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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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sah Justin mit leichtem Lächeln an und hatte ihre Augenbrauen über ihre mandelförmigen Augen hochgezogen. Ihr Friedhofslächeln. »Dir geht es doch gut … oder nicht?«
    Er hielt schon die Schlüssel in der Hand und ging auf den Wagen zu. »Mir geht es gut. Ich bin nur ein wenig verwirrt …«
    »Das ist ja mal was ganz Neues.« Sie stieß ihn mit dem Ellbogen an. »Soll ich vielleicht fahren?«
    Er warf ihr die Schlüssel zu. Und überprüfte insgeheim seine Zunge.

15
E XIL
     
    Hinter dem Lenkrad einer Limousine konnte man die Welt auf Distanz halten, man bekam irgendwie das Gefühl, dass sie einen nie wirklich berührte. Napolean wusste es besser.
    Es war Mittwochabend, und die Welt, wie er sie kannte, hatte sich völlig verändert. Der Mann, den sie derart in seiner Nähe getötet hatten, dass er noch das Pulver des Schusses riechen konnte. Einer hatte auch auf ihn gefeuert, ziemlich wütend sogar, und er war voller Panik aus der Garage und auf die Straßen gerast und hatte seinen Fuß nicht vom Gaspedal genommen.
    So eine Erfahrung war ihm zu hoch, die überließ er lieber jemandem, der routinemäßig schwere Entscheidungen traf. Mr Andrew sollte vielleicht auch gewarnt werden, dass er nicht die Treppe hinunterging. Möglicherweise warteten diese beiden Kerle mit den Kanonen in der Garage auf ihn.
    Napolean behielt eine Hand am Lenkrad und griff mit der anderen nach dem Handy; er hatte schon die ersten fünf Ziffern von Mr Andrews privater Büronummer eingetippt, als er es sich anders überlegte.
    Diese beiden mit ihren Schrotflinten – hatte er nicht wenigstens einen von ihnen schon einmal gesehen? Wenn nicht sogar beide? In einer Gruppe im Charbonneau’s, wo Mr Andrew gelegentlich speiste und wo sie häufig stundenlang im Hinterzimmer saßen und so viele Speisen und Getränke auf dem Tisch standen, dass dieser fast zusammenbrach.
    Vielleicht wäre es nicht die beste Idee, zurück zu Mr Andrew zu laufen. Mörder mochten es nicht, Zeugen zurückzulassen. Wenn Mr Andrew diese beiden aus irgendeinem Grund kannte – so wie er den Toten kannte, der für ihn gearbeitet hatte –, wäre es dann nicht viel einfacher für sie, den Zeugen zu finden?
    Und was hatte es zu bedeuten, dass der Mann, für den er arbeitete, andere Männer kannte, die mit der Erfahrung von Profis morden konnten? Napolean wollte nicht einmal darüber nachdenken, solange er den Kopf nicht frei hatte und sich über einiges klar geworden war.
    Seine Ohren klingelten noch immer von den Schüssen, und er fuhr auf den größten Parkplatz, der ihm im Moment einfiel. Er hatte vor, die Limousine im Schatten des Superdomes abzustellen.
    Und gerade als er aussteigen wollte, klingelte das Telefon. Napolean, der jetzt wieder den Atem anhielt, starrte das Headset an, das ein elektronisches Zirpen von sich gab. Am anderen Ende wäre gewiss eine Stimme der Vernunft, wahrscheinlich Mr Andrew, der fragen würde, ob alles in Ordnung sei. Dann würde er ihm sagen, dass er zurückkommen soll, sie würden dann schon alles in Ordnung bringen. Er würde sehr überzeugend klingen; all das hörte Napolean schon am Klingeln.
    Er saß da und hatte bestimmt einen Liter Flüssigkeit ausgeschwitzt, bis der Anrufer endlich auflegte.
    Jetzt bewegte sich Napolean doppelt so schnell wie vorher, damit das Telefon nicht erneut zu klingeln beginnen würde. Er sah in seine Brieftasche. Knapp einhundert Dollar. Er durchsuchte das Handschuhfach und fand nichts, was er gebrauchen konnte. Er kroch nach hinten in den Fahrgastraum und stöberte dort umher; die Flaschen und Gläser waren nutzlos, aber er nahm eine halbe Tüte voll Pfannkuchen mit, die Mr Andrew an diesem Morgen zurückgelassen hatte und die längst nicht mehr frisch waren.
    Er steckte seinen Schlüsselring ein, schnappte sich seine Bob-Marley- und Peter-Tosh-CDs und schloss die Limousine hinter sich ab. Aber mit diesen Klamotten würde er immer noch wie ein Fahrer aussehen, wie weit er die Limousine auch hinter sich zurückließ. Er nahm die Kappe vom Kopf und stopfte sie in einen Metallmülleimer. Dort konnte sie sich mit dem Abfall anderer Leute vermischen. Die schwarze Krawatte warf er gleich hinterher, er ließ sie zusammengerollt wie eine Schlange auf einigen Flaschen liegen.
    Unter diesen Umständen war es relativ einfach, ein Leben zurückzulassen. Doch wenn er an den nächsten Tag dachte oder auch nur an die bevorstehende Nacht, fühlte er schon einen schweren Stein in der Magengrube.
    Napolean ging in

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