Totentanz im Monsterland
auf der rechten Seite deutete ebenfalls eine Verbeugung an.
»Und ich heiße Maria Anna. Wir sind die beiden Parzen.«
»Normalerweise«, fügte Viktoria hinzu, »sind wir zu dritt. Unglücklicherweise ist unsere Schwester Hortense zur Zeit aber nicht bei uns. Sie ist…« Die Schicksalsgöttin zauderte, unfähig, ihren Satz zu Ende zu bringen.
»In Urlaub«, sprang ihre Schwester hilfreich ein. »Sie erholt sich ein wenig, hatte sich wegen Überarbeitung beklagt.«
»Manchmal ist es ganz schön stressig, eine Parze zu sein«, gab Viktoria seufzend zu. »Aber trotzdem…«
»Ach komm«, warf Maria Anna ein. »Hortense war mit den Nerven völlig herunter. Sie brauchte wirklich mal eine Pause vom Berufsalltag…«
»Die Parzen halten ihre Stellung durch die Ewigkeiten!« rief Viktoria entrüstet aus. »Wie kann ich mir Urlaub von der Ewigkeit nehmen!«
»Das ist eine Frage der Berufseinstellung«, hielt Maria Anna dagegen. »Ich bin sicher, daß Hortense sich einen ruhigen, sonnigen netten Ort ausgesucht hat. Obwohl auch ich nichts dagegen hätte, wenn sie uns mal eine kleine Nachricht würde zukommen lassen.«
»Doch wir lassen unsere Fragesteller warten!« erinnerte Viktoria ihre Schwester. Graziös winkte sie Snarks und mich heran. »Unsere dummen kleinen Meinungsverschiedenheiten sollten euch nicht weiter stören. Nun, zumindest hoffe ich, daß sie keine großen Auswirkungen auf euch haben.«
»Was sollen wir denn sonst tun?« fragte Maria Anna. »Wir müssen sehen, daß wir das Beste draus machen.«
»Nun gut.« Viktoria seufzte. »Denk dran, wir werden drei Fragen beantworten – nicht mehr, nicht weniger. So fragt denn, Sterbliche, und die Schicksalsgöttinnen werden eure Fragen beantworten.« Sie sah zu Maria Anna hinüber, die zustimmend nickte. Die beiden Parzen kletterten auf zwei nebeneinanderliegende Podeste, wobei sie ein drittes freiließen.
»In der Tat«, antwortete ich, denn ich wollte es ein für allemal klarstellen, daß ich hier der Fragesteller war. Ich geriet nur einen kurzen Moment in Zweifel darüber, was ich als erstes fragen sollte, denn das lag nun wirklich auf der Hand. Ich fragte also die Parzen nach der Information, mit der meine Kristallkugel mich so schmählich im Stich gelassen hatte.
»Wie kann ich meinen Meister finden, den Zauberer Ebenezum?«
»Hier die Antwort!« deklamierten Viktoria und Maria Anna im Chor.
»Schönes Haar ist dir gewiß«, setzte Viktoria an.
»Denn du meidest jeden Spliß«, fuhr Maria Anna fort.
Es folgte Schweigen. Erwartungsvoll sahen die beiden Parzen uns an.
»War’s das?« fragte Snarks.
»Ist das die zweite Frage?« wollten die beiden Parzen wissen.
»In der Tat, nein!« schaltete ich mich eilig ein. »Snarks wollte nur etwas in bezug auf eure Prophezeiung bemerken, die, Verzeihung, etwas unvollständig zu bleiben schien.«
»Ich fürchte, ja«, stimmte Viktoria dem zu. »Gewöhnlich folgt nun eine dritte Zeile, die die Prophezeiung vervollständigt, aber wo Hortense nun einmal fort ist…«
»Richtig«, bemerkte nun auch Maria Anna. »Uns fehlt eben jemand, der den rechten Abschluß setzt.«
»In der Tat!« stellte ich fest. »Wäre es nicht möglich, daß einer von euch beiden den dritten Vers spricht?«
»Niemals!« empörte sich Maria Anna.
»Ganz und gar indiskutabel!« schnaufte Viktoria. »Wir haben hier eine genau geregelte Arbeitsteilung, und wir möchten niemandes Kompetenz überschreiten – hinterher heißt es dann, wir wären auf den Job unserer Schwester scharf gewesen. Nein, nein, jede Parze rezitiert ein Drittel der Prophezeiung – nicht mehr, nicht weniger!«
»Das haben wir schon immer so gemacht«, betonte Maria Anna. »Und so werden wir es auch in Zukunft halten. Schließlich müssen wir drei noch Ewigkeiten miteinander auskommen!«
»In der Tat.« An diesem neuen Problem hatte ich schwer zu schlucken. »Angenommen – einmal nur so ganz privat ins Unreine gesprochen – angenommen also, ich stellte euch dieselbe Frage ein zweites Mal? Könnte dann nicht eine von euch mir den fehlenden Teil der Prophezeiung mitteilen?«
»Ach du liebe Güte, nein«, murmelte Maria Anna pikiert. »Was für eine absurde Idee.«
»Ich fürchte nein«, fügte Viktoria mit feierlichem Ernst hinzu. »Prophezeiungen sind eine verzwickte Sache. Alles hängt von der richtigen Inspiration im richtigen Augenblick ab. Wenn du es beim erstenmal nicht anständig hinbekommst, kannst du’s gleich aufgeben.«
»Und das soll alles sein,
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