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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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öffnete sich die Wohnungstür, und die alte Gnomin spähte besorgt in den Flur hinaus.
    »Kommen Sie nur«, meinte Brom, steckte den Teufelsgiftfrosch vorsichtig in seine Tasche zurück und nahm der alten Frau hilfsbereit den Mülleimer ab. »Ich helf Ihnen. Und entschuldigen Sie bitte die Sauerei im Hausflur.«
    Glas splitterte.
    »Vorsicht«, rief Bolgur schockiert. »Sonst könnte noch jemand verletzt werden!«
    Warum eines seiner vielen Ichs mit einer Keule auf ihn losgehen wollte, entzog sich seinem Verständnis. Vor wenigen Sekunden war noch alles so wundersam harmonisch und friedfertig gewesen, und jetzt so was.
    Es sagte einiges über seine herausragenden Barbarenreflexe, dass er sogar unter heftigstem Drogeneinfluss noch in der Lage war, den nächsten beiden Hieben auszuweichen.
    Klirrend zerbarsten zwei weitere Spiegel.
    »Gewalt ist keine Lösung! Wir sind doch alle eins!«, gab Bolgur zu bedenken.
    Das außer Kontrolle geratene Ich lachte boshaft und holte zu einem neuen Keulenhieb aus, der Bolgur den großen pinkfarbenen Stoffdrachen aus der Hand fegte.
    »Du wirklich ein Mädchen bist«, lachte es, und jetzt erkannte Bolgur erst, mit wem er es zu tun hatte.
    »Norgul«, murmelte er erschrocken.
    »Ja, ich es bin«, grollte der andere. »Du mich vermisst hast? Wo deine roten Schuhe sind?«
    »Meine … roten Schuhe?«, entgegnete Bolgur eingeschüchtert. »Die hab ich nicht mehr.«
    »Du trotzdem ein Mädchen bist«, grinste Norgul. Er gehörte zu der Sorte von Leuten, die ihre Lebensaufgabe auf dem Gebiet sprachlicher Kreativität mit der Erfindung und anschließenden ewigen Wiederholung eines einzelnen bescheidenen Satzes für bewältigt erachten.
    »Warum bist du so gemein?«, schniefte Bolgur. Seine treuherzigen Augen schimmerten feucht. Plötzlich fühlte er sich wieder so hilflos und einsam wie der von allen verspottete Ogerbarbarenschulknabe mit den roten Einhornponyschuhen, der er vor Jahren gewesen war.
    »Weil es macht mir Spaß«, lachte Norgul höhnisch. »Und weil es ist mein Job. Ich meinen Job liebe! Die Leute mir zahlen … eins … zwei …« Er zählte mit den Fingern. »… einen Haufen Gold, damit ich haue andere Leute mit meiner Keule. Obwohl ich nicht zu Ende gemacht hab die Schule! Und jetzt die Schwarze Viper mir zahlt … eins … zwei … noch mehr Gold, wenn ich ein für alle Mal dich erledige!«
    »Aber …« begann Bolgur, wurde jedoch von einem Fußtritt Norguls unterbrochen, der ihn durch den Spiegel hinter sich zurückschleuderte und in einem Scherbenregen zu Boden gehen ließ.
    Keuchend lag er auf dem Rücken und blickte zu dem Angreifer hoch, der breitbeinig über ihm stand.
    »Jetzt ich dich mache fertig«, verkündete Norgul. Grinsend hob er die Keule über den Kopf und holte zu einem furchtbaren Schlag aus.
    Und in diesem Moment der vollkommenen Ohnmacht ging eine Verwandlung mit Bolgur vor.
    Vielleicht lag es daran, dass inzwischen die härteren und böseren Bestandteile des Drogencocktails in seinem Blut die Oberhand gewonnen hatten, vielleicht waren archaische Barbarenogerinstinkte dafür verantwortlich, vielleicht war es aber auch einer jener seltenen Augenblicke plötzlicher Erkenntnis.
    Man muss zu seinem wahren Selbst stehen, hörte er eine ferne Stimme sagen . Und wenn einen die Gesellschaft nicht so akzeptieren will, wie man wirklich ist, dann muss man eben dafür kämpfen, mit allen Mitteln, egal was es kostet.
    Und genau das beschloss er zu tun.
    Er würde kämpfen.
    Lange genug hatte die Gesellschaft sein wahres Selbst unterdrückt.
    Wütend riss er sich das Gewürzkuchenherz vom Hals und schleuderte es auf seinen Feind.
    Es war vielleicht nicht das tödlichste Wurfgeschoss der Welt, aber es erfüllte seinen Zweck.
    Norgul blinzelte verdutzt, als das Gebäckstück von seinem Kopf abprallte, und das war genau ein Blinzeln zu viel, denn schon traf ihn ein Keulenschlag, der ihn gegen die Spiegel zurücktaumeln ließ.
    »Oh«, grollte er, überrascht von der plötzlichen Gegenwehr. »Das Mädchen beschlossen hat sich zu wehren!«
    Er bückte sich, um seine Keule aufzuheben, als plötzlich jemand hinter ihm sagte:
    »Norgul Hartschedel, Sie sind verhaftet.«
    Handschellen schlossen sich klickend um die Handgelenke des verwunderten Ogers.
    »He!«, rief er und wand sich vergeblich. »Was der Quatsch soll?«
    »Alles, was Sie sagen, kann und wird gegen Sie verwendet werden. Deshalb sollten Sie vielleicht besser die Klappe halten.«
    »Bruce!

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