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Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Totensonntag: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Zeit. Aber fünfundvierzig?«
    »Ich würde mal sagen, eher 1939. Das war die Zeit, als sie das erste Mal in Dürnbach war.«
    »Vielleicht keine schlechte Idee. Ich schick jemanden hin.«

    Das Hotel, das man für Wallner gebucht hatte, besaß den Charme einer Jugendherberge aus den sechziger Jahren und hatte nichts gemein mit den Hotelpalästen, die man mit Sankt Moritz für gewöhnlich in Verbindung bringt. Trotzdem kostete das Zimmer nach Wallners Begriffen ein Vermögen.
    Da es schon auf neun zuging, als Wallner eincheckte, überlegte er, wo er zu Abend essen konnte. Sollte er sich die Blöße geben und die Frau an der Rezeption nach einem preiswerten Restaurant fragen? Oder lieber nach einer Pizzeria? Nicht einmal in der Schweiz würde eine einfache Pizza allzu teuer sein. Aber wer weiß, vielleicht taten sie hier Hummer drauf. Mitten in diese Gedanken hinein läutete Wallners Zimmertelefon. Es war eine weibliche Stimme, die ihn mit Clemens ansprach. Es brauchte eine Weile, bis Wallner begriff, dass Claudia am anderen Ende der Leitung war.
    »Woher hast du meine Nummer?«
    »Ich bin die Staatsanwältin. Ein Anruf in Miesbach, und ich hatte sie.«
    »Ja klar. Was kann ich für dich tun?«
    »Wollen wir essen gehen?«
    »Tut mir leid. Ich bin in Sankt Moritz. Aber das weißt du ja.«
    »Ich bin auch in Sankt Moritz.«
    »Du bist … hier in der Stadt?«
    »Ja. Ich hab einen Termin mit einem Schweizer Kollegen. Aber erst morgen. Ist doch ein witziger Zufall, oder?«
    »Absolut. Also … von mir aus. Ich wollte gerade eine Pizza essen.«
    »Ich lad dich ein. Ins Badrutt’s Palace. Da isst man sehr gut.«
    »Palace hört sich exklusiv an.«
    »Mach dir keine Gedanken und komm. Sonst macht die Küche zu.«

    Das Badrutt’s Palace sah von außen aus wie eine mittelalterliche Burg, mit spitzen Türmen und Naturstein an der Fassade. Der Eindruck ließ auch im Inneren kaum nach. Wuchtige antike Sessel, Spitzbögen und Kamine mit Zinnkrügen sorgten für ein Gefühl herrschaftlicher Behaglichkeit. Im Gegensatz zu echten Burgen mit ihren rheumafördernden Steinfliesen hatte der Architekt jeden Quadratzentimeter des Hotels mit Teppichböden auslegen lassen, meist in kleinteiligem Blumenmuster, so dass Schmutz, wenn er sich denn in dieses edle Ambiente verirrte, kaum zu sehen war. Im Restaurant war der Grundton Blau.
    Wallner fühlte sich nicht wirklich wohl. Das Hotel schüchterte ihn ein, und er fiel auf unter den Gästen, die sich hier bewegten. Ihre Kleidung war teuer und weniger abgetragen als Wallners Jackett mit Bundfaltenhose, und man sah den Leuten an, dass sie es gewohnt waren, in Luxushotels zu wohnen.
    Die Tische waren angenehm weit voneinander entfernt, denn das Restaurant hatte die Ausmaße einer Turnhalle, und Wallner brauchte eine Weile, um Claudia zu entdecken. Sie trug ein enganliegendes rotes Kleid, das auf raffinierte Weise zu Blicken auf ihr Dekolleté einlud. In der fremden Umgebung sah sie irgendwie anders aus. Ihre Augen funkelten wie dunkle Diamanten. Die kurzen schwarzen Haare und die etwas hervorstehende Unterlippe erinnerten Wallner an Liza Minnelli in Cabaret . Und dann war da wieder Claudias Parfüm, viel zu schwer und doch so anziehend. Wallner spürte ein Kribbeln im Bauch, als sie aufstand und ihn mit einem Kuss auf die Wange begrüßte.
    Sie sprachen zunächst über das winterliche Wetter und die Fahrt nach Sankt Moritz. Claudia war von München aus gefahren, hatte aber auch sieben Stunden gebraucht. Dann erklärte ihr Wallner den Zweck seines Aufenthalts und brachte sie auf den neuesten Stand der Ermittlungen.
    Irgendwann nach der Vorspeise sagte Claudia: »Ich hab jetzt genug Dienstliches gehört. Erzähl mir was über dich.«
    »Was willst du wissen?«
    »Hast du eine Freundin?«
    »Nein. Im Augenblick nicht.«
    »Es ist noch nicht so lange her, dass du eine Beziehung hattest, stimmt’s?«
    Wallner blickte sie leicht irritiert an. »Woher willst du das wissen?«
    »Das spürt man. In bestimmten Situationen wirst du auf einmal nachdenklich. Ich habe das Gefühl, dass du an eine Frau denkst.«
    Wallner lächelte. Es war ein anerkennendes Lächeln für eine Fähigkeit, die er selbst nicht besaß. »Wir waren drei Jahre zusammen«, sagte er schließlich. »Sie heißt Susanne.«
    »Warum ist es auseinandergegangen?«
    Der Kellner brachte den Hauptgang. Claudia hatte Seeteufel bestellt, Wallner Hirschbraten. Die Gerichte waren auf vorgewärmten Tellern phantasievoll angerichtet und

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