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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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in Ordnung? Hast du eine Ahnung, wo wir hier sind?«
    Bolgur hob den Kopf.
    Tränen schimmerten in seinen treuherzigen Augen.
    »Auf einem kahlen Felsbrocken, der sinnlos durchs Weltall rollt, geschlagen mit dem Fluch des Daseins, ohne Hoffnung auf Erlösung«, sagte er mit zitternder Stimme.
    »Öha. Und ich dachte, ich wär mies drauf«, entgegnete Brom.
    Die Tür der Kerkerzelle öffnete sich, und ein uralter Nachtelf betrat den Raum. Er trug einen nach Mottenkugeln riechenden Totenbeschwörer-Anzug, mit dem er sicherlich auf jedem Totenbeschwörerabschlussball vor dreihundertfünfzig Jahren als ausgesprochen fesch gegolten hätte. Er ging so krumm, dass sein Unter- und sein Oberkörper zusammen einen 90°-Winkel bildeten. Mit einer Hand stützte er sich auf einen Krückstock, in der anderen hielt er ein überdimensioniertes Hörrohr.
    »Hähähä«, lachte er mit brüchiger Stimme. »Was ist uns denn da Hübsches in die Falle gegangen?«
    Kurzsichtig starrte er ein Skelett an, das zwei Meter neben Brom an die Wand gekettet war.
    »Wenn du noch etwas zu sagen hast, dann ist das hier die letzte Gelegenheit, Bürschchen!«
    »Ich würd meinen, der Kollege schwingt eher keine großen Reden mehr«, bemerkte Brom hilfreich. »Der hat’s hinter sich, und das nicht erst seit gestern.«
    Der Nachtelfengreis warf den Kopf herum und kniff misstrauisch die Augen zusammen.
    »Wer hat das gesagt?«, krächzte er.
    »Ich bin hier drüben«, antwortete Brom.
    Der Nachtelf humpelte in die Richtung, in der er mit dem Hörrohr die Stimme geortet hatte.
    »Aha! Wir halten uns wohl für ganz besonders schlau, was?«
    »Nein«, sagte Brom. »Der Intellektuelle der Truppe ist Bolgur. Ich bin der Scherzbold. Oder andersrum, der Scherzbold ist Falfnin. Dann bin ich der Frauenschwarm. Und Selphyne ist die Spirituelle mit der Neigung für workuboschianische Mystik und Sphärenzithermusik. Aber das ist nur unser öffentliches Image. Hinter den Kulissen sind wir eigentlich ganz anders.«
    Der Nachtelfengreis presste das Hörrohr gegen sein Ohr.
    Seinem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass er kein Wort verstanden hatte.
    »Ach ja?«, sagte er unsicher. »Damit ist jetzt Schluss! Ihr habt geglaubt, ihr könnt den alten Irenicus Dunkelblut überrumpeln. Aber da habt ihr euch geschnitten!«
    »Du bist Irenicus Dunkelblut? Das trifft sich gut, weil nämlich …«
    »Ruhe!« Dunkelblut pochte mit seinem Krückstock auf den Boden. »Ich bin vor euch gewarnt worden! Ihr seid gekommen, um mir den größten aller Schätze zu rauben!«
    »Schätze?« Broms Zwergengene regten sich.
    »Unverschämtheit! Ich habe keine Krätze!« Irenicus Dunkelblut kratzte sich an seinem Hals und verursachte damit ein feines Schneegestöber, das winterlich durch den Raum schwebte. Er griff in seine Tasche und holte einen Zettel hervor, den er umständlich entfaltete. »Hier! In diesem anonymen Brief warnt mich jemand davor, dass vier Helden auftauchen werden, die mir nach dem Leben trachten!«
    »Da bist du falsch informiert worden!«, rief Brom in harthörigenfreundlicher Lautstärke. »Wir sind hier wegen Nenia, deiner Großnichte!«
    »Mich vernichten!«, lachte Dunkelblut heiser. »Das hättet ihr wohl gern!«
    »Nicht vernichten!«, schrie Brom. »Nichte!«
    »Du brauchst nicht zu schreien!«, erwiderte Irenicus. »Das ändert auch nichts daran, dass ihr mich niemals vernichten werdet!«
    »Nichte!«, brüllte Brom. »Die Tochter deines Neffen Thanatos! N - I … E - C - H … äh… E … T …« An dieser Stelle ließen ihn seine Buchstabierfähigkeiten im Stich. »Ach verdammt!«, wandte er sich an Bolgur. »Hilf mir doch mal!«
    Der Barbarenoger atmete schwer ein und dann wieder aus.
    »Der Tod ist nicht die logische Vollendung des Lebens, sondern nur dessen unvermittelter Abbruch, an dem sich seine Sinnlosigkeit erweist«, philosophierte er nihilistisch.
    »Intellektuelle!«, schnaubte Brom. »Wenn man mal einen praktischen Rat von ihnen braucht, kommen sie einem nur mit diesem Es-ist-ja-sowieso-alles-vergeblich-Mist . Und das soll dann tiefsinnig sein!«
    »Das Lachen wird euch bald vergehen!«, höhnte Irenicus. »Ist das nicht sehr passend? Ihr seid gekommen, um mich zu töten, und jetzt seid ihr es, die der Tod ereilen wird!«
    »Opa«, knurrte Brom, »ich weiß wirklich nicht, wie ich es dir noch deutlicher sagen soll. Niemand hier will dich töten. Naja, ich mittlerweile schon ein bisschen, um ganz ehrlich zu sein«, korrigierte er sich.
    »Ja genau!

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