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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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über. Zuerst hatte die Frau Ezio einen unverbesserlichen Idioten genannt, den sie sofort verließe, falls er schon wieder einfahren mußte. Sie würde dann schon sehen, was die anderen taugten, brummte Ezio halblaut. Keiner wäre je so gut zu ihr, kein anderer würde eine solche Zicke auch nur fünf Minuten ertragen, und außerdem seien alle anderen Männer impotente Schwuchteln. Das wisse sie schließlich, seit sie ihm während seines letzten Aufenthalts im Knast Hörner aufgesetzt habe.
    Daraufhin drosch die Frau unvermittelt auf ihren Traummann ein, doch bevor er auf die Tätlichkeiten reagieren konnte, ging Pina dazwischen und zog die Wut der Furie auf sich. Der uniformierte Kollege, der sie begleitet hatte, wollte Verstärkung anfordern und öffnete vorsichtshalber den Verschluß seiner Pistolentasche aus weißem Leder.
    »Laß das«, brüllte Pina. »Mit denen werde ich alleine fertig.« Mit einem einzigen Schlag, der von einem kurzen Schrei begleitet wurde, zertrümmerte sie eine dicke Marmorplatte, die an der Hauswand lehnte.
    Ezios Frau verstummte schlagartig und verschwand wie der Blitz im Haus, während der Uniformierte ihren Mann auf den Rücksitz des Polizeiautos verfrachtete.
    Zurück im Büro berichtete Pina, daß die Leute vom Erkennungsdienst bereits an der Arbeit waren und Ezio einsitze. Galvanos Gegenwart im Büro ihres Chefs nahm sie mit einem schrägen Blick zur Kenntnis und grüßte den Alten nur halb. Sie hörte auch kaum zu, als Galvano von seinem Besuch bei der Rothaarigen auf der Intensivstation erzählte.
    »Die Kollegen haben schon recht«, räumte Galvano zu Laurentis Erstaunen ein. »So etwas habe auch ich noch nicht gesehen. Eigenartige Wundmale. Fast so, als hätte jemand mit einem riesigen Nadelkissen auf diese Frau eingeprügelt, spitze Nadeln, die an einem zwar harten, aber nicht starren Gegenstand befestigt waren und nur wenig herausschauten. Stellt euch einfach vor, wie ihr aussehen würdet, wenn jemand mit einer sehr breiten Nähmaschine über euch führe. Die Hautverletzungen sind nicht die Ursache für ihren Zustand, die verursachten lediglich den hohen Blutverlust. Die Hiebe führten zu den Schädelfrakturen und zum Trauma. Es steht nicht gut um diese Frau. Ob sie jemals wieder zu sich kommt, läßt sich nicht sagen.«
    »Und mit was, glaubst du«, fragte Laurenti, »wurde sie zusammengeschlagen?«
    Galvano zuckte die Schultern. »Wenn es nicht so idiotisch klänge, würde ich sagen, mit einem getrockneten Stockfisch. Baccalà.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung und wandte sich an die Inspektorin. »Schau nicht so bescheuert. Du hältst mich wohl endgültig für verrückt. Vergiß nicht, wer sein Denken einschränkt, kommt nie voran.« Er stand auf und klopfte Laurenti auf die Schulter. »Lustig wäre es aber und die Schlagzeilen nicht zu übertreffen. Triest, die Stadt des Stockfischkillers. Damit ist ein prominenter Platz auf allen Titelseiten sicher.« Galvano ließ sein meckerndes Lachen hören und ging amüsiert hinaus.
    »Und dann«, sagte Laurenti trocken, »wüßten wieder alle Bescheid, warum die Psychiatriereform einst hier erfunden wurde. Wen soll man schon einsperren, wenn die ganze Stadt voller Verrückter ist? Aber warum machen Sie denn solch ein Gesicht?«
    Pina druckste herum und zog schließlich die Tüte eines Fotogeschäfts hervor. Sie legte Laurenti vier Abzüge hin. »Ich habe soeben die Bilder abgeholt, die der Hausmeister gemacht hat. Schauen Sie selbst.«
    »Das sind doch hoffentlich Fotomontagen?« Er traute seinen Augen nicht.
    Pina schüttelte traurig den Kopf.
    Laurenti griff zum Telefon und rief den Beamten am Eingang an. Er befahl, Galvano umgehend heraufzubringen, selbst wenn er Widerstand leistete.

Letzte Worte

    Es war die lange Nacht der Verhöre. Erfolglos hatten sie versucht, Ezio und Coco gegeneinander auszuspielen, erst die Auswertung der Telefonate von Cocos Apparat führte ein Stück weiter. Pina war sehr methodisch vorgegangen und hatte zuerst die Gespräche rausgefiltert, die zu oder von SimCards ausländischer Telefongesellschaften stets zur gleichen Zeit geführt wurden. Dahinter mußten feste Beziehungen stecken, die ein und dasselbe Ziel hatten. Aber Proteo Laurenti hatte keine Lust zu warten, bis eine präzise Ortung der Teilnehmer vorlag. Er hatte ein anderes Ziel und stürmte zu Fuß los. Er war längst am Teatro Romano vorbei, als er hinter sich Rufe hörte. Ein Blick über die Schulter genügte, um ihn daran zu

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