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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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damit ich mir beweisen kann, dass ich es nicht noch einmal vermassele.«

10
V ERZAUBERTES L EBEN
     
    Am späten Sonntagmorgen konnte Justin nichts weiter tun, als im Pool zu treiben, er steckte in einem Reifen, sein Hintern und seine Beine ragten ins Wasser. Ein Glas stand in Reichweite am Poolrand, in dem mehr des köstlichen Pflanzenpunschs wartete, der so süß und leicht die Kehle hinunterging. Was für eine traurige Geschichte, sein Leben war so hart. Ja, nun, zumindest wenn man einige Nächte lang nicht geschlafen hatte, dann machte das alles nämlich keinen so großen Spaß.
    Leonard schwamm am tiefen Ende herum wie ein Killerwal. Die Wellen, die er erzeugte, waren eine gleichmäßige, pulsierende und hypnotisierende Bewegung unter Justin, der steif wie ein toter Wikinger auf seinem Schild auf dem Reifen lag. Seine Augenlider schienen mehrere Kilo zu wiegen. Sicher, hier draußen konnte er kinderleicht einnicken. Im Bett in seinem Gästezimmer sah die Sache jedoch gleich ganz anders aus.
    In diesem Raum gab es böse Schwingungen oder etwas in der Art; das war das Einzige, was er sich vorstellen konnte. Schließlich war er in den vergangenen beiden Nächten durchaus müde ins Bett gegangen, dafür hatte allein die Langeweile schon gesorgt. Und das Bett war auch nicht unbequem. Ganz im Gegenteil. Aber so bald er eindöste, dem Schlaf ein wenig näher kam, hätte da ebenso gut ein unangenehmer Bettgenosse sein können, der ihm unter den Laken einen Streich spielte.
    Oder in seinen Gedanken.
    Er träumte schlecht, als ob er direkt in den REM-Schlaf fallen und eine mentale Absperrung durchbrechen würde. An die Bilder konnte er sich Augenblicke nach dem Aufwachen schon nicht mehr erinnern, aber das ungute Gefühl blieb stets noch eine Weile bestehen. Die Vorahnung von etwas Gewaltigem und Schrecklichem, das direkt hinter dem Schleier lauerte. Berühre es, spüre es, wende den Blick ab und falle mit dem Gesicht nach unten huldigend zu Boden. Die Bedeutungslosigkeit des eigenen Ichs, seine Lebensspanne glich der einer Fliege, die über einem verrauchten Feld voller Leichen fliegt, schnappt und um sich schlägt, mit albtraumhaften Zähnen bewehrt.
    Nach zwei solchen Nächten begann der Schlaf, seinen Reiz zu verlieren. Er würde ja sehen, wie es zu Hause weiterging, vielleicht konnte er ja schon auf dem Rückflug schlafen. Wenn das kein Ende nahm, würde er wohl auch zu Aprils Therapeutin gehen und zugeben müssen, dass ihn das posttraumatische Stresssyndrom ebenfalls erwischt hatte.
    Die Gegenwart holte ihn wieder ein: Eine große Welle aus Poolwasser, die Leonard mit seinem Arm ausgelöst hatte, schwappte über ihn hinweg. Justin spuckte und öffnete träge die Augen; er versuchte blinzelnd das Wasser loszuwerden. Leonard grinste ihn an, und sein Begleiter, der am Freitag bei der Ankunft noch total verspannt gewesen war, hatte sich in das völlige Gegenteil verwandelt. Er sah aus wie ein übergroßes Kind im Sommerferienlager, das es bisher immer vermisst hatte. Nicht gerade ein schöner Anblick.
    »Wo ist Miss September?«, wollte Justin wissen.
    »Wer? Ach, du meinst Terri?«
    Justin nickte und lehnte den Hinterkopf gegen den Reifen. »Deine Silikonimplantatschönheit. Wo ist sie hin?«
    Leonard zuckte mit den Achseln. »Die wird bald kommen. Sie schläft gern lang. Denkst du, sie hat dieselben Arbeitszeiten wie ich zu Hause?«
    Eine Ehefrau, zwei Kinder und keine Schuldgefühle. Ihr gemeinsamer Beruf hatte diesen Kerl einiges gelehrt.
    »Sie werde ich jedenfalls vermissen«, sagte Leonard dann. Er paddelte näher an Justin heran und legte beide Arme auf den Rand des Pools. Er streckte seine treibenden weißen Beine aus. »Vielleicht kann Mullavey bei unserem nächsten Aufenthalt hier erneut ein Treffen arrangieren, wenn ich ihn nett darum bitte.«
    »Träum weiter, Len.«
    »Ich mag dieses Mädchen wirklich sehr, sie zeigt mir völlig neue Perspektiven. Weißt du, was sie gestern früh gemacht hat? Sie hat mich massiert – am ganzen Körper, das sage ich dir, sogar am Kopf –, und dann hat sie mir die Nägel geschnitten. Die Finger- und die Zehennägel, und sie mir danach glatt gefeilt.« Leonard streckte eine Hand aus, als wolle er seinen Nagellack kontrollieren. »Meine Zehennägel, Mann. Das ist ein Service, den du dir an diesem Wochenende entgehen lässt.«
    »Mal ganz abgesehen von dem Rest.« Justin schaufelte eine Handvoll Wasser, faltete die Hände dann und drückte die Handflächen zusammen. Ein

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