Totentanz
Ihnen zugestoßen ist?« fragte Laurenti mißtrauisch.
»Stellen Sie sich vor, was mir hätte passieren können, wenn ich zu Hause gewesen wäre. Glück im Unglück sollte man zu schätzen wissen.«
»Raus mit der Sprache, Pina. Was ist passiert?«
Die Inspektorin stellte einen Karton auf den Tisch und schob ihn zu ihrem Chef hinüber. »Schauen Sie selbst.«
Laurenti hob den Deckel ab – und traute seinen Augen nicht. Das Präservativ über dem Vibrator war gebraucht.
»Lassen Sie es untersuchen. Es ist benutzt«, sagte Laurenti ungläubig und starrte die Inspektorin an.
»Es sieht nur so aus, das echte ist schon im Labor.« Pina Cardareto winkte amüsiert ab. »Ich wollte nur, daß Sie die Sache sehen, wie ich sie erhalten habe. Verstehen Sie endlich, daß ich Schutz brauche? Dieser Psychopath hat mit dem Einbruch einen neuen Schritt gewagt. Mit dem Briefkasten begnügt er sich nicht mehr. Und wer weiß, ob ich die einzige bin, hinter der er her ist?« Als Laurenti zum Sprechen ansetzte, wiegelte sie sogleich ab. »Nein, er hat keine Fingerabdrücke hinterlassen. Wenn die DNA nicht mit jemandem aus unserem Datenbestand übereinstimmt, dann weiß ich nicht, nach wem ich suchen soll. Ich brauche Ihre Unterstützung und vor allem technisches Gerät.«
»Wollen Sie Ihre Wohnung verwanzen lassen?«
»In dem Haus sind so viele Wohnungen und Büros, daß man es riskieren kann, ohne daß es jemand bemerkt. Vielleicht ist eine Frau in der Abteilung, die weiß besser, wie man das unauffällig macht.«
»Sie könnten nicht einmal mehr unbeobachtet duschen. Pina, Sie erstatten ganz normal Anzeige bei den Kollegen und bringen mir den Vorgang. Ich rede dann mit dem Staatsanwalt. Aber heißt das eigentlich, daß Sie Galvano von der Liste der Verdächtigen gestrichen haben?«
»Nein. Ich streiche nie jemanden, bevor ich nicht den wahren Täter habe. Auf den Fotos ist er klar zu erkennen.«
»Galvano hat ein Alibi. Er war gestern abend bei mir zu Hause und schläft vermutlich noch seinen Rausch aus.«
»Das tut er gewiß nicht. Ich habe ihn heute morgen in der Via Mazzini gesehen, nicht weit von meinem Haus entfernt. Er hatte sich zwar hinter der Säule eines Hauseingangs versteckt, sein Hund aber saß auf dem Gehweg.«
Und nun erzählte Pina, wie sie mit dem Hausmeister aneinandergeraten war: Der Aufzug funktionierte wieder, als Pina Cardareto den Unrat entsorgen und ins Büro gehen wollte. Sie staunte nicht schlecht, als sie im Erdgeschoß ausstieg. Ihr Fahrrad war weg, und wieder spannte ein weißrotes Plastikband mit einem Zettel vor der Wand. Jetzt reichte es. Wütend hatte sie an der Portiersloge geklopft und den Hausmeister nach ihrem Fahrrad gefragt. Aus dem Kabuff war wieder das Gestöhne aus seinem privaten Frühstücksfernsehen zu hören. Erneut versuchte er, hastig die Tür zu schließen, und wieder stellte Pina ihr Bein dazwischen.
»Wo ist mein Fahrrad?« fragte sie.
»Welches Fahrrad? Ich hab keines.«
»Es stand da an der Wand.« Pina zeigte auf die mit dem Plastikband abgesperrte Stelle.
»Da war keins. Sehen Sie das Schild nicht?«
»Wer hat es angebracht?«
»Ich. Auf Geheiß der Hausbesitzer und der anderen Mieter. Sie fühlten sich von Ihrem Drahtesel gestört. Außerdem verschmutzt der Lenker die Wand. Dieser Eingang soll repräsentativ sein.«
Pina beherrschte sich nur mit Mühe. Ihre Stimme bebte vor Zorn. »Drei von fünf Glühbirnen sind kaputt, die Ecken voller Dreck, der Fahrstuhl ging heute nacht nicht, und aus ihrem Verschlag dringen die Geräusche eines Pornofilms. Das nennen Sie repräsentativ? Ich habe gestern abend das Band entfernt und mein Fahrrad dort an die Wand gelehnt. Wie immer. Also haben Sie es gestohlen.«
Erstaunt wich der Mann einen halben Schritt zurück und holte tief Luft. »Jetzt hör mir mal gut zu, du Zwergin.« Der Hausmeister versuchte, seine graubemäntelte Autorität auszuspielen, doch kam er nicht weit. Pina sah im Reflex der Glasscheibe der Portiersloge, die halb mit einem schmuddeligen Vorhang verschlossen war, ihr Rad. Sie stieß den Hausmeister rüde zur Seite. Tatsächlich lief ein Pornofilm über den Bildschirm. Eine Flasche billigen Fusels stand auf dem Tisch, daneben lag die Tageszeitung, auf ihr ein angebissenes Schinkenbrötchen. Hinter dem durchgesessenen, fleckenüberzogenen Sofa lehnte ihr Fahrrad. Bevor der Mann reagieren konnte, hatte Pina es geschultert und ihm im Vorbeigehen einen groben Stoß mit dem Lenker verpaßt.
»Das wird dir
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