Totentanz
noch leid tun! Beleidigung und Körperverletzung! Bleib endlich stehen!« Er folgte ihr schimpfend und mit hochrotem Kopf zur Straße, als Pina aufstieg, drohte er auch noch damit, die Polizei zu rufen. Als sie um die Ecke bog, schaute sie sich noch einmal nach ihm um. Wie angewurzelt stand er noch immer vor der Tür und zeterte wie ein Waschweib.
*
»Sie überspannen meine Geduld, Commissario«, schnaubte Petra Piskera Laurenti an. »Mein Außenministerium hat bereits eine entsprechende Note an Ihres gerichtet. Halten Sie sich also bitte kurz.«
Laurenti ließ sich von der schwarzhaarigen Dame nicht verunsichern und wies auf einen Stuhl. »Bitte nehmen Sie Platz. Ich brauche nicht lange. Aber Sie sollten sich das in Ruhe ansehen.« Er zog zwei Abzüge der Fotos aus der Kamera der schwerverletzten Rothaarigen aus einem Umschlag und legte sie auf den Tisch. »Dieses Ehepaar, mit dem Sie sich im Gespräch befinden, ist vor ein paar Tagen Opfer eines Anschlags geworden. Der Mann ist tot, ob die Frau durchkommt, steht in den Sternen. Ihr Name ist Babič: Damjan und Jožica Babič. Sie arbeiteten oben im ›AREA SciencePark‹. Sie wurden von der Straße gedrängt und über die Leitplanke geschoben. Wir haben das andere Fahrzeug, und die beiden Fahrer sind verhaftet. Ferner haben diese feinen Herren einen Tag später einen brutalen Vergewaltigungsversuch unternommen, dem das Opfer nur um Haaresbreite entkommen konnte. Ihr Auftraggeber ist ein gewisser Giorgio Zenta. Er kennt Sie nach eigenen Angaben sehr gut, Frau Konsulin.« Laurenti mußte es probieren, auch wenn Zenta bisher eisern das Gegenteil behauptete.
»Und was wollen Sie damit sagen?« fragte sie ungerührt.
»Interessiert Sie gar nicht, wer die Fotos gemacht hat?«
»Sie werden es mir vermutlich gleich mitteilen.«
Laurenti legte ein weiteres Foto auf den Tisch. »Die gleiche Person hat auch diesen Schnappschuß gemacht.«
Petra Piskera starrte ungläubig auf die Vergrößerung, die sie beim Mittagessen mit ihren Geschäftspartnern aus Reggio-Emilia zeigte.
»Erstaunlich, daß Sie nicht bemerkt haben, wie Ihnen tagelang jemand hinterherschnüffelte. Die Aufnahmen stammen von der rothaarigen Frau, die ins Konsulat einbrach und die Sie dann erschlagen haben. Mit einem Stockfisch.«
»Mit einem Stockfisch?« prustete die Konsulin. »Sie haben eine reiche Phantasie, Commissario. Oder einen Knall. Wenn Sie das einem Richter erzählen, werden Sie wegen Ihres Geisteszustands in den Vorruhestand versetzt.«
»Keine schlechte Idee, ich werde sie beizeiten beherzigen. Jetzt allerdings ist es mir völlig ernst. Noch immer kennen wir die Identität dieser Frau nicht. Ich dachte, Sie könnten uns helfen, den Einbruch aufzuklären und Ihre Räume zu schützen, wie es das ›Wiener Übereinkommen‹ vorschreibt. Keine Sorge, ich überschreite die Richtlinien nicht. Ich kenne das Gesetz. Und natürlich wüßte ich gerne, warum Sie sich mit einem Hausmeisterehepaar aus Komen getroffen und was Sie bei diesem Treffen gesagt haben. Das allerdings brauchen Sie mir nach dem Gesetz ebensowenig zu beantworten wie die Frage, warum Sie bei schmierigen Figuren wie Zenta so hoch im Kurs stehen.« Laurenti lächelte schief.
Petra Piskera stand auf. »Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Und ich stehe für keine weiteren Gespräche zur Verfügung.« Grußlos ging sie hinaus.
Laurenti rief Marietta und Pina zu sich und faßte den Vorgang in knappen Worten zusammen. »Ich brauche dringend die Identitäten dieser beiden Männer, mit denen die Konsulin am Tisch sitzt. Vielleicht reicht es schon, in dem Restaurant nach den Zahlungsbelegen zu fragen. Vielleicht hat einer der Herren mit Kreditkarte bezahlt. Ich werde den Staatsanwalt davon zu überzeugen versuchen, daß die Immunität unserer schwarzhaarigen Freundin aufgehoben wird. Die Indizien müßten ausreichen. Außerdem sind da die Fingerabdrücke von Tatjana Drakič. Ich würde allzugerne wissen, wo sie ist.«
Pina rutschte unbequem auf ihrem Stuhl herum. Nun mußte sie mit der ganzen Wahrheit heraus. Die Resultate der Fingerabdrücke habe sie erst vor fünf Minuten erhalten, stammelte sie und packte aus.
Laurenti war beeindruckt und eine ganze Weile sprachlos und wie weggetreten. »Gut gemacht, Pina«, sagte er schließlich mit blassem Teint, nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte. »Verdammt guter Instinkt.« Niemals wäre er auf diese Idee gekommen. Zu sehr war er an das alte Bild von Tatjana Drakič gefesselt, das
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