Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)
auch zumachen. Wenn du möchtest.«
»Wenn’s euch nichts ausmacht …«
»Also bittschön, dann steht ja der Qualm da herinnen«, sagte Lukas und zündete sich eine neue Zigarette an. »Ein bisschen frische Luft hat noch keinem geschadet.« Damit war das Thema bei den Akten.
»Na gut«, sagte Claudia. »Wir werden abwarten, was die in Düsseldorf über Edith Jonas herausfinden. Inzwischen würde ich gerne Uwe Beck auf den Zahn fühlen. Der verheimlicht uns was.«
»Was heißt auf den Zahn fühlen?«, fragte Lukas.
»Durchsuchungsbeschluss. Der hat ein ganzes Archiv mit Akten zu jedem Jahrgang seit … keine Ahnung, aber mindestens seit den dreißiger Jahren. Und in dem Ordner von 1945 war noch mehr drin über Frieda Jonas. Da bin ich mir sicher.«
»Der Beck ist kein Verdächtiger«, wandte Lukas ein. »Und du kannst nicht mal sagen, was du da an Beweismitteln zu finden hoffst. Wie willst du es formulieren?«
»Dass ich aus persönlicher Anschauung den Eindruck habe, dass Beck Beweismittel unterdrückt.«
»Und woher rührt dein Eindruck?«
»Na ja, das ist natürlich mehr so ein Bauchgefühl.«
»Und du glaubst, der Foidl gibt dir für dein Bauchgefühl an Durchsuchungsbeschluss?«
Dr. Foidl war der zuständige Ermittlungsrichter. Ein alter Kauz mit pädagogischen Ambitionen. Foidl war der Ansicht, dass die heutigen Juristen nicht mehr in der Lage seien, klar, logisch und sauber formulierte Anträge zu schreiben, und dass er von einer höheren Macht, die er vermutlich selbst war, dazu berufen sei, diesem Missstand abzuhelfen. Wenn er Muße hatte, dann beließ er es nicht dabei, die Schriftstücke – egal ob von Staatsanwalt oder Verteidiger – juristisch zu zerpflücken, sondern strich auch die Grammatik- und Rechtschreibfehler mit rotem Filzstift an. Bei Staatsanwälten ging eine Kopie an den Oberstaatsanwalt und eine ans Justizministerium. Ein Antrag, wie er Claudia vorschwebte, hätte Foidl vermutlich ein vergnügliches Wochenende bereitet.
»Du meinst, Foidl findet das nicht so überzeugend?«
»Lass es. Oder bring irgendwas Handfestes gegen Beck.«
Claudia seufzte und sah zu Wallner. Der zuckte mit den Schultern. Er konnte ihr auch nicht helfen.
»Ich hab noch was zum Thema Beck.« Lukas suchte etwas auf seinem Schreibtisch, fand es aber nicht und gab auf. »Der war gestern hier.«
»Hier im Büro?«
»Richtig. Hier in meinem Büro. Er wollte unbedingt mit dem Leiter der Kripo Miesbach reden. Normal hätte ich gesagt, er soll mit wem anders reden oder verschwinden. Wir kennen den Beck ja inzwischen. Aber er hat gesagt, es wäre wegen der Leiche in der Kapelle. Da hab ich mir gedacht, das kann ich mir ja mal anhören.«
»Ich sag doch, der weiß was.« Claudia hatte die Hoffnung auf einen Durchsuchungsbeschluss noch nicht aufgegeben. »Ja und? Was erzählt er?«
»Den üblichen Käse. Dass er Material hat zu Frieda Jonas. Aber das gibt er nur heraus, wenn er an den Ermittlungen beteiligt wird.«
»Da haben wir’s! Das können wir doch in dem Antrag als Argument bringen. Er sagt es selber.«
»Claudia! Der Foidl kennt den Beck und weiß, was der für Beweise anbringt. Dafür kriegst keinen Beschluss.«
Claudia schmollte.
»Gestern gab’s allerdings mal was Neues: Er fühlt sich bedroht, hat der Beck gesagt. In Dürnbach würde ihm jemand nach dem Leben trachten. Und Polizeischutz wollte er haben. Hat dafür natürlich nicht den geringsten Beleg. Außer, dass irgendwelche Leute an seinem Haus vorbeigehen.«
»Hat er wen Bestimmten in Verdacht?«, wollte Wallner wissen.
»Albert Kieling hat er genannt. Sie kennen den von Ihrem Besuch in der Wirtschaft. Aber vergessen S’ das schnell wieder. Das ist alles haltloses Geschwätz. Der Beck will das, was er immer will: sich wichtig machen.«
»Wenn wir konkret nachweisen könnten, dass Beck uns Beweise vorenthält, hätten wir dann Chancen auf einen Durchsuchungsbeschluss?«, fragte Wallner.
»Klar. Wenn Sie was finden.« Lukas drückte seine Zigarette aus. »Und jetzt mach ma Schluss für heute.«
»Schön«, sagte Wallner und freute sich auf ein warmes Büro mit sauberer Luft.
25
I n den nächsten Tagen versuchten Wallner und Claudia, Uwe Beck zu erreichen. Claudia wollte ihren weiblichen Charme zum Einsatz bringen, um Beck zu überreden, seine Archivunterlagen freiwillig herauszugeben. Immer wieder versuchten sie es telefonisch. Aber es meldete sich nur der Anrufbeantworter.
Claudia hatte ihren Vater besucht und beschloss,
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