Totenschleuse
Verletzung mitschwang, die Harder ihm zugefügt hatte.
»Ich muss Sie was fragen, Herr Malbek.« Hoyer sah im direkt ins Gesicht. »Ihre Nase … wie ist das passiert?«
Malbek vernahm dankbar, dass sein Diensthandy summte. »Ja, hier Malbek!«
Die Kollegen hatten Henning Schlömer nicht in seiner Wohnung angetroffen. Die anderen Mieter im Haus hatten ihn schon seit Wochen nicht mehr gesehen.
»Öffnen Sie die Wohnungstür. Der Mann ist möglicherweise in Lebensgefahr. Machen Sie einen Rundgang durch die Wohnung und suchen Sie nach allem, was aussieht wie ein Computer mit Festplatte. Wenn Sie einen Computer finden, bitte sofort an Herrn Frerksen im LKA. Tschüss.«
Er beendete das Gespräch und sagte leise, wie zu sich selbst: »Henning Schlömer. Der mit Markus Peters die Kabine geteilt hat. Den ich während der Kanalpassage befragt habe. Ich hab mir von ihm einen Bären aufbinden lassen.« Er schüttelte den Kopf, als könne er sich den Fehler nicht verzeihen. »Wenn Harder mich über den Inhalt von Frerksens Bericht vorgestern unverzüglich informiert hätte, wäre der Groschen bei mir früher gefallen. Immerhin ist mir gestern mulmig geworden. Und heute hat Frerksen meine Vermutung bestätigt. Aber es ist unnötig, darüber jetzt zu spekulieren. Erst muss ich mit ihm sprechen können. Und wenn er wieder nicht mit der Wahrheit rausrückt, wird Frerksen Schlömers Notebook zum Sprechen bringen.«
»Weiß niemand bei der Reederei oder von der Schiffsbesatzung, wo er sein könnte?«, fragte Hoyer.
»Offiziell ist er auf Urlaub und inoffiziell auf der Flucht. Ich warte jetzt auf einen Anruf von seinem Kapitän Stegemann.«
»Sie reden in Rätseln«, sagte Hoyer ungeduldig. Vehrs nickte eifrig.
»Ja, mag sein«, sagte Malbek. »Vielleicht habe ich mich geirrt. Dann war es Zeitverschwendung, darüber diskutiert zu haben. Aber das werden wir bald wissen. So oder so.«
Malbek straffte sich, atmete tief durch.
»Also, ich bedanke mich für die Versorgung mit Mails und den angehängten Berichten. Es ist einiges an Material, aber es ist keine heiße Spur dabei. Nicht einmal Markus Peters’ Notebook hat etwas Interessantes hergegeben. Wir treten auf der Stelle. Abgesehen davon, dass jetzt vielleicht etwas ins Rollen kommt. Unter anderem durch Bönigs Tod auf Sylt. Die Verbindung zwischen beiden Todesfällen ist Axel Molsen. Frank Bönig war Molsens Finanzberater. Markus Peters war Auszubildender der Reederei Molsen. Manuela Bönig hat von Feinden ihres Mannes gesprochen. Es müssen so viele sein, dass sie keinen einzigen benennen kann. Frau Bönigs Alibi ist schwammig, Frau Hoyer, Sie haben es überprüft …«
»Die Händlerin hat alle Angaben von Frau Bönig bestätigt. Ich hatte im Verlauf des Telefonats den Eindruck, dass sie sich überlegte, den geschäftlichen Kontakt zu Frau Bönig abzubrechen. Sie fragte mehrfach nach, ob Frau Bönig als Täterin in Betracht komme, aber da ich immer wieder den Aspekt der Routine bei meinen Fragen betonte, wurde sie etwas entspannter. Manuela Bönigs Alibi lässt eine Lücke von einer Stunde. Gut, wir wissen, wann sie wieder auf Sylt war. Aber das Zeitfenster, das für den Mord bleibt, ist drei Stunden groß, so sagte die Gerichtsmedizin.«
»Haben Sie bei Markus Peters’ Netzbetreiber die Verbindungsdetails bekommen?«, fragte Malbek.
»Peters ist am Tag des Mordes und einen Tag davor mit einer SIM-Karte angerufen worden, die in seinen Verbindungen bisher nicht auftauchte. Sie ist erst vor sieben Tagen bei einem Lebensmitteldiscounter in Elmshorn gekauft worden. Sie wurde erst am Tag vor dem Mord aktiviert. Persönliche Angaben werden bei dem Discounter beim Verkauf der SIM-Karten nicht erhoben. Es wurde nur ein Anschluss angerufen, viermal. Markus Peters. Seit dem Mordtag ist sie nicht benutzt worden und nicht mehr erreichbar. Wahrscheinlich wurde sie vernichtet und liegt im Uferschlamm des Nord-Ostsee-Kanals.«
»Wenn ich noch mal auf die Alibifrage zurückkommen darf …«, sagte Vehrs ungeduldig und hielt eine Skizze auf einem Zeichenkarton hoch. »Es fiel mir ein, als Robert Lüllmann plötzlich auf der Bühne auftauchte und Husvogt aus Flensburg den vorläufigen Bericht über die Observierung rüberschickte. Ich hab dann noch mit Husvogt darüber diskutiert, dass unsere wichtigsten Erkenntnisse zu den Alibis sich an dem Ereignis ›Vernissage Rita Lüthje‹ orientieren. Axel Molsen, Robert Lüllmann, Manuela Bönig. Es gab ein Zeitfenster, in dem sie fast
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