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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dankbar, denn ich möchte Zeit für mich haben. Aber ich glaube auch, dass es gut für Linden ist, mein Krankenlager zu verlassen. Bisweilen könnte man denken, er wäre derjenige, der das Bett hüten muss.
    Und dann kommt eines Mittags Cecily zu mir herein, die Linden sucht, und ich sage: »Ich dachte, er wäre bei dir.«
    Weder Gabriel noch Jenna wissen, wo er ist, und auch unsere Aufwärter wissen es nicht. Hausprinzipal Vaughn ist ebenfalls nirgends aufzutreiben und irgendwann nach dem Mittagessen wird Cecily unruhig. Sie hält ein großes Buch mit einem Ultraschallbild auf dem Umschlag in der Hand und steigt zu mir ins Bett.
    »Was ist das für ein Wort? G-E-S-T-A-T-I-O-N.«
    Ich spreche es ihr richtig vor, und sie sagt mir, was es bedeutet, doch das weiß ich schon. Eine Weile zeigt sie mir Schaubilder und beschreibt, was ihr Baby gerade macht. Dass es schon am Daumen lutschen kann und dass Föten Schluckauf bekommen können. Zweimal drückt sie meine Hand auf ihren Bauch, und ich spüre, wie das Baby tritt. Das erinnert mich daran, wie echt das hier
alles ist, als hätte ich das vergessen können. Mit Sorge denke ich an Cecily in den Wehen. Mit Sorge denke ich daran, dass das Baby tot geboren werden könnte, wie Lindens erstes Kind. Und mit Sorge denke ich daran, dass – ob nun tot oder lebendig – dieses Kind in Vaughns Keller auf einem Rollwagen enden wird.
    Cecily beschreibt gerade, wie die Plazenta entbunden wird, als Linden in der Tür auftaucht. Er trägt einen Anzug und sein lockiges Haar ist in Vaughns Stil – nur weniger bedrohlich – nach hinten gegelt.
    »Wo bist du gewesen?« Cecily zieht die Stirn kraus.
    »Bei einem Bauunternehmer, der an meinen Zeichnungen Interesse hat«, sagt er und sieht mich an. Seine Augen strahlen. »Und eine Firma möchte mit mir an Entwürfen für eine Ladenstraße arbeiten, die neu eröffnet werden soll.«
    »Das ist großartig!«, sage ich und meine es auch so.
    Linden setzt sich auf mein Bett, mit Cecily zwischen uns. Man riecht sogar, dass er in der echten Welt gewesen ist – Autoabgase und polierte Marmorböden.
    »Ich dachte, in einem Monat oder zwei, wenn du dich dem gewachsen fühlst, könnten wir auf eine Architektenmesse gehen. So was ist ein bisschen trocken, bietet mir aber eine großartige Gelegenheit, meine Entwürfe vorzustellen. Und natürlich meine schöne Frau.« Er streicht mir das Haar aus dem Gesicht und aus irgendeinem Grund fühle ich mich geschmeichelt. Und ich bin aufgeregt. Ich werde diese Villa verlassen!
    »Das ist doch ziemlich blöde«, wirft Cecily ein. »Wer macht sich schon was aus Einkaufen? Wo ich herkomme, gibt es keine Ladenstraßen.«

    »Da wird es auch keine Läden im herkömmlichen Sinn geben«, erklärt Linden geduldig. »Es sind eher Großhandelslagerhäuser. Für die Öffentlichkeit sind sie nicht bestimmt, nur für Unternehmen. Hauptsächlich wird dort medizinisches Gerät vertrieben, Nähmaschinen … solche Sachen eben.«
    Ich weiß genau, wovon er spricht. Ich habe telefonisch Bestellungen für Grossisten aufgenommen und meinen Bruder bei manchen seiner Auslieferungen begleitet.
    »Werden diese Messen im Fernsehen übertragen?«, frage ich.
    »Die? Nein. Sie sind nicht so aufregend wie das Durchschneiden von Bändern oder die Einweihungspartys.«
    »Was ist eine Einweihungsparty?« Cecily ruft uns ihre Gegenwart ins Gedächtnis.
    Linden erklärt ihr, dass es beim gegenwärtigen Zustand der Welt – damit meint er, dass wir alle sterben – als Grund zum Feiern gilt, wenn ein neues Gebäude errichtet wird. Ein Krankenhaus zum Beispiel oder sogar ein Autohaus. Das ist ein Zeichen dafür, dass Menschen nach wie vor etwas zur Gesellschaft beitragen und die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben, dass die Dinge sich zum Besseren wenden. Und deshalb gibt es Einweihungspartys. Normalerweise werden sie von den Leuten oder der Firma veranstaltet, die das Gebäude errichtet hat, und alle, die am Bau beteiligt waren, können mitfeiern. »Wie eine Neujahrsparty«, sagt Linden. »Aber man feiert ein neues Gebäude.«
    »Kann ich nicht mitkommen zu einer Einweihungsparty?«, fragt Cecily.
    Linden legt ihr die Hand auf den Bauch und sagt:
»Aber deine Aufgabe ist hier, meine Liebe. Du verstehst doch, wie wichtig sie ist?«
    »Und wenn das Baby geboren ist?«, fragt sie.
    Er lächelt und küsst sie. Sie lässt ihn gewähren. Es ist offensichtlich, dass sie schon eine Weile so vertraut miteinander sind. »Dann musst du dich um

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