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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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zu.
    Wieso er jetzt plötzlich zu schwitzen anfing, wusste Wieselvisage selbst nicht, schließlich war es nur ein kleines Mädchen, oder?
    Ihre Blicke schienen sich in seinen Hinterkopf zu bohren.
    Wieselvisage wandte sich ruckartig um.
    »Was willst du eigentlich von mir?«, schnappte er gereizt.
    Das Mädchen musterte ihn mit einem unheilvollen Lächeln.
    »Bist du schon mal geflogen?«, fragte es.
    »Ob ich … was ?«
    »Willst du es mal probieren?«
    Ein düsteres Feuer erschien in den Augen des kleinen Nachtelfenmädchens.
    »Hast du eigentlich schon wieder mein Handtuch benutzt, um deine Streitaxt zu reinigen?«, fragte Selphyne, während sie nebenher drei mit gezückten Säbeln heranstürmende Luftpiraten in ebensoviele rauchende Aschehäufchen verwandelte.
    »Nein«, entgegnete Brom und schaltete zwei Gegner mit einem einzigen Axthieb aus.
    Die Planken des Decks waren mittlerweile glitschig von Blut, und die Piraten mussten beim Entern über die Leichen ihrer gefallenen Kameraden klettern.
    »Komm schon, Brom«, beharrte Selphyne. »Das Tuch war ganz verschmiert von diesem Waffenfett, das du immer verwendest.«
    »Das war Bolgur«, behauptete Brom.
    »Stimmt ja gar nicht!«, protestierte der Ogerbarbar und fegte mit einem Keulenschwung einen Trupp Lufträuber über die Reling. »Brom lügt.«
    »Na gut.« Brom parierte einen Degenstoß mit dem Axtblatt. »Vielleicht hab ich es benutzt, kann sein. Aber nur aus Versehen.«
    »Darf ich dich an die Liste erinnern, die wir zusammen ausgearbeitet haben?«, rief Selphyne, die mit tödlichen Zaubersprüchen um sich warf. »Die Liste mit den Vereinbarungen, um das Miteinander in der Gruppe so zu gestalten, dass die Zufriedenheit aller Beteiligten gewährleistet ist?«
    »Ja …«, antwortete Brom. »Ich erinner mich undeutlich …«
    Selphyne holte einen Zettel aus der Tasche ihrer Zauberrobe, entfaltete ihn und las:
    »Punkt 43: Soweit nicht ausdrücklich anders vereinbart, sind die Handtücher der anderen Gruppenmitglieder tabu. Das gilt insbesondere für das ungenehmigte Reinigen von blutigen Waffen.«
    »Du tust ja so, als würde das dauernd vorkommen …«, grummelte Brom.
    »Entschuldigung, wenn ich euch unterbreche«, mischte sich einer der Piraten ein, die das Streitgespräch irritiert mit angehört hatten. »Aber ich hab irgendwie den Eindruck, dass ihr uns nicht so ganz ernst nehmt …«
    »Ruhe!«, entgegnete Brom. »Wir führen gerade eine Grundsatzdiskussion darüber, wie wir das Miteinander in der Gruppe so gestalten können, dass die Zufriedenheit aller Beteiligten gewährleistet ist.«
    Zwar konnte die strittige Handtuchfrage nicht restlos zufriedenstellend geklärt werden, dafür endete der Kampf jedoch mit einem um so eindeutigeren Ergebnis, nämlich mit der bedingungslosen Kapitulation der Luftpiraten, das heißt, der wenigen Überlebenden, die noch die Kraft aufbrachten, die weiße Fahne zu schwenken.
    Zu ihnen gehörte auch Käpt’n Zweibein, der angesichts dieser herben Niederlage das ein oder andere frustrierte »Arrr!« ausstieß und mit seinen Holzbeinen aufstampfte.
    »Siehst du«, sagte Brom, »ich hatte damals im Verlies recht: Man kann sehr wohl ein glückliches und erfülltes Leben führen, auch ohne Arme und Beine.«
    »Er hat zumindest einen Arm«, gab Selphyne zu bedenken. »Und er sieht nicht besonders glücklich aus.«
    »Zurzeit macht er eben eine schwere Phase durch, aber er wird schon wieder auf die Beine kommen. Im übertragenen Sinn.«
    Die Türen des Festsaals öffneten sich, und Brom, Selphyne, Bolgur und Nenia traten herein, begrüßt von dem begeisterten Applaus der versammelten High Society.
    Nach der Vereitelung des Luftpiraten-Überfalls war es unter den noblen Gästen der Königin Albereth  II zu einem bemerkenswerten Stimmungsumschwung gekommen, was ihre Haltung den Helden gegenüber betraf.
    Die Musiker spielten eine für Streichquartett arrangierte Version des auch in den Fernen Ländern bei solchen Anlässen gebräuchlichen Klassikers »For he’s a jolly good fellow«.
    »Danke«, lächelte Brom, rechts und links Hände schüttelnd, »danke sehr. Kein Problem. Ha’m wir doch gern gemacht.«
    Er hatte sich sogar zur Feier des Tages den Bart gekämmt, was allerdings keinen allzu großen Unterschied bedeutete.
    Und er hatte sein Kettenhemd sorgfältig von Blut und getrockneter Gehirnmasse gereinigt, und zwar mit Selphynes Handtuch.
    Aber diesmal hatte er sie vorher um Erlaubnis gebeten.
    Naja, nicht richtig

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