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Totenseelen

Totenseelen

Titel: Totenseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach
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stöhnte Kästner. »Und herausgekommen ist bei all dem Gesabbel rein gar nichts. Ich schätze mal, der Herr Kriminaldirektor wird nicht erfreut sein, wenn ich Meldung erstatte.« Der Zettel vor ihm auf dem Schreibtisch war praktisch leer. Fünf Namen, weiter nichts. »Und bei dir?«
    Pieplow hob bedauernd die Schultern. »Auch nicht viel. Ich erzähl’s dir auf der Fahrt.«
    Der olle Niemann, Waltraud Pape. Der Rest so unergiebig wie Kästners Gespräche.
    »Immerhin. Du bist wenigstens auf einen Verschwundenen gestoßen, auch wenn’s nicht der Richtige war. Was hat denn der große Meister dazu gesagt?«
    »Nichts. Malek musste den Namen notieren und soll sich jetzt drum kümmern.«
    »Na klar, für so was hat man seine Leute«, blaffte Kästner. »Die können sich dann die Hacken ablaufen, um eine siebzig Jahre alte Vermisstensache zu durchleuchten. Als wenn wir nichts Besseres zu tun hätten.«
    »Eigentlich haben wir das ja auch nicht, solange wir nicht wissen, wer die mysteriöse Leiche ist«, gab Pieplow zu bedenken.
    Kiefern und Erlen rechts und links der Straße nach Neuendorf schluckten so viel vom späten Tageslicht, dass Pieplow die Scheinwerfer einschalten musste. Drei, vier Minuten noch, dann würde er Kästner zu Hause absetzen. Unklug also, durch einen unvorsichtigen Einwand jetzt noch eine endlose Debatte vom Zaun zu brechen.
    »Mysteriöse Leiche – wie das schon klingt! Nach Fluch und Omen und Nebel über dem Moor. Dabei hat einfach einer jemanden um die Ecke gebracht, ist nicht erwischt worden und irgendwann samt seiner Tat zur Hölle gefahren. Punkt, Schluss, aus. Es kann doch nicht so schwer sein, das zu akzeptieren.«
    »Und wenn er nicht zur Hölle gefahren ist? Ich meine, wenn der Täter noch lebt?«
    »Pfff«, machte Kästner. »Nix. Verj ährt und fertig.«
    »Du weißt genau, dass Mord nicht verjährt.«
    »Menschenskind, Pieplow, was soll denn das? Warum reitest du dauernd auf diesem Mord rum? Du bist doch sonst nicht so vergnügungssüchtig.«
    Pieplow fand, ein so dämlicher Spruch verdiente keine Erwiderung, und schwieg während der letzten hundert Meter Fahrt.
    Kästners Frau stand vor dem Haus und sah ihnen entgegen.
    »’n Abend, Daniel«, begrüßte sie Pieplow. »Was hältst du von frischem Hering mit Bratkartoffeln?« Durch das offene Autofenster legte sie ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. Auf dem Beifahrersitz mühte sich Kästner allein mit Krücken und Plastikschuh ab. Ihm zu helfen hatten sie im Laufe der Zeit aufgegeben. Es machte ihn nur noch fuchtiger.
    »Danke, Andrea.« Pieplow mochte Kästners Frau und ließ sich sonst gern zum Essen einladen. »Heute nicht, ich …«
    »Er hat noch einen Tatort zu bewachen«, fiel Kästner ihm ins Wort. Er hatte sich endlich aus dem Auto herausgewuchtet und stand jetzt neben seiner Frau.
    Pieplow griff in seine Hemdtasche, zog einen Zettel hervor und reichte ihn Kästner durch das Fenster. »Die Namen der Achtzigj ährigen hier bei euch. Es sind neunzehn. Während ich im Schlesinger-Haus hocke, kannst du ja vielleicht noch den einen oder anderen befragen.«
    »Wie stellst du dir das vor?« Kästner klopfte mit der Krückenspitze gegen seinen Plastikstiefel.
    »Nun stell dich nicht an. Ist doch wunderbar hier. Alles flach, keine Zäune, sozusagen behindertengerecht.« Sein Blick ging durch das weitläufige Dorf mit seinen weißen reetgedeckten Häusern, dazwischen Wiesen und Platz genug für eine Horde Kinder, ihre Räder und ihren Fußball.
    »Ich bin krankgeschrieben.«
    »Teildienstfähig.« Pieplow hob grüßend die Hand und wendete den Wagen.
    »Tooor!« kam es von dort, wo die Kinder bolzten.

    Das Türblatt stieß oberhalb des Schlosses gegen den Rahmen. Pieplow fasste die Klinke fester, hob die Tür damit ein wenig an und zog sie mit einem Ruck ins Schloss. Man würde sie zurechthobeln müssen, wenn alles vorüber war. Mit alten Vollholztüren kein Problem, dachte er, als ginge ihn das etwas an.
    Außer einer grauen Staubschicht auf allen Flächen und Trittspuren auf dem rotgemusterten Teppich war in diesem Raum von den Arbeiten jenseits der Tür kaum etwas zu sehen. Pieplow schaute sich um und fand, es konnte ungemütlichere Orte für nächtliche Wachen geben. Rechts ein klobiger senfgelber Kachelofen. Gegenüber ein durchgesessenes, wulstiges Sofa, davor ein ausladender Sessel, beides mit dem gleichen seegrünen Stoff bezogen. Vor dem Westfenster Esstisch und Stühle. Solide, schwere Möbel, die vor

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