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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Äußeres, der Gestank nach angebranntem Essen und Müll verbreiteten die gleiche Aura wie das Treppenhaus. Klar hatte er Äther gekauft. War das denn verboten, oder was? Sie wurden durch eine dreckige, verräucherte Wohnung geführt, stiegen über Haufen von Bierdosen und schmutziger Wäsche in ein kahles Zimmer mit fleckiger Schaumstoffmatratze auf dem Boden und von dort hinaus auf einen Balkon.
    »Meine Schwester hatte Mäuse.« Per Trägen fuhr sich nachdenklich durch den zentimeterlangen Bart und starrte auf seine nackten, relativ sauberen Füße. Eins der Augen und der Mundwinkel hingen herab. Seine Aussprache war undeutlich. »Die Mäuse haben sich maßlos vermehrt und sind ausgerissen und in der Wohnung herumgelaufen. Überall waren Mäuse, massenweise. Sie hat sie nicht mehr im Griff gehabt. Wenn jemand die Wohnungstür aufmachte, sind die Mäuse ins Treppenhaus gelaufen und dann in andere Wohnungen. Die Nachbarn beklagten sich. Meine Schwester wäre beinahe rausgeflogen. Zuerst hatte sie nur zwei kleine Mäuse aus dem gleichen Wurf. Da waren die ja noch richtig süß. Als ich ihr gesagt habe, dass die weibliche Maus schwanger ist, wollte sie mir einfach nicht glauben. Die Mäuse waren doch Geschwister. So was machen die nicht, sagte sie beleidigt. Dann kam es, wie es kommen musste!« Per Trägen öffnete den Deckel eines Eimers, der in einer Ecke an der Hauswand stand. Arvidsson wandte den Kopf ab und stöhnte, nachdem er hineingesehen hatte. Der Eimer war voller toter Mäuse und stinkendem Wasser. In der Sommerhitze hatte die Verwesung eingesetzt.
    »Was wollten Sie mit dem Äther tun?«, fragte Hartman und versuchte wieder auf ihr ursprüngliches Anliegen zurückzukommen.
    »Man ist ja Tierfreund. Ich habe sie mit Äther auf einem Taschentuch betäubt, das ich in den Eimer gesteckt hatte. Danach habe ich sie ertränkt, wenn sie eingeschlafen waren.«
    »Das Taschentuch, haben Sie das aufgehoben?«
    »Ich hab es da wieder hingelegt, wo ich es gefunden habe. Ich habe es auch wieder ordentlich zusammengefaltet. Ich hoffe, der Besitzer findet es. Ich habe es nicht beschädigt, nur ein wenig ausgeliehen.«
    »Wo war das?«
    »Auf dem Parkplatz vor der Goldenen Traube. Man ist ja ein rechtschaffener Mitbürger, Herr Wachtmeister.«
    »Darf man fragen, warum Sie sich die Mühe gemacht und das Taschentuch zurückgebracht haben?«, fragte Arvidsson verblüfft.
    »Das war so hübsch bestickt. Meine kleine Mutter hat abends vor dem Kamin immer so fleißig gestickt. Ich weiß, wie lange Zeit man für so eine englische weiße Stickerei mit Löchern und kleinen Knoten braucht«, antwortete Per empfindsam und wischte sich mit der Faust über die Augen.

    An diesem Abend, als Hartman in seinem abgewetzten Sessel vor dem defekten Fernseher saß, überlegte er im Stillen, ob man Peggy nicht eine kleine Ätherkur verpassen konnte. Würde so was als ein natürlicher Tod aufgefasst werden, oder würde seine Frau dahinter ihre bessere Hälfte vermuten? Das war hier die Frage.

9
    »Last uns davon ausgehen, dass Clarence Haag gegen seinen Willen entführt worden ist. Marias Beobachtungen und die Zeugenaussagen aus der Goldenen Traube deuten darauf hin. In diesem Fall hat der Mann mit der Mütze sich mindestens der Entführung eines Menschen oder der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Andererseits haben wir dafür keinen eigentlichen Beweis. Wie Maria schon sagt, sieht das Ganze nach einem Polterabend-Streich aus. Weshalb sollte sich ein Kunde mit Clarence verabreden und dann den teuren Wein in die Blumenkübel der Goldenen Traube gießen? Warum sollte jemand Clarence Haag entführen wollen? Lösegeld ist nicht gefordert worden. Er macht auch nicht den Eindruck, als ob er so reich wäre, dass sich die Mühe lohnt, meine ich.« Hartman lehnte sich zurück und schaukelte nachdenklich mit dem Stuhl, rührte in der Kaffeetasse und stocherte gedankenvoll mit dem Kaffeelöffel in seinem Ohr.
    »Die Frage ist, warum der Mützenmann Clarence ein Taschentuch vor das Gesicht gehalten hat, sofern das nicht mit Äther präpariert war. Wern kann Recht haben mit ihrer Vermutung, dass er darin eine Waffe versteckt hielt.« Arvidsson streckte die Beine unter dem Tisch aus und berührte dabei Marias Fuß. Verlegen zuckte er zusammen und setzte sich wieder gerade hin.
    »Vielleicht verhält es sich so«, fuhr Hartman fort, »dass Clarence wollte, dass es so aussah, als ob er entführt würde. Aber das scheint doch noch unlogischer. Warum

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