Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed
durchbohrt.«
»Und Sie glauben, er war schwarz«, setzte Lit hinzu, nun wieder ganz der nüchterne Ermittler.
»Ich würde nicht unbedingt mein Leben darauf verwetten, aber der Verdacht liegt nahe. Sprich, es handelt sich mit ziemlicher Sicherheit um einen Kubaner.«
Dtui brach ihr Schweigen. »Warum?«
»Die einzigen dunkelhäutigen Ausländer, denen Sie hier oben begegnen werden, sind Kubaner«, sagte Siri. »Was finanzielle und personelle Unterstützung angeht, war Señor Castro schon immer sehr spendabel. Gab es hier in der Nähe nicht ein von Kubanern und Vietnamesen gemeinschaftlich betriebenes Krankenhaus?«
»Das gibt es immer noch«, sagte Lit.
»Wirklich? Und wird es auch immer noch von Dr. Santiago geleitet?«
»Wenn mich nicht alles täuscht, verwaltet er die Fördergelder für die Klinik. Von leiten kann nicht die Rede sein.«
»Ah, ausgezeichnet. Wir kennen uns gut, jedenfalls so gut, wie es zwei Männern möglich ist, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Es wäre vielleicht keine schlechte Idee, dem Herrn Doktor einen privaten Besuch abzustatten und nachzuhorchen, ob zu der Zeit, als der Betonweg angelegt wurde, vielleicht der eine oder andere Kubaner verschüttgegangen ist.«
»Dann, äh, darf ich diesen Teil der Ermittlungen Ihnen überlassen, Doktor?«
Siri fand es merkwürdig, dass der Sicherheitsbeamte die
Untersuchung bereitwillig an einen einfachen Gerichtsmediziner delegierte, fragte jedoch nicht weiter nach. Ein wenig Detektivarbeit konnte schließlich nicht schaden. »Aber gern.«
»Gut«, sagte Lit. »Dann fahre ich jetzt zurück in mein Büro. Ich schaue morgen um die gleiche Zeit wieder vorbei. Ich habe die Leute in der Küche angewiesen, Ihnen drei Mahlzeiten täglich zu servieren. Viel mehr werden sie die nächsten acht Tage ohnehin nicht zu tun haben.« Er stand auf und nickte ihnen zu.
»Bis die nächste Ladung von Lakaien eintrifft«, raunte Dtui dem Doktor zu. Falls Lit sie gehört hatte, ließ er sich das nicht anmerken und ging wortlos davon. Als sein Jeep auf den Feldweg abgebogen war, funkelte Siri seine Assistentin wütend an und schüttelte den Kopf.
»Was ist?«, fragte sie.
»Sie kennen nicht allzu viele Kommunisten, was?«
»Aber Sie sind doch Kommunist.«
»Zwischen einem eingetragenen Parteimitglied und einem echten Kommunisten klafft ein himmelweiter Unterschied. Mit echten Kommunisten ist nicht zu spaßen. Wer sich mit ihrer Lehre nicht einverstanden erklären mag, ist in ihren Augen ein Feind.«
» Ihrer Lehre? Dr. Siri, Sie sind einer von denen. Es ist also auch Ihre Lehre.«
»Und ich gebe zu, ich habe lange Zeit an sie geglaubt. Offen gestanden, bin ich eigentlich noch immer davon überzeugt, dass ein gut funktionierendes sozialistisches System die Welt von ihrer Lethargie und ihrem Egoismus heilen könnte. Aber zu dieser Einsicht müssen die Menschen aus eigenem Antrieb gelangen, durch Klarsicht und Vernunft …«
»Und nicht durch Folter.«
»Genau. Dieses Problem werden Sie allerdings kaum lösen, indem Sie Leute wie den Genossen Lit niederbrüllen. Niemand brüllt lauter als ein Roter.«
»Und wie lässt sich das Problem dann lösen?«
»Früher oder später löst es sich ganz von allein.«
»Aber bis dahin werden noch viele Menschen leiden.«
»Und da ich Sie nur ungern leiden sähe, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihren hübschen Mund fortan fest geschlossen halten könnten. Das ist ein Befehl. Damit bewirken Sie rein gar nichts. Sie wissen ja, was man über lose Zungen sagt.«
»Sie werden ausfallend?«
Siri lachte. Die Rolle des gestrengen Zuchtmeisters lag ihm nicht. Dtui schmollte, zeigte jedoch Verständnis. Sie wusste, dass Siri nur wegen der Frau, die er liebte und der er vierzig Jahre lang die Treue gehalten hatte, in die Partei eingetreten war. Auch heute noch war er Mitglied, besaß allerdings genügend Abstand, um zu erkennen, dass die Pathet Lao sich von den Vietnamesen zu Schoßhündchen hatten abrichten lassen, ebenso wie seinerzeit die Royalisten um die Franzosen und Amerikaner herumscharwenzelt waren. Er hatte sich damit abgefunden, dass seine laotischen Brüder und Schwestern dazu verurteilt schienen, sich stets von noch größeren Narren zum Narren halten zu lassen. Zwar war er nicht eben das Paradebeispiel eines Mannes, der wusste, wann er den Mund zu halten hatte, doch Dtuis Erfahrung sagte ihr, dass er mit guten Ratschlägen gewöhnlich nicht hausieren ging.
Obwohl er zu Tode erschöpft war, wälzte
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