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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Feingefühl einer Küchenschabe.«
    Der Verwaltungsbeamte schob unbeeindruckt seine Brille auf die Nasenwurzel zurück. »Wenn man euch sonst nicht erwischt. Schrievers muss noch den Nachweis über seine Sportstunden einreichen. Und du könntest deine Aufstellung auch endlich machen, Eckers. Das gilt übrigens für dich genauso, Borsch.«
    Ecki spießte zwei Pommes auf und zog sie durch die Mayonnaise. »1984 ist lange vorbei.«
    »Was meinst du?« Laumen zwinkerte nervös mit den Augen.
    »Schon gut, Laumen, ich kann dir Schrievers nicht backen. Keine Ahnung, wo er steckt. Wenn er nicht in seinem Archiv ist, dann sitzt er im Bauerncafé, oder er walkt.«
    Frank wartete darauf, dass Laumen verschwand. Nicht mal beim Essen hatte man Ruhe vor dem Bürohengst.
    »Du hast da einen Fleck.« Ecki deutete auf Laumens kanariengelben Pullunder.
    »Wo? Wo?« Horst Laumen zog seinen Pullunder glatt und beäugte ihn dabei von allen Seiten.
    Frank musste grinsen.
    »Ich sehe nichts.« Laumen warf Ecki einen Blick zu, der furchterregend wirken sollte. »Mach nur deine Späße, Eckers. Du wirst dich noch wundern.«
    »Mann, Laumen, du verstehst wirklich keinen Spaß.« Ecki knüllte seine Serviette zusammen. Die restlichen Pommes waren schon kalt. »Keine Ahnung, wo Heini ist.«
    Laumen wollte schon gehen, hielt dann aber inne. »Was ich noch sagen wollte.«
    Weiter ließ Frank ihn nicht kommen. »Lass uns mit deinem Geseiere über den CD -Player in Ruhe, Laumen. Kümmer dich um die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Zum Beispiel: Finde Schrievers.«
    Der Angriff war von hinten und für Heinz-Jürgen Schrievers völlig überraschend gekommen. Nun lag der Archivar auf der Seite und fror. Seine Hände waren auf den Rücken gebunden und seine Beine mit Paketklebeband zusammengebunden.
    Wie konnte er nur so blöd gewesen sein? Schrievers war wütend auf sich. Sein Ärger ließ ihn seine Schmerzen vergessen. Er hatte das Gefühl, dass sein Kopf geschwollen war, so hart hatte ihn der Schlag getroffen.
    Womit er geschlagen worden war, hatte er nicht mitbekommen. Es konnte ein Stück Rohr gewesen sein, aber auch ein Rundholz. Er war kurz ohnmächtig gewesen. Zeit genug für den Angreifer, ihn zu verschnüren. Die Fesseln schnitten ihm ins Fleisch, seine Hände waren bereits wie abgestorben.
    Was hatte er übersehen? Welchen Fehler hatte er gemacht?
    Heinz-Jürgen Schrievers sorgte sich um seine Frau. Was mochte Gertrud in diesem Augenblick tun? Wie lange er schon in der Dunkelheit lag, wusste er nicht. Es konnten zwei Stunden sein, aber auch acht.
    Die Kollegen würden ihn sicher schon vermissen und nach ihm suchen. Das hoffte er jedenfalls. Schrievers’ Augen hatten sich in der Zwischenzeit an die Dunkelheit gewöhnt. Trotzdem erkannte er nichts. Sein Verlies war absolut dunkel. Die Eingangstür musste perfekt isoliert sein. Das war sicher auch der Grund, warum er nicht geknebelt worden war. Schreien würde ihm wohl nichts nützen.
    Das Atmen machte ihm Mühe. Die Luft war verbraucht, Staub hatte sich in seine Nase gesetzt.
    Ich muss mit meinen Kräften haushalten, befahl sich Schrievers. Er hatte Hunger, und er hatte Durst. Seine Zunge klebte am Gaumen. Er hatte seit dem Morgen nichts mehr getrunken. Er versuchte den Gedanken an Wasser zu verdrängen. Die Vorstellung, langsam zu verdursten, war beängstigend. Das kann nicht sein, versuchte er sich zu beruhigen. So lange liegst du hier noch nicht.
    Zunächst hatte er gehofft, dass man ihn nicht allzu lange gefangen halten würde, denn er wusste, dass seine Kollegen Spezialisten waren. Mittlerweile schlich sich aber immer mehr Skepsis in seine Gedanken. Frank und Ecki müssen kommen. Sie werden kommen! Nur wann?
    »Welche Ihrer Kunden nutzen einen blauen Lieferwagen?«
    Friedhelm Claßen fühlte sich sichtlich unwohl.
    »Denken Sie nach!« Frank sah, dass Claßen am liebsten den Raum verlassen hätte.
    Claßen wollte mit der Polizei nichts zu tun haben. Spätestens seit Wackersdorf und der Startbahn West war er mit den Bullen fertig. Schnüffler waren sie und Erfüllungsgehilfen korrupter Politiker. Jahrelang hatte er sich von ihnen fernhalten können. Und nun das.
    »Herr Claßen?« Ecki nahm seine Hände aus den Jackentaschen.
    Betont lässig ging der Leiter der Holz- und Flechtwerkstatt zu seinem Bürostuhl, setzte sich und begann, eine Zigarette zu drehen. Er wusste, dass er damit die Polizeibeamten provozierte, aber er musste Zeit gewinnen. Was erwartete ihn, wenn er Auskunft gab?

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