Totenwache - Thriller
toter Mann, sobald er zur Tür hereinkommt. Liebst du ihn wirklich, Riley? Du bist die Einzige, die ihn retten kann - die uns alle retten kann.«
Riley stürmte zum Hinterausgang.
»Wo willst du hin?«
»Ich will meine Seele retten«, antwortete Riley. »Über mein Leben kann ich mir später noch Gedanken machen.«
»Aber du kannst doch gar nicht laufen - in deinem Zustand.«
»Es gibt nun mal Dinge, die für mich nicht zur Disposition stehen, Sarah -, wenn ich muss, kann ich alles.«
»Aber du glaubst doch wohl nicht, dass Santangelo dich entkommen lässt.«
»Wo ich jetzt hingehe, findet der mich nie.«
»Riley, er wird dich verfolgen - du kennst ihn nicht.«
Riley stürmte schwankend in die Dunkelheit hinaus.
»Falls du zurückkommst, bin ich nicht mehr hier«, rief Sarah ihr nach. »Wenn er merkt, dass du abgehauen bist, bin ich erledigt.«
Riley taumelte einfach weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen, schleppte sie sich mit letzter Kraft zum Fuß der Kohlehalde. Sarah sah nur noch schemenhaft eine dunkle Gestalt. »Ich liebe dich«, rief sie ihrer Schwester ein letztes Mal nach.
Dann erschien plötzlich Santangelo vorne in der Küche und sah, dass Sarah allein in der Tür stand und nach draußen schaute. »Wo ist sie?«, fragte er.
»Weggelaufen.«
Sarah hörte seine Schritte, die rasch näher kamen. Dann ein Augenblick der Stille, bevor direkt hinter ihrem Kopf die Trommel eines Revolvers einrastete. Sie schloss die Augen und wartete …
Dann wurde die Trommel weitergedreht. Santangelo drängte sich an ihr vorbei durch die Tür. »Die hole ich mir«, sagte er. »Und Sie warten hier. Falls der Fliegenmann hier erscheint, dann halten Sie ihn gefälligst so lange auf, bis ich wieder da bin - kapiert? Und keine krummen Touren, Angel. Wenn Sie meine Anweisungen befolgen, könnte es vielleicht sogar sein, dass ich Sie am Leben lasse.«
Dann verschwand er in der Dunkelheit.
45. Kapitel
Nick fuhr ohne zu bremsen durch die beiden Schranken. Schwarz-weiße Holzstücke krachten vorne auf die Haube und auf das Dach. Er raste durch die Stadt, und rechts und links flogen die leer stehenden Häuser an ihm vorbei. Als er um die letzte Ecke bog, erschien im Scheinwerferlicht ein Gebüsch, das vielleicht noch dreißig Meter von Rileys Haus entfernt war. Hinter dem Gebüsch war eine silbergraue Limousine versteckt; auf der Beifahrerseite war das Fenster heruntergelassen.
Also ist er schon da.
Nick schaltete die Scheinwerfer aus und parkte direkt hinter der Limousine. Falls ihn jemand erwartete, war es ohnehin schon zu spät. In der stockfinsteren Stadt Mencken waren Autoscheinwerfer so auffällig wie ein Signalfeuer. Als er zum Haus ging, war ringsum alles vollkommen still, auch ein Licht war nirgends zu entdecken. Weit und breit kein Lebenszeichen - ob es hier kein Leben mehr gab? Nick hatte plötzlich einen galligen Geschmack im Mund.
Er wollte gerade seitlich am Haus vorbeigehen, um durch eines der Fenster zu spähen, als die Eingangstür aufflog und Sarah herauskam. Eine Taschenlampe tastete den Boden vor ihm ab.
»Nick! Sind Sie das?«
»Wo ist Riley?«, brüllte er.
»Sie ist nicht hier. Kommen Sie erst mal rein. Ich muss unbedingt mit Ihnen reden.«
»Hm«, brummte Nick. »Das können wir auch hier draußen.«
Sarah stürmte auf ihn zu. Nick beäugte die Büsche ringsum, erwartete eigentlich schon, dass jeden Augenblick eine bewaffnete Gestalt in sein Blickfeld treten würde. Aber Sarah war wirklich allein. Sie warf ihm die Arme um den Hals und fing an zu schluchzen. »Ich muss Ihnen unbedingt etwas beichten«, sagte sie.
Nick machte sich von ihr los und schob sie von sich weg. »Ich weiß ohnehin Bescheid, Sarah. Sie hatten mir doch Ihren Frisierbeutel gegeben, damit ich den undichten Behälter mit den Mücken darin einwickeln kann. Sanjay hat in dem Beutel ein paar Haare von Ihnen gefunden - ich meine: echte Haare. Bei der Arbeit tragen Sie ja diese rote Perücke. Sanjay hat Ihre DNS mit den Blutprofilen verglichen, die er aus den Mücken isoliert hat. Eins der Profile stimmt exakt mit Ihrer DNS überein. Sie müssen also in der Nacht, als Leo umgebracht worden ist, in seiner Wohnung gewesen sein. Sie spielen für diese Verbrecher den Lockvogel. Sie sind die Frau mit dem langen rotbraunen Haar.«
»Genau das wollte ich Ihnen gerade erzählen.«
»Können Sie sich sparen«, sagte er. »Mich interessieren nur zwei Dinge: Wo ist Riley, und wo steckt Ihr Partner Santangelo?«
»Riley
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