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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ich mit grünen Augen aussehe. Oder vielleicht mit schönen dunkelbraunen.«
    Die Dienerinnen erfüllen mir diesen Wunsch nur allzu gern. Eine von ihnen verschwindet und kehrt mit kleinen kreisrunden Schachteln zurück, in denen Kontaktlinsen liegen. Ein verstörender Anblick, als wäre die Iris von den Augäpfeln geschält worden. Mein Abendessen droht mir hochzukommen. Aber ich beherrsche mich, denn wenn ich diesen Laster voller Mädchen überleben konnte, dann schaffe ich das hier auch.
    Es braucht mehrere Versuche, die Linsen auf meine Augen zu setzen. Entweder muss ich blinzeln oder meine Augen tränen und sie werden wieder herausgespült. Eine der Dienerinnen gibt schon auf und sagt: »Deine Augen sind so hübsch, meine Süße. Dein Ehemann möchte bestimmt nicht, dass du sie veränderst.« Aber die andere ist entschlossener und gemeinsam kriegen wir es hin – und
dann starre ich meine neuen grünen Augen im Spiegel an.
    Eindrucksvoll, muss ich sagen.
    Die Dienerinnen jubeln über ihren Erfolg. Sie gehen, doch sie lassen mir eine Flasche Kontaktlinsenflüssigkeit und noch blaue und braune Linsen zum Üben da. Sie warnen mich, nicht mit den Linsen auf den Augen einzuschlafen. Dann würden sie an der Iris festkleben und ich würde sie nur schwer wieder herausnehmen können.
    Nachdem die Dienerinnen gegangen sind, übe ich, die grünen Linsen einzusetzen und wieder herauszunehmen. Ich denke an das, was Rose an jenem Nachmittag gesagt hat, als ich mit dem Fahrstuhl fliehen wollte und sie mich erwischt hat. Für meine Augen habe Vaughn wahrscheinlich extra bezahlt, hat sie gesagt. Und heute, früher am Abend, hat Jenna gesagt, ihr mache Sorgen, was er mir antun würde. Nicht ihr, nicht Cecily. Mir. Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Bemerkungen? Und wenn ja, was hat das zu bedeuten? Dass er mir die Augen aus dem Kopf reißen und irgendein Experiment mit Heterochromie durchführen wird? Heterochromie als Gegenmittel? Ich kann mir die Party schon vorstellen, die er geben wird. Linden könnte die Ausstattung dafür entwerfen.
    Ich lasse die Linsen in der Flüssigkeit schwimmen und sinke in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    Am Morgen schmieden Jenna und ich beim Frühstück ein Komplott. Wir sitzen auf meinem Bett, reden leise und glauben schließlich, einen Plan zu haben, wie Vaughn abgelenkt werden kann und ich in den Keller komme. Da hören wir Cecily schreien. Wir hasten zu ihrem Schlafzimmer,
wo wir sie auf dem Boden kniend in einer wässrigen Pfütze Blut vorfinden. Das Gesicht hat sie in die Matratze gedrückt und ihr Rücken zuckt unter Keuchen und Schluchzern.
    Mein Herz hämmert mir in den Ohren. Jenna und ich mühen uns ab, ihr auf die Beine zu helfen. Es ist schwierig, sie auch nur auf ihr Bett zu kriegen, denn ihr Körper ist so stark verkrampft und so bizarr schwer – und sie ist hysterisch vor Schmerzen.
    »Es geht los«, schreit sie. »Es geht los und es ist zu früh. Ich konnte es nicht verhindern.«
    Wir schaffen es, sie aufs Bett zu legen. Sie keucht und ist kalkweiß. Die Laken zwischen ihren Beinen erblühen rot von ihrem Blut.
    »Ich hole Hauswalter Linden«, sagt Jenna.
    Ich will ihr folgen, aber Cecily packt mich am Arm und ihre Nägel bohren sich in meine Haut. »Bleib!«, sagt sie. »Verlass mich nicht.«
    Ihr Zustand verschlechtert sich rasch. Ich murmele ihr beruhigende Dinge zu, aber sie scheint nichts davon mitzubekommen. Ihr Blick flackert, sie verdreht die Augen und stöhnt ganz schrecklich.
    »Cecily.« Ich rüttele an ihren Schultern, damit sie wieder zu sich kommt. Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll. Sie ist diejenige, die all diese Bücher übers Gebären gelesen hat. Sie ist die Expertin und ich bin hier völlig nutzlos.
    Nutzlos und verängstigt.
    Sie hat recht. Es ist zu früh. Einen Monat hätte es noch dauern sollen und so viel Blut sollte da auch nicht sein. Ihre Beine krümmen sich vor Schmerz und das Blut ist
überall. Auf ihrem Nachthemd. Ihren weißen Spitzensöckchen.
    »Cecily.« Ich packe ihr Gesicht. Ihre Augen starren mich verständnislos an. Die Pupillen sind geweitet und ihr Blick ist starr. »Cecily, bleib bei mir.«
    Sie hebt den Arm, berührt mit ihrer kalten kleinen Hand meine Wange und sagt: »Du kannst mich nicht einfach verlassen.«
    An der Art, wie sie das sagt, ist irgendetwas seltsam, als würde das Delirium ihren Worten eine tiefere Bedeutung oder mehr Gewicht verleihen. So eine Angst, wie die in ihren braunen Augen, habe ich noch

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