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Totenseelen

Totenseelen

Titel: Totenseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach
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was, wenn ich fragen darf?«
    »Na, um deine Schwägerin gewiss nicht. Die wird’s ja nicht gewesen sein, die …«
    »Hab ich was davon gesagt? Vielleicht kann ich erstmal …«
    Pieplow versuchte nicht hinzuhören und war Kästner dankbar, als er dem Gezänk ein Ende machte.
    »Verstehe ich euch richtig?«, hakte er nach. »Ihr haltet es für möglich, dass einer der Arbeiter Roloff umgebracht hat?«
    »Genau«, bekräftigte Erwin. »Jawoll«, brummte Een. Mall paffte und nickte.
    Kästner warf einen vielsagenden Blick über den Schreibtisch. »Schätze mal, das wird den Kommissar freuen: ab ins Wasserwirtschaftsamt, Listen ausgraben. Vorausgesetzt es gibt überhaupt noch welche. Und wenn ja, dann allen hinterherforschen, die damals auf der Baustelle gearbeitet haben.« Er hob die Arme und breitete die Hände aus. »Gehet hin in alle Welt und suchet, so werdet ihr finden!«
    Pieplow konnte nur Vermutungen anstellen, wie viel Schnaps in dem Kaffeebecher gewesen war.
    »Sind ja manche auch noch hier«, gab Een zu bedenken. »Müsst ich mal überlegen, wer. Aber der ein oder andere ist wohl geblieben.«
    Kästner ließ die Arme sinken. »Wie meinst du das?«
    »Wie ich’s sag. Sind hiergeblieben, als der Damm nicht weitergebaut wurde. Haben was anderes gemacht. Geheiratet. Sind so was wie Hiddenseer geworden.«
    »Knoop, zum Beispiel. Otto Knoop«, fiel Erwin ein.
    »Wohl wahr. Aber der ist tot, der nützt uns nix mehr.«
    »Kuddel!« Wie ein Schuljunge reckte Mall einen krummen, schrumpligen Finger in die Luft, der genauso gelb war wie seine Zähne. »Kuddel Lambrecht.«
    »Der war aber Hiddenseer«, stellte Een richtig.
    »Weiß ich selbst! Aber am Damm gearbeitet hat er.«
    Pieplow war sofort hellwach. »Karl Lambrecht? Der muss doch noch ein Kind gewesen sein!«
    Der krumme Zeigefinger bewegte sich ein paar Mal schnell hin und her. »Der junge, ja. Den mein ich aber nicht, sondern den alten Karl Lambrecht. Der hat mit seinem Klepper Fuhrdienste beim Dammbau gemacht.«
    Ungeduldig tockte Pieplow mit dem Kugelschreiber auf seine Schreibtischunterlage, als die Kabbelei um den Wert dieser Information von neuem losging. Karl Lambrecht, der alte wohlgemerkt, sei ebenso tot wie Otto Knoop, als Zeuge also unbrauchbar. Und außerdem nicht mehr dabei gewesen, als Roloff starb. Erst danach, unter dem neuen Bauleiter, konnte er wieder anfangen.
    »Warum?«, wollte Pieplow wissen.
    Ahnungsloses Schulterzucken. Vielleicht wegen der Sauferei? Eine Zeit lang war’s wirklich schlimm mit ihm. Nach der Geschichte mit der Tochter, der Lissi, schien überhaupt kein Halten mehr. Erst will er sie totschlagen und scheint es ernst zu meinen. Prügelt sie, dass sie grün und blau ist und nirgendwo mehr hin kann. Und als sie dann weg ist, säuft er sich beinah um den Verstand. Das macht kein Chef mit. Und schon gar nicht ein so scharfer Hund wie dieser Roloff.
    Wie lange Lambrecht arbeitslos gewesen war, ließ sich nachrechnen. Herbst bis Sommer nach Roloffs Verschwinden. Hart war’s ihn angekommen mit seinem kaputten Arm. Schließlich hatte er einen Haufen Mäuler zu stopfen und nun fehlte auch noch das Geld, das die Älteste nach Hause gebracht hatte. Sie lebten im wahrsten Sinne von der Hand in den Mund bei dem, was das bisschen Acker und Kleinvieh hergab. Schenken ließ er sich nichts, aber die Frau, die nahm es an, wenn ihr mal jemand ein paar Fische vorbeibrachte.
    Vielleicht war der Jüngste deswegen Koch geworden? Um immer volle Töpfe vor der Nase zu haben? Möglich wär’s doch. Möglich wär’s, das meinten auch Kästner und Pieplow, denen klar wurde, dass sie nach den fehlenden zweitausend Mark gar nicht erst zu fragen brauchten.
    »Wo ist die Lissi denn hin?«, fragte Pieplow betont beiläufig, während er auf seinem Schreibtisch Papier von links nach rechts räumte.
    Stralsund, glaubte Een, dem das weit genug weg schien, um der Maläse zu Hause zu entkommen.
    Rostock, wollte Mall es besser wissen. Erst Rostock und später rüber nach’m Westen. So hatte er es gehört, wenn mal über Lissi gesprochen wurde.
    »Du warst doch bei Irma Duve.« Erwin Schulte sah zu Pieplow hinüber. »Die muss doch wissen, was aus Lissi geworden ist.«
    Pieplow schüttelte den Kopf. »So gut haben sie sich wohl doch nicht gekannt …«
    »Pah! Und den Bären lässt du dir aufbinden? Klar weiß die Bescheid!«, empörte sich Mall Breker. »So dicke, wie die miteinander gewesen sind? Die waren doch wie siamesische Drillinge, die drei Mädels.

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