Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totentaenze

Totentaenze

Titel: Totentaenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian , Krystyna Kuhn , Manuela Martini , Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
Schwimmen, aber ich kann mich ja an den Rand setzen.« Marie krempelte ihre Jeans hoch bis zu den Knien und tapste zum Becken. Hauptsache, Lina würde endlich aufhören, sie zu nerven und ihr zuhören. Unsicher setzte Marie einen Fuß vor den anderen, konzentrierte sich auf die Uhr an der Wand gegenüber, um den Schwindel abzustellen. Vorsichtig setzte sie sich schließlich an den Rand des Pools und tauchte ihre Füße ins Becken.
    Samtweich und warm umhüllte das Wasser ihre Beine und machte sie schwerelos. Plötzlich sah sie Luis vor sich, mit all den Geräten und Kanülen, und fragte sich, ob es sich so anfühlte, wenn man im Koma lag, als ob man dauernd im Wasser schweben würde. Bei ihrem letzten heimlichen Besuch im Krankenhaus hatte sie den Eindruck gehabt, Luis würde auf ihre Stimme reagieren. Seine Augen hatten sich unter den Lidern hin und her bewegt. Als sie das dem Pfleger erzählt hatte, meinte er, die Chance, dass Luis bald aufwachen würde, stünde sehr gut.
    »Was glaubst eigentlich du, warum Luis gegen den Baum gefahren ist?«, fragte Marie.
    Lina schwamm zu ihr und baute sich vor ihr auf. »Wegen dir natürlich, nur wegen dir. Ist doch klar.« Sie kam noch ein Stückchen näher. »Du hast ihn auf dem Gewissen, wegen dir wollte er sterben.«
    Marie zuckte zurück und versuchte wegzurutschen. Zu spät. Lina hatte sie schon an ihren Unterschenkeln gepackt und zog. Marie knallte mit dem Kopf nach hinten auf die Fliesen, der Schmerz nahm ihr die Luft, ihr war schwarz vor Augen. Doch Lina zerrte unbarmherzig weiter, Marie klatschte ins Wasser, strampelte, um wieder nach oben zu kommen, in ihren Ohren blubberte es, ihre Haare schwammen vor ihren Augen wie Seetang. Sie durchbrach die Wasseroberfläche und schnappte nach Luft. Ihre Jeans und das Sweatshirt klebten nass und schwer an ihr, zogen sie wie bleierne Fesseln nach unten. In ihrem Schädel hämmerten Schlagbohrer im Akkord.
    »Lina, hör auf damit! Ich habe deinem Bruder nichts getan!«, schrie Marie panisch und schlug wild um sich.
    Wutschnaubend stürzte sich Lina wieder auf Marie, griff nach ihren Armen, sie entglitten ihr, sie packte stärker zu und drehte sie nach hinten. »Ich habe nichts anderes von dir erwartet! Wer jemanden so reinlegt, ist einfach nur feige.«
    Marie zappelte, drehte ihren schmerzenden Kopf, versuchte, in Linas Arm zu beißen, aber Lina schüttelte sie hin und her, wie einen Lappen.
    »Lina«, keuchte Marie, »hör mir zu. Das war alles ganz anders, als du denkst.«
    »Jaja, das sagen alle, die sich schuldig gemacht haben. Du hast Luis auf dem Gewissen – warum solltest du weiterleben?«
    »Weil …« Weiter kam Marie nicht, weil Lina sie jetzt mit aller Kraft nach unten zog.
    Marie trat um sich, rammte ihre Ellenbogen in Linas Körper, die zuckte zurück, gab kurz nach. Marie nutzte ihre Chance, kämpfte sich nach oben, trat nach Lina, als diese schon wieder an ihrem Fuß zerrte, tauchte auf, schnappte nach Luft, hustete das verschluckte Wasser aus, schüttelte sich. Schleppte sich zum Beckenrand, zog sich hoch, aber ihre vollgesaugten Klamotten wogen Tonnen. Mit letzter Kraft stemmte sie sich aus dem Wasser, platschte auf die Fliesen, atmete stoßweise.
    »Lina, hör auf! Nicht nur Luis wurde reingelegt, sondern auch ich. Bitte …« Entsetzt sah Marie, wie Lina sich leichtfüßig aus dem Wasser schwang, der Metallring blitzte scharf im Neonlicht. Lina rannte auf Marie zu, packte sie an den Haaren, zog sie zu sich hin, zwang Marie, ihr in die Augen zu sehen.
    »Das Foto – war das wirklich auch noch nötig, ihn so bloßzustellen?«, keuchte Lina. Sie schniefte. »Du widerst mich an!« Tränen liefen über Linas Gesicht.
    »Ich war das nicht!« Marie stieß Lina von sich, rappelte sich auf, schrie endlich, brüllte noch mal: »Ich war das nicht!«
    Sie machte ein paar Schritte weg vom Becken, aber der ganze Boden war voll Wasser, war unheimlich glitschig und vor Maries Augen drehten sich Palmen, Liegestühle, Wasserpfützen. Ich muss hier raus! Am Becken vorbei, einfach nur raus hier, dachte sie. Man kann nicht mit ihr reden, Lina ist verrückt geworden!
    Ein harter Stoß in den Rücken, Maries Füße verloren den Halt, sie stürzte, schlidderte über die Fliesen bis zum Beckenrand, versuchte, sich festzuhalten. Nein, bloß nicht wieder in den Pool. Aber da war Lina auch schon neben ihr, trat sie ins Wasser wie einen toten Seehund.
    Marie kam wieder hoch, rang nach Luft. »Lina, ich liebe deinen Bruder!« Doch die

Weitere Kostenlose Bücher