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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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UNO-Soldaten. Soll richtig gemütlich dort sein.«
    Odd Molin stand auf und sammelte seine Unterlagen ein.
    »Denken Sie an die Besichtigung Ihres Hauses. Übrigens, wenn Sie heute Abend nichts Besonderes vorhaben, dürfte ich Sie vielleicht zu einer kleinen Segeltour, Gravad Lachs, Erdbeeren und ein bisschen Sekt, einladen? Die Victoria liegt unten im Sportboothafen. Sie ist ein ungewöhnlich hübsches Mahagoniboot. Eine Segeltour ist immer gut, wissen Sie.«
    »Dank für die Einladung, aber ich glaube, eine Segeltour kommt nicht infrage. Ich muss zwei müde und verdreckte Kinder aus dem Kindergarten abholen und sie baden.«
    »Selbst schuld«, meinte Odd mit einem verführerischen Blinzeln und tänzelte zur Tür hinaus.

10
    Nach dem Mittagessen war Erika Lund so weit, dass sie mit hinaus zu dem unfreiwilligen Nerzfarmer, Ivan Sirén, fahren konnte, um mit der technischen Untersuchung des Tatortes anzufangen. Erika hatte das Buch »Die Wolfsfrau erzählt« gelesen. Maria fragte sich, wann sie zuletzt ein Buch aufgeschlagen hatte. Aufgeschlagen hatte sie vielleicht eins, aber gelesen schon lange nicht mehr, obwohl das Bücherregal an der Wand im Wohnzimmer vom Boden bis an die Decke mit Büchern gefüllt war. Als sie Krister getroffen hatte, war sie eine Art Bücherwurm gewesen, aber inzwischen war sie langsam, aber sicher in die Rolle der Mutter von Kleinkindern geschlüpft, in der Bücher nun mal zurückstehen mussten und nur von weitem geliebt werden durften. Wenn man tagsüber nicht mal einen Knopf annähen kann, ohne dabei dreimal gestört zu werden, und nicht mal auf der Toilette in Ruhe gelassen wird, versteht es sich von selbst, dass man nicht zum Lesen kommt. Aber Erika Lund hatte, wie gesagt, das Buch über Frauen, die mit Wölfen lebten, gelesen, und Maria hörte aufmerksam zu, hungrig nach intellektueller Stimulanz.
    »Diese Therapeutin, die das Buch geschrieben hat, ließ die Frauen Fotografien von ihren weiblichen Ahnen mitbringen, den Frauen in ihren Familien, und dazu Texte schreiben, die folgendermaßen eingeleitet wurden: ›Von diesen Frauen stamme ich ab.‹«
    Maria fand den Gedanken ganz interessant. Woher bekommt man seine Frauenrolle? Das Erbe wiegt schwer. Wie oft hatte sie sich nicht vorgenommen, es anders als ihre Mutter zu machen, wenn sie eigene Kinder bekam, und trotzdem tat sie dann genau das Gleiche: half ihnen, Milch aus vollen Verpackungen einzugießen, ließ sie nicht ohne Mütze und Handschuhe aus dem Haus und zwang sie, den Teller leer zu essen. Eine richtige Glucke war sie, und seit ihr Linda vor einem halben Jahr beinahe weggenommen worden war, hatte sich das nicht gerade gebessert. Es geschah häufig, dass sie nachts aufstand, um festzustellen, dass mit den Kindern alles in Ordnung war, dass sie atmeten.
    »Danach, wenn die Frauen sich mit ihrer Ahnenschar beschäftigt haben, sind sie bereit, sich einer neuen Gruppe von Frauen anzuschließen. Frauen, die sie sich selbst aussuchen. Anderen Wölfinnen, die ihnen helfen, reifer und erwachsener zu werden, Wildheit und Kreativität zuzulassen. Wölfe stehen unverdient in schlechtem Ruf, meint die Autorin. Vielleicht weil die Männer von deren Wildheit abgeschreckt werden. Die Wölfin hat viele gute Eigenschaften, die hervorgehoben zu werden verdienen: Mut, Ausdauer und Loyalität. Wölfinnen fragen sich nicht gegenseitig, wie viele Jahre sie auf dem Buckel haben. Sie fragen: Wie viele Narben hast du auf deiner Seele? Ein unerhört interessantes Buch.« Erika machte eine enthusiastische Handbewegung und bog unvorschriftsmäßig ohne zu blinken nach links ab.
    »Ich glaube nicht, dass man allzu streng sein sollte, wenn es um die Einstellung der Männer zu Frauen geht. Es gibt viele Männer, die kreative Frauen unterstützen, ebenso wie es Mitschwestern gibt, die eifersüchtig jeden Versuch beobachten, den Kopf zu heben oder vom üblichen Muster abzuweichen. Ich glaube eher, das ist eine Frage der Großzügigkeit oder des Selbstvertrauens, als eine Frage der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht«, gab Maria zu bedenken und dachte an ihren Vater, der oft wie ein Schatten hinter ihr stand und ihr zuflüsterte: Das machst du ja wunderbar! Das schaffst du, Maria!
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Du hättest das Buch lesen sollen. Es ist ungeheuer interessant, sich die Frauen anzusehen, von denen man abstammt: Erika, geboren von Emma, geboren von Svea, geboren von Agnes. Festzustellen, wie gerade meine Rolle von den Wünschen

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