Totenstadt
gefallen ist. Uuuund die schlechte Nachrichte ist … dass ich Sie bitten muss, sie, solange ich lebe, zurückzuhalten.«
Er lachte kurz auf, dann folgte ein etwas längerer Lachanfall. »Okaaaay. Natürlich hoffe ich, dass Sie vorhaben, ein langes, gesundes Leben zu führen.«
»Das habe ich zumindest vor.« Sie sah ihn mit einem hoffnungsvollen Lächeln an, und der Regen tropfte ihr von der Nase. »Ich kenne sie nicht, Sie waren für mich vor einer Woche noch nichts weiter als ein Name und eine Stimme am Telefon. Aber Sie sind der Einzige, den ich hier kenne, der Kontakt zu den Medien hat und so die verlogene PR eines Menschen ad absurdum führen kann. Und genau das brauche ich.«
»Und warum ist das so wichtig?«
Sie rümpfte die Nase. »Das wird jetzt unglaublich melodramatisch klingen … aber es kann mir das Leben retten. Und das meines Ehemanns.«
Dann erzählte sie die Geschichte, zumindest ausgewählte Höhepunkte, und begann mit dem Geständnis, dass sie nicht ganz ehrlich zu ihm gewesen war, als sie ihm den Grund dafür genannt hatte, warum sie die Ausschnitte gefaxt haben wollte. Dieses Mal sagte sie die Wahrheit.
»Können Sie das auch beweisen?« Er nahm die Brille ab und wischte die Gläser an seinem Hemd ab.
»Nein. Nicht zur allgemeinen Zufriedenheit. Die Diskette ist alles, was wir haben, und … nun, wenn Sie zu jemandem gehen, der sich mit dem Gesetz auskennt, dann werden Sie sehen, wie weit man mit einer Diskette kommen kann.« April schob sich einige Haare aus der Stirn und spürte, wie ihr die feuchten Strähnen auf die Schulter fielen. »Wir kamen hierher, weil wir versuchen wollten, ihn bloßzustellen und Christophe Granvier zu helfen, und dann ging die ganze Sache nach hinten los. Es war alles umsonst. Völlig umsonst. Sie werden damit durchkommen, und es gibt nichts, was wir tun können. Alles, was wir jetzt wollen … ist nach Hause zu gehen … und eine Rückversicherung zu haben, damit sie uns in Ruhe lassen. Mehr können wir nicht verlangen.«
Allein dieses Bekenntnis kam einer Niederlage gleich. Ihre Beteiligung war weitaus weniger persönlich als Justins, aber in diesem Moment wurde ihr überdeutlich klar, was es ihm wirklich bedeutet hatte. Dass er es genauso sehr wie sie hasste, zu verlieren, war nur ein Teil davon; der Rest, der wahrscheinlich den größten Teil ausmachte, war eine Art Rechtfertigung für sein Leben, bewusst oder unbewusst. Sie biss sich sehr fest auf die Lippe, damit man ihren Augen dieses Gefühl des Versagens nicht ansehen konnte. Sie hatte noch Jahre Zeit, dieses Leid auszukosten, aber nur noch Minuten, um sich diese Jahre zu erkaufen.
»Ron, ich weiß, dass ich nicht das Recht habe, Sie darum zu bitten«, fuhr sie fort, »ich habe nicht das Recht, diese Verantwortung auf Sie abzuwälzen. Sie wird wie eine Karotte vor Ihrer Nase baumeln, und ich hoffe, dass Sie sie nie erreichen werden. Aber die Lage ist so: Wenn Sie das durchziehen und die Geschichte hier oder irgendwo anders veröffentlichen, und Mullavey hat zu viele Freunde bei der Zeitung und es kommt raus … dann haben sie nichts davon, wenn sie uns am Leben lassen.«
»Und was Sie ungesagt lassen, ist natürlich, dass, wenn ich das durchziehe und Ihre Mörder gar nicht Teil der Intrige sind, dann bin ich der Angeschmierte.«
April nickte. »Das ist wahr. Wir sind voneinander abhängig.«
Er knurrte, allerdings nicht gänzlich humorlos. »Na, vielen Dank«, sagte er und nahm erneut die Brille ab, um sie in seine Hemdtasche zu stopfen. Er hob die Arme, um sie dann nutzlos wieder fallen zu lassen. »Zum Teufel noch mal. Ja. Ja … ich mache es.«
In seiner Stimme klang eine solch mürrische Frustration wider, und ihr war klar, dass sie ihm trauen konnte. Ein Judas hätte viel eifriger eingewilligt.
April griff in ihre Tasche und gab ihm die Diskette sowie den letzten Ausdruck des Caribe-Produktionsplans. »Die Software ist Microsoft Works für Apple-Hardware. Nur für den Fall … dass Sie sie jemals ansehen müssen.«
Er sah einige Augenblicke lang auf das, was sie ihm übergeben hatte, dann steckte er alles ein und schüttelte den Kopf. »Das ist grausam. Wirklich grausam.«
»Ich weiß.«
Einen Moment lang überlegte sie, ob sie es mit Justins Methoden versuchen und noch eindringlicher werden sollte: Letzte Woche wurde ich Zeuge, wie mein Ehemann drohte, seinen Kollegen zu töten, falls dieser ihn verraten sollte … und ich bin mir nicht mal sicher, ob er wirklich geblufft hat. Aber
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