Totenstadt
…
Kreuzfeuer.
Vom Himmel regnete es Borkenstücke.
Moreno drückte sich gegen den dicksten Baumstamm, den er finden konnte. Er hatte versucht, die Schüsse zu zählen, damit er vorausahnen konnte, wann einem der anderen die Munition ausging, aber es war ihm nicht gelungen. Es war, als wolle man in einem schnellen Spiel die Karten zählen, wenn alles durcheinanderging und zu viele Spieler daran beteiligt waren.
Er warf einen raschen Blick hinter dem Baum hervor und sah einen Schatten, der im diffusen Licht des Hauses länger zu werden schien. Schnelle Schritte, jemand kam um die andere Seite des Tempels herum.
Er tauchte zu einer Rolle ab; sie waren vielleicht viereinhalb Meter voneinander entfernt, als sie das Feuer eröffneten, und sie wurden beide getroffen; Moreno spürte den Aufprall in seiner Seite. Es glich eher einem Hammerschlag, dumpf und tief, und war eigentlich kein richtiger Schmerz; er war zuvor schon zweimal angeschossen worden und es war das gleiche Gefühl gewesen. Er war ausgebildet, Wunden ausblenden und alles auf das bloße autonome Überleben konzentrieren zu können. Alte Lektion, gut verinnerlicht, die man niemals vergaß.
Moreno stützte sich auf ein Knie und sah den Mann, auf den er geschossen hatte, im Schatten des Gebäudes verschwinden. Er ließ ihn vorerst ziehen; er konnte es sich nicht erlauben, Kugeln zu verschwenden. Er war unvorbereitet in diesen Kampf gegen drei andere Männer gegangen und kam auch nicht zum Kofferraum seines Wagens, um sich Munition zu holen; außerdem fragte er sich, wo Justin blieb, er könnte hier schließlich ein wenig Hilfe gebrauchen.
Zwei weitere Schüsse wirbelten um seinen Kopf herum – der dritte Mann, der in der Mitte, kam hinter dem Haus hervor. Er hatte die weiße Kleidung gesehen; dies musste der schaurige Wichser sein, wegen dem sie überhaupt hier waren, der, den Christophe Djab Blanc genannt hatte.
Dieser Kerl war der gefährlichste, und er verdiente es mehr als alle anderen, zu sterben. Moreno sperrte alles andere aus, um sich um ihn zu kümmern, ein kalkuliertes Risiko …
Er hörte Metall gegen Metall prallen, der Djab Blanc setzte ein neues Magazin ein. Moreno verließ seine Deckung und eröffnete das Feuer; wenn er Glück hatte, konnte er diesen Kerl ausschalten, bevor er mit dem Nachladen fertig war. Moreno feuerte und lief dabei weiter; der erste Schuss ging in die Wildnis. Der zweite traf sein Ziel, und es würde keinen dritten geben, denn das Magazin der SIG war jetzt leer.
Schadensbegrenzung, während er weiterrannte: Er sah Blut auf Weiß, eine Wunde in der linken Schulter, und aus drei Metern Entfernung bemerkte er, dass der andere die Waffe absichtlich fallen ließ. Er hielt ihn für einen Rechtshänder, dann hatte er vielleicht das neue Magazin verloren, als er angeschossen wurde, und somit wäre ein Gleichstand hergestellt …
Er wartete.
Der Djab Blanc griff mit der rechten Hand hinter sich und zog ein Messer hervor, kurz bevor Moreno ihn erreicht hatte.
Es war keine Zeit mehr. Zu viel Adrenalin, zu viel Schwungkraft. Moreno verfluchte sich, er wurde wohl durch das gemütliche Leben in Miami langsam nachlässig. Der Albino war kein geübter Messerkämpfer, das sah er auf den ersten Blick – weder ein Druck von unten, noch ein seitlicher Schwung in die Eingeweide –, und das würde ihm vielleicht das Leben retten.
Der Albino hob das Messer mit gestreckter Hand, und Moreno erinnerte sich an seine Ausbildung, Überlebenskampf und Entwaffnungstechniken. Er blockte das Messer ab, bevor ihm überhaupt klar war, was er da tat.
Die Klinge, die auf seine Brust gerichtet war … Moreno nahm sie mit dem Unterarm auf. Die Spitze drang außen hinein und innen wieder aus, die Pfählung kam so plötzlich, dass sie ihm fast surreal erschien. Als er sein Handgelenk zurückdrehte, bildeten Elle und Speiche einen Schraubstock, in dem die Klinge feststeckte; kein Training hätte ihn so konditionieren können, dass er diese Art Schmerz ignorieren konnte. Er schrie auf, lang und laut und sehr verletzt.
Die Kämpfer fielen zu Boden, und ihr Blut vermengte sich. Im Rollen verlor der Albino das Messer und Moreno ging mit den Fingernägeln auf sein Gesicht los. Der schlaksige Bastard saß rittlings auf ihm und drückte ihn hart gegen den Boden; er versuchte das Messer wiederzubekommen. Moreno fiel es sehr schwer, nicht ohnmächtig zu werden, so stark war der Schmerz durch die zwischen den Knochen festsitzende Klinge.
Moreno schrie
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