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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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geht.«
    Frank nickte nachdenklich. »Und was ist, wenn die Frau von polnischen oder rumänischen Erntehelfern mitgeschleppt worden ist?«
    »In die Erntehelferszene gibt es ein paar Verbindungen«, kam Ecki ihm zu Hilfe.
    »Dann solltet ihr nicht lange zögern. Ich werde mich mal bei meinen Kollegen umhören. Kann sein, dass wir doch einen Fuß in die Lkw- und Speditionsszene bekommen.«
    »Soviel ich weiß, arbeitet einer aus Schrievers’ Verwandtschaft in einer Spedition in Kaldenkirchen.« Ecki reichte ihr einen Kaffeebecher.
    »Hm. Ist zwar nur eine dünne Chance, aber sicher besser als nichts.«
    »Hauptsache, der Kaffee ist nicht dünn«, scherzte Frank versöhnlich.
    Sie nippte vorsichtig. »Heiß ist er auf jeden Fall.«
    »Kochen muss ich ihn schon«, bemühte Ecki den alten Kalauer und grinste.
    »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?« Der Werkstattleiter lächelte.
    Lisa nickte. »Ich möchte Sie aber nicht stören. Ich bin eigentlich nur gekommen, um meinen Stuhl abzuholen. Ich bin schon ganz gespannt.«
    Friedhelm Claßen zeigte in den angrenzenden Raum. »Ich habe ihn schon bereitgestellt. Lassen Sie uns aber erst den Kaffee trinken. Kommen Sie, gehen wir in mein Büro.«
    Neugierig folgte Lisa dem schlanken Mittfünfziger, der in seiner ausgewaschenen Jeans und seinem T - S hirt mit der markanten roten Zunge deutlich jünger aussah.
    Claßen füllte zwei Kaffeetassen und setzte sich an seinen Schreibtisch, auf dem sich in und neben Schubkästen Durchschläge von Aufträgen, Rechnungen, Aktenmappen und einige staubige Werkstücke aus Holz türmten.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Milch und Zucker?«
    Lisa lehnte dankend ab. »Es riecht hier so herrlich nach Holz und Farbe.«
    Friedhelm Claßen grinste. »Das war genau der Grund, warum ich diesen Beruf unbedingt machen wollte. Nur Sozialpädagoge sein und im Heim arbeiten, das wäre für mich nichts. Nein. Ich brauche den Werkstattgeruch. Und jedes Möbelstück ist anders, hat eine ganz eigene Geschichte. Heute ist ja vieles nur noch aus Pressspan oder Holzimitaten.«
    »Ich wollte auch immer etwas Handwerkliches machen. Am liebsten wäre ich Schreinerin geworden, aber meine Eltern waren strikt dagegen. Kind, haben sie gesagt, das ist viel zu gefährlich. Bevor du dich einmal umdrehst, fehlt dir schon ein Finger.« Lisa imitierte den strengen Tonfall ihrer Mutter.
    »Verstehe.« Claßen nickte amüsiert.
    »Haben Sie viele Beschäftigte?«
    »Also, zusammen sind wir schon ein gutes Dutzend. Und immer ausgelastet. Die Kunden schätzen die saubere Arbeit. Außerdem können wir preislich gut mithalten.« Claßen nickte wie zur Bestätigung.
    »Ich freue mich schon auf den Stuhl.«
    »Hendrik hat mir gesagt, dass er noch mehr bringt. Schöne Stücke haben Sie sich ausgesucht. Sie haben früher in einem Stadthaus gestanden, Sitzmöbel für die Bediensteten.«
    »Sie kennen Herrn Jennes näher?« Lisa trank einen Schluck. Sie hatte zwar eigentlich keine Zeit, wollte aber nicht unhöflich sein.
    »Wir haben irgendwann die gemeinsame Liebe zu alten Möbeln entdeckt.«
    »Wie ist das eigentlich mit Ihren Behinderten? Fällt es ihnen schwer, das Flechten zu lernen?«
    Der Werkstattleiter beugte sich vor. »Das lernen sie schnell. Aber sie müssen mehr können! Sie müssen diesen Stühlen ihr Gesicht zurückgeben. Das ist etwas geradezu Künstlerisches. Das lernen meine Jungs und Mädels nicht mal eben so. Es setzt jede Menge Verständnis voraus, und das muss sich erst bilden. So was kann dauern.«
    Lisa nickte verständnisvoll. »Das ist bei meinen Schülern genauso.« Sie seufzte und stellte die Kaffeetasse zurück.
    »Unsere Behinderten haben ein feines Gespür. Sie merken schnell, wie man ihnen begegnet. Und sie brauchen immer Lob und Anerkennung. Das ist manchmal anstrengend, aber man bekommt auch viel zurück.« Claßen sah auf einen Punkt, der außerhalb seines Büros liegen musste.
    »Ich würde mich überfordert fühlen, um ehrlich zu sein.«
    »Es geht. Man kann alles lernen. Und es gibt auch Situationen, in denen man ihnen sagen muss, wo’s langgeht. Eine gewisse Strenge brauchen sie schon.«
    »Das gibt ihnen sicher auch Orientierung.«
    »So ist es. Sie müssen zudem lernen, wo ihre Grenzen sind. Damit sie sich nicht selbst überfordern.«
    Lisa stutzte.
    Friedhelm Claßen fügte schnell hinzu: »Das dürfen Sie jetzt nicht falsch verstehen. Wir fördern die Behinderten, wo wir können. Aber wir dürfen gleichzeitig niemals vergessen, dass wir es

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