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Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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öffentliche Interesse, sprich der Reeder Axel Molsen, es verlangt. Und wir beide müssten uns dann mit irgendeinem Kasper herumschlagen, der nach Beförderung lechzt. Also: Wenn uns die Leitungsebene nach Fortschritten fragt oder einen Blitzrapport verlangt, müssen wir beide das vorher unter uns abstimmen. Gegenüber Schackhaven und Co. immer locker und optimistisch wirken. Und noch was. Hilly hat sich wieder auf die Suche nach einer neuen Wohnung für uns gemacht. Sie hat zwölf Objekte auf der Liste, die sie mit mir besichtigen will. Ich bin dir nicht böse, wenn du auch für mich den Ball ein bisschen flach hältst. Ist ja sowieso ein richtiger Molsen-Komplex, also dein Fall.«
    Sie besprachen die interne Arbeitsteilung und wünschten sich eine gute Nacht.
    Unmittelbar danach summte Malbeks Diensthandy. Es war Jette. Er drückte ihren Anruf weg. Er ermittelte und wollte nicht gestört werden.
    Er machte das Licht aus und öffnete das Fenster einen Spalt. Er hatte ein Zimmer mit Seeblick gebucht. Die Brandung rauschte, eine einsame Möwe klagte in der Dunkelheit, und er glaubte, das Seegras im Wind knistern zu hören. Langsam wandernde Positionslichter markierten den dunklen Horizont. Die Sterne flackerten am unruhigen Himmel, und der Mond hing mit ratlosem Gesicht am Himmel, als würde »der kleine Häwelmann« aus Malbeks Lieblingskinderbuch ihm über den kreisrunden Kopf fahren. Malbek lehnte sich mit den Ellenbogen auf das Fensterbrett und biss in die Hähnchenkeule. Auf dem Hotelflur klackerten Stöckelschuhe an seiner Zimmertür vorbei. Er verzog schmerzhaft das Gesicht.
    Ein bulliger Range Rover bog auf den Hotelparkplatz ein. Er hielt einen Moment an und fuhr in die einzige Parknische, die nicht beleuchtet war. Malbek ließ die zweite Hähnchenkeule langsam auf das fettige Einwickelpapier sinken. Malbek kannte den Mann, der aus dem Auto stieg. Es war Robert Lüllmann. Reginas Exfreund. Der Mann, der sich so nett mit der Schmitz aus Köln unterhalten hatte. Der Mann, dem Axel Molsen auf der Vernissage ausgewichen war. An dem Abend, an dem Frank Bönig tot vor seinem Weinkeller aufgefunden wurde.
    Lüllmann hatte kein Gepäck bei sich. Wahrscheinlich hatte er in dem Hotel schon eingecheckt und kam erst jetzt von der Vernissage oder einer angehängten Party.
    Malbek schaltete sein Handy auf Stumm, verließ eilig sein Zimmer und lief zum Fahrstuhl. Die Leuchtziffernanzeige über der Tür blieb im ersten Stock stehen. Der Fahrstuhl öffnete sich also direkt unter ihm. Er lief die Treppe auf Zehenspitzen ein Stockwerk tiefer und sah in den Gang. Auf der linken Seite sah er noch, wie Lüllmann eine Tür öffnete und in einem Zimmer verschwand. Malbek ging den Gang entlang und sah im lässigen Vorübergehen auf die Zimmernummern, als würde er sein Zimmer suchen. Lüllmann war in Nummer zweihundertsechzehn gegangen. Malbek blickte kurz um sich und hielt das Ohr näher an die Tür. Der Fernseher lief.
    Malbek ging über die Treppe zurück in sein Zimmer. Er schaltete sein Handy auf normalen Betrieb zurück. Zwei Anrufe in Abwesenheit. Jette. Er wählte den leisen Anrufmodus »Besprechung«, schaltete sein Notebook ein und sah nach seinen E-Mails.
    Vehrs und Hoyer hatten ihm vorläufige Berichte geschickt, Waffe und Projektil waren trotz tagelangen Einsatzes der Taucher nicht gefunden worden. Die Recherchen zur Person Frank Bönig waren etwas vielversprechender. Die Auswertung von Markus Peters’ Notebook ließ noch auf sich warten. Von einer heißen Spur konnte bisher keine Rede sein. Es war zum Mäusemelken.
    Der Vorsitzende des Schleswiger Domorgelvereins schlug in seiner Mail den Entwurf für eine Broschüre vor, in dem für den Erwerb von Orgelpfeifenpatenschaften zur Finanzierung der Orgelreparaturen geworben wurde. Er fragte Malbek als Vorstandsmitglied nach seiner Meinung und erinnerte an ein Treffen mit einer Demonstration des Organisten von altersbedingten Schäden an der Domorgel. Als Dateianhang hatte er ebenfalls als Erinnerung eine Einladung zu einem Konzert eines Chores aus Århus mitgeschickt. Der Mann wusste von Malbeks Beruf und war es gewohnt, ihn an alles, was den Verein anging, mehrfach zu erinnern. Auf das Konzert hatte Malbek sich schon seit Wochen gefreut.
    Seine Tochter schrieb ihm: »Ich höre von Hilly, dass du noch auf Sylt bist. Ich hoffe, die Welt ist da nicht so eckig für dich. Mach keine Dummheiten. Hast du deinen Urlaub endlich geregelt? Wegen unserer Englandfahrt. Pass auf dich

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