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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Hängeregistraturen. Nichts deutete auf Nuklearschmuggel hin, nichts auf Technologie-Diebstahl. Nur Transportbescheinigungen, umwelttechnische Unbedenklichkeitsbescheinigungen für Erdaushub und Kompost, Frachtgenehmigungen verschiedener Länder und Speditionspapiere. Dicke Stapel, die für die nächsten Wochen ausgestellt waren. Eine stadtübliche Import-Exportfirma, der ausnahmsweise ein Konsulat angegliedert war.
    Im Chefzimmer stand eine Einkaufstüte, aus der die Schwanzflosse und der halbe Leib eines getrockneten, meterlangen Stockfischs herausragten, außerdem Gemüse und eine Flasche Wein, Einkäufe aus dem Supermarkt.
    Alba fuhr die Computer hoch, so leicht gab sie sich nicht geschlagen. Irgendwo würde sie schon fündig werden. Sie öffnete eine Datei nach der anderen und überflog ihren Inhalt. Einförmige Informationen, monotone Dokumente ohne Aussagekraft. Ihre Augen flimmerten, sie hatte jedes Zeitgefühl verloren und hörte nicht einmal die Schritte auf dem knarzenden Parkett, die sich ihr behutsam näherten.
    Ihr Herz stockte, als sie plötzlich eine Hand an der Schulter packte und sie vom Stuhl riß. Vor ihr stand die Frau, der sie seit Tagen auf den Fersen war, und sie sah nicht danach aus, als wäre sie zu Scherzen aufgelegt. Ein harter Hieb mit dem Handrücken ließ Alba taumeln, zwei weitere folgten. Sie prallte gegen einen Bilderrahmen an der Wand, der krachend zu Boden fiel, so daß sein Glas in tausend Scherben splitterte.
    Die Dame drehte ihr, schneller als sie denken konnte, den Arm auf den Rücken und drückte mit der anderen Hand ihr Kinn nach oben. »Wer sind Sie, und was haben Sie hier zu suchen?« brüllte die Konsulin.
    Der Schmerz in ihrem Schultergelenk war höllisch, sie konnte kaum atmen. »So kann ich nicht reden«, krächzte Alba. »Lassen Sie mich los, und ich erkläre alles. Kein Grund zur Aufregung.«
    Statt einer Antwort erhielt sie einen Tritt und knallte wieder gegen die Wand. Sie bekam einen Bilderrahmen zu fassen und riß ihn vom Haken. Glas, schmale harte Kanten. Die Konsulin wich ihr behend aus, doch Alba drängte sie mit ihren Schlägen immer weiter zurück. Im Chefzimmer jedoch fand die Schwarzhaarige schließlich eine Waffe, mit der sie das Blatt endgültig wenden konnte.
    Der erste Hieb traf Alba mitten ins Gesicht. Sie hörte das Knacken ihres Nasenbeins und sah ihr eigenes Blut gegen die Wand spritzen. Sie versuchte, sich mit dem Bilderrahmen zu schützen, doch entglitt er ihrem Griff und zersplitterte an der Wand. Die Schläge hagelten auf sie herab wie ein Trommelwirbel und selbst der Versuch, ihr Gesicht mit den Händen zu schützen, gelang nicht. Überall Blut, stechende Schmerzen und stockiger Fischgeruch. Sie tastete sich rückwärts taumelnd an der Wand entlang. An der Eingangstür gelang es ihr, den Hieben zu entkommen, doch dann verließ sie die Kraft. Alba sackte zusammen, fiel über die Treppenstufen und blieb erst ein halbes Geschoß tiefer liegen. Auf allen vieren zog sie sich am Geländer entlang und rutschte trotz der höllischen Schmerzen auf den Knien weiter. Hinunter, sie mußte hinunter. Raus aus diesem Haus. Wieder fiel sie eine halbe Treppe hinab, und wieder zog sie sich hoch und torkelte weiter. Dann verlor Alba Guerra das Bewußtsein.
    *
    Laurenti stockte der Atem. Die Augen schienen ihm aus dem Kopf zu treten, seine Gesichtsfarbe wechselte zu aschfahl, und das Dokument, das er in seiner Hand hielt, bebte wie Espenlaub. Marietta hatte ihm das Ergebnis der Untersuchung der Fingerabdrücke mit einer schnippischen Bemerkung vorgelegt.
    »Ein Scheißberuf. Alles kehrt zurück, wie der Müll. Staub seid ihr gewesen, und zu Staub werdet ihr zerfallen. Ich muß dir leider den Tag vermasseln.«
    »Nicht zu fassen.« Mit beiden Händen zerfurchte er sich das Haar. »Man begegnet sich im Leben wirklich immer zweimal.«
    Marietta setzte sich auf den Besucherstuhl. »Wie lange ist das her? Sechs oder sieben Jahre?«
    »Fünf! Mir kommts vor, als wäre es gestern gewesen. Was macht Tatjana Drakič in Triest, und warum hat sie niemand erkannt?« Laurenti starrte wieder auf das Blatt.
    »Ihre Fingerabdrücke sind überall«, Marietta lachte. »Eine treue Kundin.«
    »Aber sie wurde des Landes verwiesen. Für immer. Wie zum Teufel ist sie in die Stadt gekommen?«
    »Die Strafe hat sie abgesessen, und es liegt nichts Neues gegen sie vor. Auf illegale Einreise steht keine hohe Strafe. Es gibt viele Wege über die Grenze«, sagte Marietta. »Schließlich wird

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