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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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und mein Kopf rollt auf seinen zu.
    Es ist still, dunkel und warm. Ich merke, wie die Efeuranken mich in einen wunderbaren Traum ziehen, und da sagt Linden: »Bitte, geh nicht.«
    »Hm?«, sage ich.
    Er atmet in mein Genick, tupft kleine Küsse darauf. »Bitte lauf mir nicht weg.«
    Ich tauche aus meinem Traum auf, aber nicht so ganz. Mit dem Finger hebt er mein Kinn und ich schlage die Augen auf. Seine Augen haben einen seltsamen Glanz und ein kleiner Tropfen trifft meine Wange. Gerade hat er etwas gesagt, etwas Wichtiges, aber ich bin so müde. Ich kann mich nicht erinnern, was es war. Ich kann mich an gar nichts erinnern, doch er erwartet eine Antwort, also sage ich: »Was ist denn? Was stimmt denn nicht?«
    Und er küsst mich. Es ist kein forscher Kuss, sondern ein weicher. Seine Unterlippe umfängt meine in einer sanften Wellenbewegung. Sein Geschmack füllt meinen
Mund und für einen Augenblick ist das gar nicht so schlecht. Wie auch alles andere an diesem Abend gar nicht so schlecht war. Auf eine trunkene, halluzinogene Weise. Ein kleines Geräusch dringt aus meiner Kehle, als gluckse ein Baby in seine Flasche. Er rückt von mir ab und sieht mich an. Ich blinzele wie wild.
    »Linden …«
    »Ja, ja, ich bin hier«, sagt er und will mich wieder küssen, aber ich ziehe mich zurück. Ich lege meine Hände auf seine Schultern, um ihn wegzuschieben, aber da sehe ich diesen seltsamen Schmerz in seinen Augen. Wahrscheinlich hat er kurz von Rose geträumt, bevor ich mich wieder in Rhine verwandelt habe.
    »Ich bin nicht sie«, sage ich. »Linden, sie ist nicht mehr, sie ist tot.«
    »Ich weiß«, sagt er. Weitere Annäherungsversuche macht er nicht, deshalb lasse ich seine Schultern los und er bleibt neben mir liegen. »Es ist nur, manchmal, da bist du …«
    »Aber ich bin nicht sie«, sage ich. »Und wir sind beide ein wenig betrunken.«
    »Ich weiß, dass du nicht sie bist«, sagt er. »Aber ich weiß nicht, wer du bist. Ich weiß nicht, wo du hergekommen bist.«
    »Hast du nicht diesen Lastwagen voller Mädchen bestellt?«
    »Das war mein Vater«, sagt er. »Aber davor, was hat dich auf den Gedanken gebracht, Braut werden zu wollen?«
    An meinem nächsten Atemzug ersticke ich fast. Warum ich Braut werden wollte? Und dann denke ich an das
Erstaunen in seinen Augen, als dieser Mann heute Abend fragte, woher ich meine Augen hätte.
    Er hat wirklich keine Ahnung.
    Aber ich weiß, wer. Vaughn. Was hat er seinem Sohn erzählt? Dass es Brautschulen gibt, in denen Frauen bereitwillig ihre Kindheit aufgeben, um zu lernen, wie man einen Mann zufriedenstellt? Dass er uns aus einem elenden Waisenhaus gerettet hat? Auf Cecily mag das zutreffen, aber selbst sie ist so alarmierend unvorbereitet auf das, was sie erwartet, wenn das Baby geboren ist.
    Ich könnte es ihm jetzt sagen. Ich könnte ihm sagen, dass Jennas Schwestern in diesem Lastwagen hingerichtet wurden und dass ich nie im Leben Braut werden wollte. Aber würde er mir glauben?
    Und wenn er mir glauben würde, ließe er mich dann gehen?
    Ich frage ihn: »Was glaubst du, was mit den Mädchen geschehen ist, die du nicht ausgewählt hast? Mit den anderen?«
    »Ich nehme an, sie sind wieder zurück in ihre Waisenhäuser und Heime gebracht worden«, sagt er.
    Ich starre an die Decke, fassungslos. Mir ist etwas übel.
    Linden legt mir die Hand auf die Schulter. »Was ist denn? Ist dir schlecht?«
    Ich schüttele den Kopf.
    Vaughn ist mächtiger, als ich dachte. Er hält seinen Sohn in dieser Villa, weit weg von der Welt, und er erfindet eine Wirklichkeit für ihn. Er gibt Linden Asche zum Verstreuen, während er im Keller die Leichen hortet. Natürlich möchte ich weglaufen. Jeder, der jemals frei gewesen ist, begreift, dass man wieder frei sein will. Aber
Linden ist niemals frei gewesen. Er weiß nicht mal, dass es Freiheit gibt. Wie kann er sich da Freiheit wünschen?
    Und Gabriel ist schon so lange ein Gefangener, dass er sich langsam nicht mehr erinnern kann, wie viel besser es dort draußen ist als hier.
    Es ist dort draußen doch besser, oder nicht? Ich liege eine Weile still und vergleiche den Hafen von New York mit dem gewaltigen Ozean im Pool. Ich vergleiche einen Stadtpark mit diesen unendlichen Golf- und Tennisplätzen. Ich vergleiche den Leuchtturm von Manhattan mit dem am neunten Loch zwischen den riesigen Gummibonbons. Ich vergleiche meinen Blutsverwandten Rowan mit Jenna und Cecily, die meine Schwestern geworden sind. In diesem nebelhaften, ein wenig

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