Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
Vom Netzwerk:
Dienstagvormittag zurück nach New Orleans, und Justin war selbst überrascht, wie sehr er sich freute, ihn zu sehen. Zumindest gab es jetzt etwas zu tun, und die Langeweile war zu Ende.
    Aber es waren auf gewisse Weise die Flitterwochen, die sie nie gehabt hatten; er hatte sich mit April stundenlang eingeschlossen, ohne auch nur einmal das Tageslicht zu sehen. Die Bettgymnastik war fast unausweichlich, einerseits aus Langeweile, dann wieder taten sie es, um das aufkommende Kabinenfieber zu besänftigen. Sie gingen mit so viel Schweiß und Enthusiasmus aufeinander los, bis sie aufgrund der Orgasmen und Erschöpfung ausgebreitet auf den Laken lagen, sich abkühlten und einander nur noch mit den Fingerspitzen berühren konnten.
    So lange sie frei waren, war alles in Ordnung.
    »Wie geht es dir?«, wollte er von ihr wissen. Es war Montagnachmittag, sie lagen auf den zerwühlten Laken, das Bitte nicht stören- Schild hing noch immer auf der anderen Seite der Tür.
    Mit dieser Frage hatte Justin alles gemeint. Er stützte sich auf seinen Ellenbogen und sah auf sie herab – April lag mit zerzausten Haaren auf ihrem Kissen, sie war mit einer dünnen Schweißschicht bedeckt und hatte ein Bein in sinnlicher Verzückung angewinkelt. Sie kam ihm in diesem Moment so klein und doch so mächtig vor, wie ein Schilfrohr, das vom Wind geschüttelt wird. Er wusste, dass er nie jemand anderen auf diese Weise würde lieben können, so ganz, so umfassend, da ihm niemand derart Angst machen konnte. Auch wenn sie es nicht einmal wollte.
    April antwortete mit ruhigen, wissenden Augen auf die Frage. »Es geht mir gut.« Sie lachte leise, beinahe unhörbar, der Klang des weiblichen Mysteriums. »Ich bin dabei, solange es dauert, Jus. Mach dir keine Sorgen.«
    Er zog mit einer Fingerspitze Kreise auf ihrem nackten Bauch und tauchte in die feuchte Quelle, die ihr Nabel darstellte. »Ich habe über eine Sache nachgedacht. Über … das Leben.«
    »Mein Philosoph«, murmelte sie.
    »Ich weiß nicht, was morgen oder am Wochenende passieren wird. Ich weiß es nicht, und du weißt es auch nicht. Wir könnten beide tot sein, das ist nicht unmöglich … aber ein Teil von mir fragt sich, ob es nicht leichter wäre, auf diese Weise zu leben, anstatt sich jeden Tag zu schinden und den Mund zu halten.«
    »Unser Leben zu Hause ist eine Schinderei?«
    Er bohrte den Finger in ihren Bauchnabel. »Du weißt, was ich meine.« Sie hatte es sowieso nicht ernst gemeint. Und sie wusste genau, was er meinte: sich jeden Tag für die Karriere zu schinden, und es wäre kein Ende in Sicht.
    Sie zog ihn hinab aufs Bett, auf sich, bis sein Kopf auf ihrem Bauch lag. Sie streichelte ihm über das Haar, während er die Augen schloss und die Nase gegen ihre feuchte Haut drückte, um ihren Geruch ja niemals mehr zu vergessen.
    »Vielleicht ist eine Katastrophe einfacher als ein ruhiges, verzweifeltes Leben«, meinte sie. »Während der Katastrophe ist man nie allein.«
    »Und man weiß nicht, wie sie ausgeht.«
    Er spürte, wie sich ihre Finger in seinem Haar anspannten, sich um eine Strähne schlangen und ihn auf nicht unangenehme Weise festhielten. »Was wirst du tun, wenn wir wieder zu Hause sind?«
    »Kündigen oder weitermachen, meinst du?«
    »Du weißt, dass ich genau das meine.«
    Justin grinste auf ihrem Bauch. Er dachte an seinen Anruf am gestrigen Morgen bei Segal/Goldberg, in dem er sein weiteres Fernbleiben ankündigte. Wie gut sich die Wahrheit ausgenommen hätte. Hi, ich bin’s, ich sitze in New Orleans fest. Sie erinnern sich doch an diesen Klienten mit dem fetten weißen Arsch, in den wir ihm alle Ihrer Meinung nach kriechen sollen? Tja, die Sache ist abgefahren, er war daran beteiligt, fünf Menschen zu vergiften, und jetzt will er auch mich umbringen. Ja, vielleicht komme ich in einem oder zwei Tagen wieder. Stattdessen hatte er irgendeinen Blödsinn erzählt und eine weitere Woche Urlaub genommen.
    Und wenn es vorüber war? Aprils Frage hing noch in der Luft.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er.
    In seinem Rücken hörte er, wie sie langsam Luft holte. Er wusste, dass sie dazu ansetzte, etwas zu sagen, und er war sich nicht sicher, ob er es auch hören wollte. Er musste es wahrscheinlich, aber er wollte es nicht; nicht jetzt, nicht in dieser Situation. Er wollte etwas tun, um dies zu verhindern, damit ihr die Worte nicht über die Lippen kamen. Er knabberte direkt über dem nach Moschus riechenden Haaransatz herum und lachte. »Es gibt keinen Grund,

Weitere Kostenlose Bücher