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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Standort?«
    »Cannape.«
    »Dann müsstest du sie schon sehen. Geh einfach weiter.«
    Frank schob das Funkgerät in die Gesäßtasche seiner Jeans und versuchte, im Gedränge vor sich etwas zu erkennen. Vor ihm markierten üppig gestapelte Salat- und Gemüsekisten den Eingang zu einer schmalen Gasse. Langsam schoben sich die Menschen an den frischen Auslagen vorbei. Frank hatte keine Chance. Er musste in die Gasse hinein und dort nach ihr suchen.
    Seit sie ihr vergrößertes Bild auf dem Monitor gesehen hatten, nagte ein Gedanke an ihm, der ihm erst jetzt deutlich wurde: Warum hatte sie den Zünder noch nicht betätigt? Hatte der Unbekannte etwa genau auf seine Reaktion gesetzt, würde der Sprengsatz erst dann detonieren, wenn er vor ihr stand? War er vielleicht sogar das eigentliche Ziel des Anschlags?
    »Frank?«
    Er nahm das Funkgerät an sein Ohr. »Ja?«
    »Ich kann Lisa nicht erreichen. Sie hat ihr Handy nicht eingeschaltet. Ich habe einen Kollegen zum Schmölderpark geschickt, aber es macht niemand auf.«
    »Ihr müsst sie finden!«
    »Wir tun, was wir können, Frank, bitte beruhige dich.«
    »Ende.« Frank steckte das Funkgerät weg und atmete tief ein und aus. Er musste sich konzentrieren. Aus den Augenwinkeln sah er, wie eine alte Frau, die einen Trolley hinter sich her zog, ihn anstarrte.
    Wo war die blonde Behinderte? Was hatte Ecki vorhin gesagt? Frank konnte nicht mehr klar denken.
    Hastig bog er in die Gasse ein, die von den breiten Dächern der Marktstände nahezu vollständig beschirmt wurde. Hier war es kühl und roch nach frischen Kartoffeln. Stimmengewirr von allen Seiten. Hastig drängte er sich an den Menschen vorbei, die ihm flanierend den Weg versperrten. Er sah die aufgebrachten Blicke nicht und wich nur knapp einem Kinderwagen aus.
    Er verlangsamte seinen Schritt. Was, wenn er sich das alles nur einbildete? Dass hier eine Frau unterwegs war, die den Tod um ihren Bauch trug? Er hatte keinen Beweis, nur eine Ahnung. Das Tonband, die Schmetterlinge! Vor seinem inneren Auge tauchten Bilder aus Afghanistan auf. Kinder, die als Spielzeug getarnte Schmetterlingsbomben aufheben, Streubomben, die den Tod über ein Dorf brachten.
    Sein Atem ging keuchend. Er musste diese Frau finden! Sein Funkgerät knarzte, aber er reagierte nicht.
    Er hatte sie schon gefunden.
    Frank blieb stehen. Vor ihm hatte sich wie von Geisterhand die Menge geteilt. Die Frau stand nur wenige Schritte von ihm entfernt und sah ihn an. Ihre Hand ruhte auf ihrem Bauch. Deutlich konnte Frank die schmale Vorrichtung sehen, die den Zünder auslösen musste.
    Er zwang sich zur Ruhe. Was sollte er tun? Die Menschen um ihn herum schienen noch weiter zurückzuweichen. War es still um ihn herum geworden? Er hörte keine Geräusche mehr, oder bildete er sich das nur ein?
    Die Frau mochte nicht älter als fünfundzwanzig Jahre sein. Ihre stämmigen kurzen Beine steckten in engen Jeans. Das Sweatshirt war mehrere Nummern zu groß und verstärkte so den Eindruck, dass ihr Oberkörper unförmig war und nahezu übergangslos in einen fleischigen kurzen Hals überging. Ihr Haar war kurz, der Pony reichte fast bis an ihre Brille.
    Sie sah ihn aus hellen Augen neugierig an. Komm her, lockte ihr Blick. Sie lächelte, als habe sie auf ihn gewartet.
    Sie ging einen Schritt auf ihn zu und blieb dann wieder stehen. Ihre Hand, von der aus ein dünnes Kabel unter ihrem Sweatshirt verschwand, blieb dabei auf ihrem Bauch liegen. Sie wiegte ihren Kopf hin und her, als folge sie dem Takt eines lautlosen Songs.
    Sie hörte offenbar Musik. Natürlich, der iPod! Also keine Anweisungen über Kopfhörer.
    Die Unbekannte kam erneut einen Schritt auf Frank zu.
    Bleib stehen, dachte er unwillkürlich.
    Die Umstehenden waren in unendliche Ferne gerückt. Es gab nur noch sie und ihn.
    Was sollte er tun? Ihr die Fernbedienung entreißen? Und dabei den Kontakt auslösen? Wie konnte er an den Zünder kommen, ohne das Leben Unschuldiger zu gefährden?
    Bleib stehen!
    Franks Gedanken wirbelten durcheinander. Wo war Lisa? Es durfte keine Katastrophe geben! Was war mit dem Funkgerät?
    Zwischen ihr und ihm lagen nicht mehr als fünf Meter. Frank konnte nicht mehr klar denken. Er griff nach links und bekam Stoff zu fassen, dabei ließ er den Blick nur für einen Augenblick von der Frau. Ein bunt bedrucktes T - S hirt. Tiere. Ohne nachzudenken, riss er das Kleidungsstück vom Bügel und hielt es ihr entgegen.
    »Magst du Tiere?« Er lächelte sie an.
    Die Frau legte den Kopf

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