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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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etwas beizutragen hatte.
    »Genau das sage ich auch immer!«, rief Carmina. »Das System zerschlagen! Alle Macht der Revolution!«
    »Das ist doch zu kurz gedacht«, entgegnete Lysander. »Das System ist nicht das Problem.«
    »Nicht?«, fragte Bolgur, verdutzt die Stirn runzelnd.
    »Nein. Denn genau das lehrt uns doch der Nihilismus Schattensunder Prägung: Ein System ist so gut wie das andere.«
    »Da ist was dran«, nickte Jorgen.
    »Betrachten wir einmal ein praktisches Beispiel. Was machst du beruflich, Bolgur?«
    »Ich ziehe mit meinen Freunden durch die Welt und schlage böse Leute und Monster mit meiner Keule«, sagte Bolgur stolz.
    »Ein schöner Beruf. Aber hast du dich schon mal gefragt, warum du ihn eigentlich ausübst?«
    »Weil …«
    Bolgur stutzte.
    »Weil es gut ist, böse Leute mit der Keule zu schlagen?«, mutmaßte er schließlich.
    »Es wäre gut, wenn es dadurch weniger Böses in der Welt geben würde. Aber wird denn das Böse wirklich weniger?«
    Bolgur überlegte.
    »Nein?«, fragte er unsicher.
    »Ganz genau. Das Böse wird nicht weniger. Und woran liegt das wohl?«
    »Weil es sehr viel davon gibt?«
    »Das wäre eine mögliche Antwort. Aber nein, das Problem liegt wesentlich tiefer.«
    »Genau. Das eigentliche Problem ist«, sagte Jorgen, »dass es weder Gut noch Böse gibt.«
    »Tatsächlich?«
    »Nein. Denn Gut und Böse sind ganz willkürliche Begriffe. Was der eine gut nennt, nennt der andere böse, und umgekehrt. Es gibt weder das eine noch das andere wirklich. Das Einzige, was es wirklich gibt, ist das Nichts.«
    »Aber … aber …«, begann Bolgur und verstummte.
    So hatte er die Sache noch nie betrachtet.
    »Bestimmt arbeiten du und deine Freunde gerade jetzt wieder an einem Abenteuer?«, fragte Lysander.
    »Ja«, nickte Bolgur, »wir suchen diesen Totenbeschwörer, und …«
    »Totenbeschwörer!«, wiederholte Carmina. »Also das macht total Sinn! Weil es nämlich überhaupt keinen Sinn macht! Es gibt keinen Totenbeschwörer!«
    »Nicht?«, fragte Bolgur kleinlaut.
    »Nein! Wenn es weder Gut noch Böse gibt, gibt es auch keinen Totenbeschwörer. Das eine geht ganz klar aus dem anderen hervor!«
    »Aber …«
    »Ja natürlich!«, rief Jorgen und schlug so heftig auf die Tischplatte, dass Bolgur zusammenzuckte. »Du hast recht! Es gibt keinen Totenbeschwörer! Der Totenbeschwörer ist nur ein Symbol für …«
    »… die Vergeblichkeit ihrer Suche nach dem nicht existierenden Totenbeschwörer, ein Symbol für die Sinnlosigkeit an sich!«, schloss Carmina mit nihilistischer Logik.
    Bolgur blickte die drei mit offenem Mund an.
    »Aber … aber …«, stotterte er wie erschlagen.
    Brom griff nach seinem Glas.
    Das Glas hatte die Unverschämtheit, sich nicht an der erwarteten Stelle zu befinden.
    Brom versuchte es noch einmal.
    Das Glas wich geschickt aus.
    Dritter Versuch.
    Und wieder daneben.
    Brom kniff die Augen zusammen.
    Hier war offenbar taktisches Geschick erforderlich.
    Er spielte den Unbekümmerten, pfiff leise vor sich hin.
    Dann, urplötzlich, griff er an.
    …
    Wieder daneben.
    Wütend schlug Brom mit der Faust auf die Theke.
    »Jetzthaichabergenug!«, lallte er. »Barkeeper! Barkeeper! Nneues Glas! Dashiermeint, es k-k-kannmich verararschen!«
    Der Barkeeper brachte ein neues Glas und schenkte es voll, dann schob er es Brom so hin, dass der es endlich zu fassen bekam.
    »Ah! Dasisbesser!«, triumphierte der Zwergenkrieger, hob das Glas an den Mund und schüttete sich den größten Teil des Inhalts in seinen Bart.
    »Dieses Egalgegesöff isziemlich llllllasch!«, behauptete er. »Aberichbinja auch nicht zum Ssssaufenhier.«
    Er lachte fröhlich in sich hinein.
    »Barkeeper! Bark-k-keeper! Ich verratat dirmaln Geheimnis! Eintlich w-willicheuch hier bloß aushorchn! Vonwegenwo dieser Heini, dieser Dingens, nasachschon, dieser Dunkelblut is. Aberdas sssagicheuch nich so direkt! Weilichnämlich n ganz clevresBürschchen bin!«
    Aus Freude über seinen raffinierten Coup schlug er sich mit der flachen Hand auf das Knie.
    Plötzlich veränderte sich sein Blick.
    »Irndwie ismir nbisschn … komisch«, sagte er, und dann knallte er mit der Stirn auf die Theke und alles wurde dunkel.
    Das Letzte, was er wahrnahm (obwohl die Informationen nicht mehr wirklich bis in sein Gehirn vordrangen), war der Barmann, der ein Glas abtrocknete und ihn dabei alarmierend zufrieden angrinste.
    Und im Hintergrund schluchzte Bolgur verzweifelt:
    »Aber dann ist ja alles total

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