Totentanz
Wunsch nach rascher Aufnahme in die Europäische Union und träumte von einer Partnerschaft für Frieden und Zusammenarbeit, das Land aber war Ziel zweifelhafter Kapitalflüsse dubioser russischer Investoren geworden. Eine Geldwaschanlage und Hort der organisierten europäischen Kriminalität, vermuteten die Fachleute.
Der Polizist, der Zenta hereinführte, blieb auf Laurentis Zeichen einen Meter hinter dem Mann stehen.
»Was liegt gegen mich vor?« fragte der Geldeintreiber und lehnte sich gelassen in seinem Stuhl zurück.
»Ist Zenta ein italienischer Nachname?« fragte Laurenti. Der Mann hatte kein Vorstrafenregister.
»Ich bin italienischer Staatsangehöriger, also ist er es.« Zenta zeigte keine Anzeichen von Unsicherheit. In seinen Antworten dominierte die Arroganz dessen, dem man nichts anhaben konnte.
»Sie kassieren unter den Serben ab.«
»Manchmal leihe ich den armen Schweinen ein bißchen Geld. Irgendwann geben sie es mir zurück. Ohne Zinsen übrigens. Damit das gleich klar ist.«
»Wo wohnen Sie?«
»Ich bin wohnsitzlos.«
»Und wo schlafen Sie?«
»Ich schlafe nie.«
»Sie sind also die ganze Nacht auf den Beinen.« Laurenti machte sich eine Notiz, daß die Meldedaten der Hotels überprüft werden mußten, auch wenn es unwahrscheinlich war, daß der Mann unter seinem richtigen Namen abstieg. Wahrscheinlicher war, daß er einen anderen Unterschlupf gefunden hatte.
»Wenn Sie es so wollen.«
»Und Sie haben zwei ständige Begleiter, die manchmal durchgreifen, wenn einer nicht zahlen will.«
»Die Welt ist schlecht, nicht immer wird Freundlichkeit mit Ehrlichkeit belohnt. Das wissen Sie doch.«
»Tja«, seufzte Laurenti. »Großzügigkeit ist eine immer seltenere Eigenschaft, mein Herr.«
»Sie sagen es.«
»Nennen wir es anders. Sie treiben Schutzgeld ein.«
»Sie verfügen über eine blühende Phantasie, Commissario. Ich gebe, ich nehme nicht. Was ist bei diesen Menschen schon zu holen?« Er grinste.
»Kleinvieh macht auch Mist, Signor Zenta. Ich nehme an, Sie können rechnen: Zehn Euro am Tag, sechsmal die Woche, und das von hundert Personen. Oder von zweihundert«, sagte Laurenti. »Zweiundfünfzig Wochen im Jahr. Davon vermutlich ein Viertel für Sie und der Rest für Ihren Boß. Sie führen ein florierendes Geschäft.«
»Ach, lassen Sie mich in Ruhe«, fauchte Zenta. »Es liegt nichts gegen mich vor.«
Laurenti zog einen Plastikbeutel aus seiner Schreibtischschublade und hielt ihn hoch. »Heckler & Koch MK 23. Eine Fünfundvierziger Automatic mit zwölf Schuß und absoluter Matchpräzision, die selbst den Anforderungskatalog der US-Regierung übertrifft. Ein seltenes Stück bei uns.« Er legte sie in die Schublade zurück. »Die tragen Sie vermutlich nur, weil die Welt zu den Guten nicht mehr freundlich ist. Nicht wahr?«
Zenta schwieg.
»Aber warum bloß haben Sie die Waffe gezogen?«
»Ich wußte nicht, wer Sie sind. Sie haben mir einen heftigen Schreck eingejagt.«
»Oh, das tut mir leid. Entschuldigung. Und wo sagten Sie, ist Ihr Waffenschein?«
»Zu Hause.«
»In Montenegro, Towarisch?«
Zenta nickte.
»Sprechen Sie Serbisch?«
»Kein Wort.«
»Und wo also ist der Waffenschein?«
»Ich sagte es schon.«
»Was glauben Sie wohl, was ich mit Ihnen machen werde. Sie bedrohen einen Polizisten mit einer Profiknarre, haben keinen Wohnsitz und keinen Waffenschein. Die Pistole wird morgen von den Spezialisten untersucht, die Proben dann in einem langwierigen Prozeß mit allen anderen im Land verglichen und an Interpol weitergegeben. Das dauert ewig. Die Bürokratie, schrecklich. Aber was werden Sie wohl so lange unternehmen, Signor Zenta? Nein, nein« – er machte eine beschwichtigende Handbewegung – »ich sage es Ihnen gleich. Sie wissen doch selbst, wir Italiener sind berühmt für unsere Gastfreundschaft. Speis und Trank und freie Logis! Nur schade, daß kein Anwalt Sie da rausholen kann. Wenn Sie über einen festen Wohnsitz verfügten, hätte er es relativ leicht. Aber so.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Zenta schluckte trocken.
»Und in der Zwischenzeit packen die anderen aus. Immer diese Probleme mit dem Personal. Ich kenne das. Man kann sich einfach auf niemand verlassen. Nicht wahr?«
Er gab dem Uniformierten ein Zeichen, Zenta abzuführen. Bevor sie die Tür erreicht hatten, sagte Laurenti: »Übrigens die herzlichsten Grüße von Petra Piskera, der Konsulin. Sie ist ziemlich sauer auf Sie, weil Ihre Männer versagt haben. Wir haben ein
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