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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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der am Unglück der anderen Geld verdient.«
    »Dann wird es Zeit, daß wir ihn schnappen«, sagte Bezzi.
    »Du bist ein Mann mit Herz«, meinte Laurenti kopfschüttelnd.
    Die Portale öffneten sich, und die Gläubigen strömten hinaus, doch der Mann, auf den Laurenti wartete, war nicht unter ihnen. Die Straße hatte sich schon wieder geleert, als endlich der Anruf von Sardoč kam. Laurenti bat Bezzi, zur Brücke über den Kanal zu fahren. Den Rest mußten sie zu Fuß gehen.
    Beinahe bildeten sie eine Prozession. Sardoč folgte dem Geldeintreiber mit gehörigem Abstand, und hinter Sardoč lief der zweite Mann, dessen Bekanntschaft Laurenti in der Via Carducci nach dem Brötchenholen gemacht hatte. Sie überquerten die Piazza Sant’Antonio und steuerten auf die gegenüberliegende Pizzeria zu, die nicht zu Laurentis Lieblingsadressen zählte. Wer aus dem Süden stammt, weiß, wie eine Pizza schmecken muß. Die besten Lokale befinden sich selten an den besten Plätzen. Das gilt auch für Triest.
    Der Eintreiber winkte jemandem an einem der Tische draußen zu und ging ins Lokal, der andere Mann wartete vor der Tür. Eine Möwe stieß vom Himmel herab und hieb ihren Schnabel in den Hals einer aufflatternden Taube, die flügelschlagend zu Boden fiel, wo unter lautem Geschrei drei andere Möwen über sie herfielen und versuchten, sich die Beute abspenstig zu machen.
    Laurenti gab Sardoč ein Zeichen, das dieser mit einem Kopfnicken bestätigte. Bezzi war schon unterwegs. Der Kleiderschrank hatte sich offensichtlich auf ein Duell mit Sardoč eingestellt und ließ ihn auf sich zu kommen, er rührte sich nicht vom Fleck und hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt. Vermutlich steckte seine Waffe im Hosenbund. Der Mann bemerkte nicht, daß Bezzi sich von hinten anschlich. Noch bevor er reagieren konnte, hatte dieser ihm die Hände gefesselt.
    Laurenti war nur noch wenige Meter vom Lokal entfernt und wollte gerade zwischen den Tischen durchgehen, die auf der Piazza standen. Er traute seinen Augen nicht. Gerade fünf Meter von ihm entfernt saß die Konsulin und beobachtete ihn argwöhnisch. Ein Stück Pizza steckte auf der Gabel, die auf dem Weg vom Teller zum Mund bewegungslos in der Luft verharrte. Am Tisch der schönen Dame saß die kleine Inspektorin, die gleich nach ihm das Büro verlassen haben mußte. Sie redete ununterbrochen auf Petra Piskera ein, lachte und plauderte, doch ihre Tischnachbarin schien dafür keinen Sinn zu haben. Ihr Blick folgte dem Kommissar.
    Hatte der Eintreiber der Konsulin zugewinkt? Im Vorbeigehen grüßte Laurenti sie höflich und verschwand im Lokal, das kurz hinter ihm auch Sardoč betrat.
    Der Mann, den er suchte, sah ihn zuerst. Er stand am Tresen und unterhielt sich mit dem Wirt. Jetzt trat er ein paar Schritte zurück und griff unter sein Jackett.
    Laurenti beachtete ihn nicht weiter und bestellte ein kleines Bier. Er drehte ihm den Rücken zu, doch verlor er ihn nicht aus dem Blick. Im Spiegel einer Bierreklame sah er ihn langsam den hinteren Teil der Räumlichkeiten ansteuern und zur Toilette gehen. Kaum war er aus dem Blickfeld, lief Laurenti los.
    Er erwischte ihn gerade noch in der Tür zum Hinterausgang. Laurenti schleuderte den Wickeltisch, der neben dem Waschbecken im Flur stand, nach ihm und traf ihn an der Schulter. Die Pistole glitt aus seiner Hand, Laurenti kickte sie weg, bevor er sich bücken konnte. Den Rest überließ er Sardoč.
    Der Wirt starrte sie mit großen Augen an, als Laurenti als erster das Lokal verließ und Sardoč den in einer fremden Sprache fluchenden Mann vor sich herschob. Bezzi hatte den Wagen durch die Fußgängerzone vor das Lokal gefahren, auf den Rücksitz hatte er den Kleiderschrank mit auf den Rücken gefesselten Händen verfrachtet, der mit hochrotem Kopf registrierte, daß er gleich Gesellschaft bekam. Sardoč drückte den anderen Kerl in den Wagen und setzte sich mit gezogener Waffe neben die beiden. Laurenti winkte noch einmal freundlich der Konsulin, bevor er allseits einen guten Appetit wünschte und ins Auto stieg.
    Es ging alles so schnell, daß nur die wenigsten Gäste den Vorfall mitbekamen. Laurenti war zufrieden, die richtige Person hatte ihn dank eines Zufalls mit Luchsaugen beobachtet. Als verfügte Pina über einen siebten Sinn.
    *
    »Und wie sind Sie an die Konsulin geraten?« fragte Laurenti, als Pina eine Stunde später ins Büro zurückkam. Draußen war es längst dunkel, überm Meer zuckten Blitze, und ferner Donnerschlag war

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