Totentrickser: Roman (German Edition)
dir würdig und mit gepflegtem Barthaar entgegentreten kann!«
Bolgur trat ein, Broms Kamm in der Hand.
»Suchst du den hier?«, fragte er vorwurfsvoll. »Der war in meiner Pflegeartikeltasche [ Auch Barbarenoger legen Wert auf ein gepflegtes Äußeres. ]. Jetzt ist da alles voll mit deinen Haaren.«
»Ein Wunder!«, rief Brom, den Kamm in die Höhe haltend. »Ein Wunder ist geschehen!«
Und mit einem überschwänglichen Yrth sei gepriesen! eilte er in seine Zelle.
Selphyne schüttelte den Kopf.
»Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber im Finsterklammer Dauer-Delirium hat er mir irgendwie besser gefallen.«
Sie wandte sich Falfnin zu, der träge am Tisch saß und einen Dolch auf seiner Fingerspitze balancierte.
»Und du solltest dich mal um deine Freundin kümmern. Ich glaube, du hast sie da in eine unschöne Situation gebracht.«
»Sie ist nicht meine Freundin«, entgegnete der Meisterdieb mürrisch. »Und ein bisschen Disziplinierung wird ihr bestimmt nicht schaden. Sie scheint mir der Typ zu sein, der gerne über die Stränge schlägt.«
»Höre ich da etwa gekränkte männliche Eitelkeit?«, lachte Selphyne. »Aber ernsthaft, du solltest wirklich mal nach ihr sehen. Diese ganze Ritualnummer kommt mir einigermaßen unheimlich vor. Und als galanter Abenteurer ist es doch deine erste Pflicht, bedrängte Jungfrauen in Not zu retten. Oder etwa nicht?«
Widerwillig stand Falfnin auf.
»Na gut«, knurrte er. »Wenn du meinst. Aber Jungfrau ist definitiv die falsche Bezeichnung für sie, da geb ich dir mein Wort drauf!«
Nachdem der Meisterdieb aus der Zelle gehumpelt war, setzte sich Selphyne an den Tisch und schlug das Buch auf, das sie aus der Bibliothek mitgenommen hatte.
Sie interessierte sich jedoch weniger für die gesammelten Offenbarungen Yrths, als vielmehr für etwas, das sie beim Blättern zwischen den Seiten gefunden hatte, etwas, das eigentlich nicht dorthin zu gehören schien …
Da war es.
Sie nahm den Gegenstand zwischen die Finger und betrachtete ihn rätselnd.
Es war ein flaches, etwa spielkartengroßes Ding, scheinbar aus durchsichtigem Glas gefertigt. Selphyne hatte dergleichen nie zuvor gesehen.
»Was hast du da?«, fragte Nenia neugierig, die bis eben still und – relativ gesprochen – friedlich mit Gorgontua und der Folterpuppe Marie-Luisa gespielt hatte.
»Wenn ich das wüsste«, murmelte Selphyne.
»Gib her.«
Die kleine Nachtelfe nahm ihr das gläserne Ding aus der Hand.
»Sieht aus wie ein Smart-Mirror «, stellte sie fest.
»Ein was ?«
»Ein Wunderspiegel zum Mitnehmen«, erklärte die kleine Nachtelfe. »Papa hat mir einen zum Geburtstag geschenkt. Man kann damit Spiele spielen und ins weltweite Zaubernetz gehen und mit Mama in der Hölle sprechen.«
»A … ha«, sagte Selphyne langsam.
Offenbar war sie in Sachen technologischer Fortschritt nicht ganz auf dem Laufenden.
»Irgendwo müsste man es einschalten können«, bemerkte Nenia und drehte das Ding hin und her.
Plötzlich erschienen bunte Bilder auf der gläsernen Oberfläche, seltsame Schriftzeichen tanzten darauf herum und fremdartige Laute ertönten.
Dann sagte eine gut verständliche Stimme:
»Übersetzungs-Applikation erfolgreich geladen. Hirnstromanalyse abgeschlossen, Lokalitäts-Einstellungen auf Ferne Länder gesetzt. Übertrage gespeicherte Botschaft Nummer Eins.«
»Sag ich doch!«, meinte Nenia. »Genau wie meins, nur mit besserer Auflösung.«
Selphyne beugte sich vor.
»Was in aller Welt ist das?«, hauchte sie.
Ein Gesicht erschien in dem Glas.
Es hatte sechs Augen, eine lange spitze Nase und riesige, fledermausartige Ohren.
Außerdem wirkte es sehr besorgt, das konnte die Gnomenmagierin trotz der eher fremdartigen Physiognomie deutlich erkennen.
»Logbucheintrag 234. Oktember 632902. 77 Uhr 8 Minuten 92 Sekunden standardisierte Raumzeit«, sagte das seltsame Wesen. »Erster Biotechnik-Offizier Zol an Bord der Confidentia 9X. Wer immer diese Botschaft findet …«
»Prudentia?«, flüsterte Falfnin und klopfte gegen die Zellentür der jungen Novizin. »Ich bin es, Falfnin.«
»Schwester Prudentia ist tot«, antwortete eine trotzige Stimme von innen. »Ich bin Lady Babylonia.«
»Ähm«, sagte Falfnin, »okay … ich wollte mich nur erkundigen, ob es dir gut geht.«
»Nein, es geht mir nicht gut!«, rief Lady Babylonia. »Diese frömmelnden Schwachmaten haben mich hier drin eingesperrt und ich hab eine solche Stinkwut, dass ich jetzt unbedingt
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