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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Spätvorstellung um elf.
    »Dann müssen wir uns halt an seinen Bruder halten.« An April gewandt: »Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre, aber am Samstag erwähnten Sie einen hiesigen Reporter, nicht wahr?«
    »Genau. Er heißt Ron Babbet.«
    »Können Sie ihm trauen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Haben Sie ihn schon getroffen? Mit ihm gesprochen, seit Sie in der Stadt sind?«
    »Noch nicht. Ich habe eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen, als ich Freitagnacht vom Hotel aus anrief. Ich sagte, ich würde mich wieder melden, aber … nun, Sie wissen ja, dass die Sache aus dem Ruder gelaufen ist.«
    »Rufen Sie ihn an. Sobald wir hier fertig sind. Verabreden Sie sich mit ihm – heute Nachmittag noch, wenn das möglich ist –, damit Sie ihm die letzte Diskette mit den gestohlenen Caribe-Dateien geben können. Wir reden weiter darüber, wenn der Termin steht, dann besprechen wir, welchen Appell Sie an diesen Mann richten müssen.«
    Morenos Hand bewegte sich weiter zu Granvier. Es war, als würde man eine Wetterfahne im sich drehenden Wind beobachten. »Sie sind der einzige Einheimische hier. Kennen Sie ein Restaurant oder einen ähnlichen Ort, in dem es einen zweigeschossigen Speiseraum gibt, wo man vom oberen auf den unteren Stock herabsehen kann? Je informeller, desto besser, ich will keinen Kerl im Smoking, der mir sagt, wo ich sitzen soll.«
    Granvier faltete gedankenverloren seine langen Finger ineinander. »Es gibt da das Creole Pot; ich habe vergessen, in welcher Straße es liegt. Es hat drei Etagen und ist sehr ungezwungen.«
    »Gut, gut.« Zurück zu Justin: »Okay, Sie sind von Beruf Verkäufer, und jetzt können Sie beweisen, wie überzeugend Sie sein können. Sobald sich April mit diesem Ron Babbet verabredet hat, werden Sie Andrew Jackson Mullavey anrufen und ihn irgendwie davon überzeugen, dass es das Beste wäre, sich in Ruhe zusammenzusetzen und diese ganze Sache zwischen Ihnen zu bereinigen.«
    Justin hatte den Mund schon halb geöffnet, um einen Einwand vorzubringen, aber Moreno wusste, wie er ihm das Wort abschneiden konnte. »Machen Sie sich keine Sorgen, niemand wird Ihnen etwas tun, das Creole Pot ist ein öffentlicher Ort. Und ich werde ebenfalls dort sein. Sobald Sie da rausgehen, sollten Sie Ihr Leben zurückhaben.«
    Moreno nahm den Waschlappen von den Augen und wischte sich einige feuchte Haarsträhnen aus der Stirn. Er warf ihm über den Tisch hinweg einen erschreckend pragmatischen Blick zu. »Ich weiß, dass Sie nur das Beste tun wollten, als sie hierherkamen. Ich weiß, Sie wollten, dass dieser Hurensohn für das, was er getan hat, bezahlt. Aber kriegen sie es in Ihren Kopf: Das wird nicht passieren. Es passiert nicht. Glauben Sie, Sie können zurück nach Hause gehen und mit diesem Wissen leben?«
    »Nun«, sagte Justin spitz und sah mit bitterem Auflachen in seinen Schoß, »das werde ich wohl müssen.« Dann sah er April an; sie sollte auch etwas dazu sagen können, selbst wenn es keine Abstimmung, sondern bloß eine widerwillige Kapitulation war.
    »Ja«, flüsterte sie.
    Moreno nickte. »Es kann durchaus sein, dass Sie gar nicht die Chance bekommen, damit in die Medien zu kommen, aber es ist die einzige Möglichkeit, die Sie haben. Ich weiß nicht, wie es Mullavey geschafft hat, eine so weiße Weste zu behalten, aber es ist ihm gelungen, und nach allem, was Sie mir Samstag über ihn erzählt haben, scheint er sehr stolz auf sein öffentliches Image zu sein. Die Tatsache, dass sein Bruder ein Gauner ist, lässt ihn nur noch mehr als Heiligen erscheinen, nicht wahr?«
    Justin nickte. Er hatte es noch nie so gesehen, aber irgendwie machte es Sinn. Er konnte sich das Geplapper der gesellschaftlichen Wichtigtuer vorstellen, der ondulierten Matronen, die die Stadt ansahen, als sei es ein Viertel voller unbändiger und kostbarer Kinder. Oh, diese Mullavey-Jungs, ich habe noch nie erlebt, dass sich zwei Knaben so unterschiedlich entwickeln. Dieser Nathan ist so ein Bengel … aber dieser Andrew ist ein richtiger Engel.
    Wenn sie doch nur die andere Hälfte sehen würden. Wenn sie es doch nur wüssten.
    Der dreckigste Heilige von allen.
     
    April erwischte Ron Babbet in der Times-Picayune, nachdem sie es zwei Stunden lang probiert hatte. Er hatte gegen vierzehn Uhr Zeit für sie, und dann gehörte das Telefon ganz Justin. Sie standen neben dem Tisch und umarmten sich voll stiller Hoffnung; sie küsste ihn einmal, dann ging sie, um Moreno die Neuigkeiten

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