesen, Sie hätten die Polizei angerufen.«
    »Ich weiß es nicht. Als ich Frank dort unten liegen sah, habe ich mich umgedreht und habe auf der Rosenholzkommode diese Einladung gesehen. Verrückt, nicht? Mir fiel dann ein, dass ich sie gestern selbst dorthin gelegt hatte. Ich wollte ja dorthin, wenn ich wieder zu Hause war. Und Frank wollte ich damit auch erinnern, wenn er früher als ich nach Hause gekommen wäre. Mit der Einladung auf der Kommode. Und dann … bin ich dorthin gefahren, so wie ich es ursprünglich vorhatte. Es erschien mir logisch. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen. Und habe es einfach allen erzählen müssen.«
    »Sie haben geschrien. Zweimal. ›Er ist tot!‹«
    »Habe ich das? Ich weiß es nicht mehr.«
    »Neben Ihrem Mann lag eine … Schneiderpuppe nennt man das, glaube ich. Ist das auch etwas aus Ihrer Boutique?« Lüthje hätte es auch vorsichtiger formulieren können.
    Sie erstarrte.
    »Sie meinen die Schneiderbüste?«
    »Ja.«
    »Ich hatte sie in der Boutique im Schaufenster.«
    »Aber sie lag neben Ihrem Mann im Keller.«
    »Er hatte einen Generalschlüssel. Genau wie ich. Man kommt vom Haus in die Boutique. Über die Garage.«
    »Haben Sie eine Erklärung, warum er sie dort herausgeholt hat?«
    »Nein …« Sie presste die Hände so sehr zusammen, dass ihre Knöchel weiß wurden. Sie warf ihm einen Blick zu und löste langsam die Hände voneinander, als fühlte sie sich ertappt.
    »Frank mochte sie«, sagte sie, und legte wieder den Kopf zur Seite. »Ich habe sie in Hamburg gekauft.«
    »Also, sie stand schon monatelang im Haus? Und wo hat sie gestanden?«
    »In seinem Arbeitszimmer. Wenn Sie vor dem Haus stehen, die beiden Fenster. Oben. Hinter dem rechten Fenster … da hat sie gestanden.«
    Lüthje schwieg.
    »Man sah sie von der Straße aus. Er wollte das so. Wenn er nach Hause kam, wollte er sie dort oben sehen.«
    »Ah ja.«
    »Mein Gott, nun begreifen Sie doch endlich! Er war pervers! Ist das so schwer zu verstehen? Nicht nur, wenn er betrunken war. Diese Wespentaille, das hat ihn verrückt gemacht. Ich hab es auf unserer Hochzeitsreise gesehen in New York, wie er einer Frau mit heraushängender Zunge nachgesehen hat. Die unteren Rippenknochen werden wegoperiert. Kennen Sie das nicht? Das ist wieder in. Auf Sylt hab ich so was auch schon gesehen. Er hat mich gefragt, ob ich das für ihn machen lassen wollte. Kein seriöser Schönheitschirurg würde das machen!«
    »Wie ich sehe, haben Sie sich nicht für ihn unters Messer gelegt. Oder?«
    Sie sah ihn wütend an. Es funkelte nicht, es sprühte Funken.
    »Haben Sie Kinder?«, fragte Lüthje.
    Sie lächelte bitter.
    »Ich glaube …«, sagte Lüthje langsam, »… ich habe jetzt einen Eindruck, wie es um Ihre Ehe bestellt war.« Vorsichtiger wollte er es nicht formulieren.
    »Na, Gott sei Dank! Und jetzt verhaften Sie mich.«
    »Haben Sie ihn umgebracht?«
    »Nein. Aber ich habe ihn gehasst.«
    »Wer wohnt noch hier? Außer Herrn Molsen«, fragte Lüthje.
    »Es ist ein Freundschaftsdienst, verstehen Sie? Er ist ein Gentleman. Ich weiß nicht,

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