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Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Titel: Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Gelächter seiner Kollegen.
     
    Herrn Geungs Angst wuchs mit jedem Kilometer, den sich der Transporter weiter von Vientiane entfernte. Einige der Soldaten befürchteten, er könne jeden Moment durchdrehen. Er kam ihnen vor wie ein Tier in der Falle, das sich glatt den eigenen Fuß abbeißen würde, um sich zu befreien. Selbst dem Feldwebel kamen leise Bedenken, als er Geung schlotternd und bibbernd auf der Holzbank sitzen sah. Aber seine Anweisung war klar und deutlich: Er sollte ihn bei einem Arbeitstrupp im Norden abliefern. Und da der Befehl direkt aus dem Justizministerium kam, konnte er ihn unmöglich verweigern. Seit Einbruch der Dunkelheit reagierte der Gefangene nicht mehr auf die Fragen der Soldaten, und ihre Versuche, ihn aufzuheitern, zeitigten nicht die geringste Wirkung. Sie begriffen weder, wie sehr ihn sein Gewissen quälte, weil er seine Freunde im Stich gelassen hatte, noch wie furchtbar einsam und traurig er war.
    Die Einheit wollte im Lager des Achten Bataillons bei Van Khi übernachten. Der Transporter fuhr auf das umzäunte Gelände, und als Geung den Kopf hob, sah er, wie sich das Tor hinter ihnen schloss. Jeder Fluchtversuch war zwecklos.

5
    EIN DUMMKOPF AUF ABWEGEN
    Eine Obduktion dient nur einem Zweck: der Aufklärung eines rätselhaften Todesfalles. Ist das Rätsel auch nach drei Stunden noch nicht gelöst oder gibt gar immer neue Rätsel auf, so sollte man sich allmählich mit dem Gedanken anfreunden, dass die Operation ein Fehlschlag war. Siri und Dtui wechselten bei jeder neuen Frage, auf die es keine Antwort gab, kopfschüttelnde Blicke. Zugegeben, der Zustand der Leiche machte ihnen die Arbeit nicht eben leichter. Der Zement war Ende Januar gegossen worden, der Leichnam hatte also fünf Monate Zeit gehabt, in Ruhe zu mumifizieren. Alles war stark geschrumpft, und sämtliche Verletzungen oder Anzeichen für etwaige Krankheiten verbargen sich in dem knotigen Gewebe unter dem dicken Panzer, in den sich die Haut verwandelt hatte.
    Immerhin waren sie gleich zu Beginn auf drei geringfügige Unregelmäßigkeiten gestoßen. Erstens umklammerte die rechte Faust einen langen, dünnen Schlüssel mit kreisrunder Räute und einfachem Bart. Zweitens, aber das war im Grunde nicht weiter verwunderlich, wiesen die Zähne des Leichnams eine rosa Verfärbung auf, was den Schluss nahelegte, dass der Mann eines gewaltsamen Todes
gestorben war. Drittens ragte an der Stelle, wo sich der Brustkorb des Opfers befunden hatte, ein langer, abgebrochener Fingernagel aus dem Beton, obwohl die Nägel der Leiche kurzgeschnitten waren. Er war mit einer Art Lack überzogen und deshalb recht gut erhalten. Woraus sie folgerten, dass der Nagel ursprünglich in der Haut des Opfers gesteckt hatte.
    Diese Besonderheiten hatten sich relativ unschwer feststellen lassen. Nicht so die anderen. Das Einschussloch im Brustkorb beispielsweise hatten sie erst sehr viel später entdeckt, und auch das nur, weil sie die Haut Zentimeter für Zentimeter mit den Fingerspitzen abgetastet hatten. Es gelang Siri, eine dünne Häkelnadel in die winzige Öffnung einzuführen, doch so bekam er die Kugel nicht zu fassen. Sie beschlossen, damit bis zur inneren Leichenschau zu warten.
    Es sprach einiges dafür, dass der Mann kein Asiate war. Die Gesichtsstruktur sowie die vollen Lippen ließen darauf schließen, dass es sich bei dem Toten um einen Negriden handelte. Zwar mochte dies bis zu einem gewissen Grad auf die postmortale Austrocknung zurückzuführen sein, aber die Haut war dunkler als bei mumifizierten Leichen üblich. Die Zähne der Leiche bestätigten Siris Hypothese. Dtui hatte sie vorsichtig von Betonresten befreit und so den Umriss des Gaumens freilegen können. Zwischen den mittleren Schneidezähnen des Oberkiefers befand sich eine Lücke, ein eindeutiges Indiz für die afrikanische Herkunft des Toten.
    Sehr viel mehr hatte die Sektion der Leiche nicht ergeben. Das Vorhandensein eines sauberen Einschussloches, nicht aber der dazugehörigen Kugel, stellte Siri und Dtui vor ein Rätsel. Obwohl das Projektil den Körper nicht
durchschlagen hatte, war es ihnen trotz gründlicher Suche nicht gelungen, es zu finden. Und das war nur eine von vielen ungelösten Fragen.
     
    Lit war gekommen, um sich nach dem Obduktionsbefund zu erkundigen. Sie setzten sich mit einer Thermoskanne Tee und drei Blechtassen auf die Veranda des Gästehauses. Es war vier Uhr nachmittags und für diese Tageszeit erstaunlich still. Sie hatten noch nicht über den

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