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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Wandschrank.«
    »Aha«, sagt sie. »Wusstest du, dass man die im Haus eigentlich nicht aufspannen darf? Das bringt Unglück. Linden ist übrigens ziemlich abergläubisch.« Sie schließt den Regenschirm wieder und mustert ihn. »Und Linden hat das letzte Wort, wenn es darum geht, was es in deinem Zimmer geben darf. Wusstest du das? Deine Kleider, deine Schuhe – dieser Schirm. Wenn er dir erlaubt, einen zu haben, was hat das wohl zu bedeuten? Was meinst du?«
    »Er will nicht, dass ich nass werde«, sage ich und fange an zu verstehen.
    Sie hebt den Blick, lächelt mich an und wirft mir den Schirm zu. »Genau. Und nur draußen regnet es.«
    Draußen. Ich hätte nie gedacht, dass mein Magen bei diesem Wort mal solche Purzelbäume schlagen würde. Das ist eine der kleinen Freiheiten gewesen, die ich mein ganzes Leben lang genossen habe – und jetzt würde ich alles tun, um sie zurückzubekommen. Meine Hand schließt sich fester um den Schirm. »Aber sind die Fahrstühle denn der einzige Weg nach draußen?«
    »Vergiss die Fahrstühle«, sagt Rose. »Dein Ehemann ist der einzige Weg nach draußen.«
    »Versteh ich nicht. Und wenn ein Feuer ausbricht? Sterben wir dann alle?«
    »Frauen sind eine Investition«, erklärt Rose. »Hausprinzipal
Vaughn hat gutes Geld für euch bezahlt. Übrigens ist Hausprinzipal Vaughn ganz besessen von Genetik und für deine Augen, da geh ich jede Wette ein, hat er gern etwas mehr ausgegeben. Wenn er will, dass du in Sicherheit bist, dann kann kommen, was will: Feuersbrunst, Hurrikan oder Flutwelle, ganz egal. Du bist in Sicherheit.«
    Ich nehme an, das soll mir schmeicheln. Aber es macht mir nur Sorgen. Wenn ich so eine Investition bin, dann wird es für mich viel schwieriger sein, unbemerkt von hier fortzukommen.
    Rose sieht erschöpft aus. Ich werfe also den Schirm in mein Zimmer und helfe ihr zurück ins Bett. Normalerweise setzt sie sich zur Wehr, wenn die Diener ihr sagen, sie solle sich ausruhen, aber mir folgt sie, weil ich sie nicht zwinge, Medikamente einzunehmen.
    »Mach das Fenster auf«, murmelt sie und schlüpft in ihre seidigen Decken. Ich tue, worum sie mich bittet, und eine kühle Frühlingsbrise weht herein. Sie atmet tief. »Danke«, seufzt sie.
    Ich setze mich aufs Fensterbrett und drücke mit der Hand gegen das Fliegengitter. Es sieht aus wie ein völlig normales Gitter, eines, das aus dem Rahmen fällt, wenn ich fest genug drücken würde. Ich könnte springen, obwohl es mehrere Stockwerke bis nach unten sind – höher als das Dach zu Hause –, aber hier gibt es keine Bäume, nach denen ich greifen könnte. Es ist den Versuch nicht wert. Doch dann denke ich an das, was Rose gesagt hat, als sie mich vor dem Fahrstuhl gefunden hat. Sie sagte, sie würde mich nicht verpetzen, weil sie es verstehen würde.

    »Rose?«, sage ich. »Hast du je versucht, zu fliehen?«
    »Spielt keine Rolle«, sagt sie.
    Ich denke an das kleine Mädchen auf dem Foto, lächelnd und so voller Leben. Rose ist all die Jahre hier gewesen. Ist sie dazu erzogen worden, Lindens Braut zu sein? Oder hat sie sich früher einmal dagegen widersetzt?
    Ich öffne den Mund bereits und will fragen, da richtet sie sich im Bett auf und sagt: »Du wirst die Welt wiedersehen. So viel kann ich voraussagen. Er wird sich in dich verlieben. Und wenn du auf mich hörst, wirst du sehen, dass du sein Liebling wirst, wenn ich tot bin.« Sie spricht ganz beiläufig von ihrem Tod. »Er wird dich überall hinbringen, wo du willst.«
    »Nicht überall hin«, sage ich. »Nicht nach Hause.«
    Sie lächelt und klopft einladend neben sich auf die Matratze. Ich setze mich zu ihr. Sie kniet sich hinter mich und fängt an, mein Haar zu einem Zopf zu flechten. »Das hier ist jetzt dein Zuhause«, sagt sie. »Je mehr Widerstand du leistest«, sie zieht mir am Haar, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, »desto enger wird die Falle. So!« Sie nimmt ein Haarband, das über dem Kopfende drapiert war, und bindet mein Haar damit zusammen. Dann kriecht sie über die Matratze, bis sie mir ins Gesicht sehen kann, und streicht mir eine Strähne aus den Augen. »Du siehst hübsch aus, wenn dein Haar zurückgebunden ist. Du hast tolle Wangenknochen.«
    Hohe Wangenknochen, genau wie sie. Ich kann nicht über unsere Ähnlichkeit hinwegsehen: das dicke, wellige blonde Haar, das kecke Kinn, die kleine Nase. Was ihr fehlt, sind nur die heterochromen Augen. Doch es gibt
noch einen anderen Unterschied zwischen uns und der ist bedeutend. Sie

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