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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Tierköpfe an den Wänden, was sollte es auch sonst sein? –, bis Terri auftauchte und Justin sich plötzlich wie das fünfte Rad am Wagen fühlte.
    Er hatte beschlossen, einen Spaziergang zu machen, um noch einen Teil der vielen Kalorien der guten Louisianaküche zu verlieren, bevor das abendliche Festmahl begann. Er war hinter das Haus und um den Pool herumgegangen. Räucherei. Gärten und Gartenlaube. Die Mullaveys würden sich hier draußen gewiss den Tee servieren lassen oder den Kaffee … Vornehm frühstücken in diesem Schrein zu Ehren des Erfolgs der Familie.
    Er war über den Rasen bis zu einer überwucherten Ziegelsteinmauer gewandert, die um den kultivierten Bereich von Mullaveys Besitz verlief. Das Land dahinter gehörte ihm ebenfalls, bis hinunter zum Fluss. Die Mauer war etwas über zwei Meter hoch, von Efeu überwachsen und stellte kein großes Hindernis dar. Justin zog sich daran hoch und ließ sich auf der anderen Seite wieder fallen.
    Er musste der Mauer folgen, die sich am Waldrand entlangschlängelte wie eine große Ziegelschlange. Einige Hundert Meter später stellte er fest, dass er durch ein Tor einfacher auf die andere Seite gekommen wäre. Dicke Hartholztüren hingen aus eisernen Scharnieren, sie waren von dieser Seite aus versperrt und dienten als Palisade. Er wollte sie auch gar nicht öffnen, um das Grundstück so wieder zu betreten.
    Justin hatte die Mauer hinter sich gelassen und war einem ausgetretenen Pfad tiefer in den Wald hinein gefolgt. Ein Wald aus Eichen und nackten Zypressen, Wein und Lousianamoos. Die Luft war zum Schneiden dick, und es wehte keine Brise, die ein wenig Erleichterung von der Feuchtigkeit verschaffte. Es war wie ein kleiner Regenwald; ein schwerer Duft drang vom Fluss herauf, an dem braune Pelikane nach Fischen tauchten. Dies schien ein heiliger Ort zu sein, auf seine eigene urtümliche Weise. Er mochte auf dem Papier zwar Mullavey gehören, aber Justins Augen und Herz sagten ihm, dass der Griff des Menschen hier ausgesprochen schwach war. Er hatte bestenfalls ein Teilzeitaufenthaltsrecht.
    Etwa eine Drittelmeile vom Herrenhaus entfernt stieß er auf die kleine Siedlung. Kurze Blicke durch die Barrikade aus Baumstämmen bestätigten es: Bewegungen, Menschen bei der Arbeit, die dunkle Haut und das stämmige Wachstum einer anderen Art, und Justin ging etwas langsamer.
    Die Hitze schien intensiver geworden zu sein, sein Hemd kam ihm viel schwerer vor und klebte ihm nun an der Brust, dem Rücken und den Schultern. Mit jedem Schritt, den er näher kam, schien seine Stimmung mehr zu schwanken. Es gab keinen logischen Grund, dass er sich so fühlte, aber er wusste es, er wusste intuitiv, dass er nicht so weit hätte gehen sollen. Justin war noch ein Stück vom Waldrand entfernt, als dieser plötzlich abbrach. Er drückte sich eng an den Stamm einer dicken alten Zypresse, deren Wurzeln Fingern gleich aus der Erde drangen. Die Borke fühlte sich in seinen Händen hart an und war von tiefen Rillen durchzogen.
    Vor ihm lag eine Szenerie reiner landwirtschaftlicher Idylle. Unter den Bäumen wuchs ein Dschungel einer ganz anderen Art. Ein Morgen reihte sich an den anderen, auf jedem wuchsen dicht an dicht hohe grünbraune Stängel, dreieinhalb Meter hoch, und sie wuchsen so eng beieinander wie Grashalme auf einem Rasen. Ein kleiner Teil des Feldes bestand nur noch aus Stoppeln, dort hackten zwei Dutzend oder mehr schwarze Arbeiter mit ihren Macheten auf die Pflanzen ein. Sie neigten sich tief hinunter zur Erde und hackten die Stängel direkt über dem Boden ab. Andere verschnürten die abgehackten Stängel zu Bündeln und warfen sie auf Wagen.
    Zuckerrohr. Erntezeit.
    Es kam ihm so vor, als sehe er einen Dokumentarfilm über die Armut in der Dritten Welt. Diese Menschen in ihrer einfachen Kleidung, mit ihren breitkrempigen Hüten, die größtenteils aus Stroh bestanden, die dort in der sengenden Sonne schufteten. Die Ernte wurde allein mit der Kraft menschlicher Hände eingefahren, weit und breit waren keine Maschinen zu sehen.
    Die Arbeiter lebten offensichtlich auch hier; in der Ferne an der Uferseite der Zuckerrohrfelder stand eine Ansammlung kleiner Hütten. Es waren vielleicht dreizehn oder vierzehn. Einfache Häuschen, die zwar recht robust aussahen, aber aus Holz bestanden.
    Justin hatte eine Weile zugesehen und war schließlich zurück zum Herrenhaus gewandert. Ihn verzehrte die Neugier, doch er hielt während des Essens den Mund.
    Er war noch nicht wieder

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