Totentrickser: Roman (German Edition)
Bolgur meint zwar, das wär nur eine Metapher für unseren unstillbaren Durst nach Glück und einem erfüllten Dasein, aber da kann ich ihm nicht ganz beipflichten. Wenn es so weiter geht, wird Durst demnächst mein kleinstes Problem sein.«
»Heb mich mal hoch.«
Falfnin half Selphyne mit einer Räuberleiter in die Höhe, damit die Gnomenmagierin durch das schmale Sichtfenster blicken konnte.
Das Wasser in der Zelle war inzwischen auf über einen Meter angestiegen, was bedeutete, dass es Brom bis an den Bart reichte, während Bolgur, der um einiges größer war, nur bis an die Hüfte darin versank.
»Ich hab doch gesagt: Haltet euch vom Alkohol fern«, meinte Selphyne mit leiser Genugtuung. »Jetzt habt ihr euch mal wieder ganz schön tief reingeritten.«
»Ja, ja«, grummelte Brom. »Andere Leute machen ja nie Fehler!«
»Das ist eine originale Niebruch-Zellentür«, erklärte Falfnin, die Magierin herunterlassend. »Patentierter Achtfach-Schließmechanismus, Anti-Magie-Schutz und lebenslange Garantie bei Durchrostung. Das kann eine Weile dauern, bis ich die aufbekomme.«
»Lass dir ruhig Zeit«, erwiderte Brom. »Wenn es länger als fünf Minuten dauert, wachsen mir bis dahin ja vielleicht Kiemen.«
Bolgur unterbrach seine gemurmelten Klagetiraden und hob den Kopf.
»So funktioniert die Evolution nicht«, stellte er betrübt fest.
»Toll, dass man von dir noch was anderes zu hören kriegt als: Ohneinohnein! Das Nichts wird uns alle verschlingen!«, versetzte Brom. »Nicht, dass es sonderlich hilfreich wäre, aber immerhin.«
»Ich könnte mich zu ihnen rein teleportieren«, schlug Selphyne vor, »und schon mal versuchen, sie von den Ketten zu befreien, während du mit der Tür beschäftigt bist. Nenia bleibt bei dir.
Und sorg dafür, dass sie sich von der Tür fernhält, falls die sich plötzlich öffnet und der Gang überschwemmt wird.«
»Gut«, nickte Falfnin, sein Diebeswerkzeug auspackend.
»Macht euch nur keine Umstände«, meinte Brom. »Wir kommen aus dem Nichts und gehen wieder ins Nichts zurück. Was haben wir also großartig zu verlieren?«
»Eine wohlbegründete Anmerkung«, nickte Bolgur.
Plötzlich erschien die Magierin in der Zelle.
»Kalt!«, schnaufte sie, tief im Wasser stehend.
»Ja«, sagte Brom, »ist nicht gerade schönstes Badewetter. Aber man gewöhnt sich dran. Und wenn man der Natur freien Lauf lässt, wird es sogar kurzfristig angenehm warm.«
»Ähh! Das ist ja widerlich!«, ekelte sich Selphyne und watete einige Schritte von Brom weg.
»Wieso? Das hab ich doch sehr gesittet ausgedrückt: Der Natur freien Lauf lassen. Den Spruch hab ich vom Fürsten von Holdernich, als er schon dermaßen einen im Tee hatte, dass das nicht mehr so ganz von seinem Willen abhing. Für solche Fälle hat er immer einen Kammerdiener, der mit einem Paar neuer Hosen in Lauerstellung wartet. Ich hab diese adeligen Schnösel falsch eingeschätzt, die wissen schon, was Lebensart ist.«
»Unsere Körperfunktionen haben in ihrer Banalität etwas Demütigendes«, merkte Bolgur diesbezüglich an. »Aber sie sind alles, was uns ausmacht.«
»He!«, ließ sich Falfnin vernehmen. »Ich hab hier draußen glaub ich zufällig den Schalter gefunden, um das Wasser abzustellen. Gebt mir mal ein Zeichen, ob sich was verändert.«
Etwas rappelte mechanisch, dann sprudelte das Wasser plötzlich doppelt so schnell in die Zelle.
»Besser oder schlechter?«, fragte Falfnin.
»Schlechter!«, riefen Brom und Selphyne. »Viel schlechter!«
»Ähm, na gut, ich kümmere mich vielleicht doch lieber erst um die Tür«, sagte der Meisterdieb. »Jetzt rächt es sich, dass ich auf der Diebesakademie so oft Mechanismen & Fallenkunde geschwänzt habe …«
»Es sind ja nicht deine demütigend banalen Körperfunktionen, die darunter zu leiden haben«, erwiderte Brom.
Das Wasser stieg jetzt um mehrere Zentimeter in der Minute und reichte dem Zwergenkrieger bereits bis unter das Kinn.
»Ich werde versuchen, die Ketten mit einem Zauber durchzubrennen«, sagte Selphyne. »Macht so lange die Augen zu. Und komm ja nicht auf die Idee, der Natur freien Lauf zu lassen, während ich neben dir stehe!«, warnte sie Brom.
»Was denkst du denn von mir! Ich weiß doch, wie man sich in Gegenwart einer Dame zu verhalten hat.«
»Ach ja? Seit wann das denn?«
»Der Fürst von Holdernich hat mir damals auf dem Luftschiff zu diesem Thema ein paar wertvolle Tipps gegeben.«
»Na, da haben sich ja zwei gefunden. Augen zu, das könnte
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