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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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entfernt war, die er am Telefon zum Ausdruck gebracht hatte, als sie über Rosmarie Haag gesprochen hatten. Eine Tasse Kaffee kann niemals schaden! Auf dem Weg in die Küche sah sie Odd wie einen Verkäufer in der Herrenausstattungsbranche vor sich: Ein schwarzes Oberhemd ist immer richtig. Aber nicht doch, Herr Molin, ein schwarzes Oberhemd ist völlig fehl am Platze, wenn man ein Kind hat, das sich ständig übergibt. Oder als Autoverkäufer. Ein rotes Auto ist immer richtig. Stimmt nicht, Odd, wenn man sich unbemerkt in einem Kriegsgebiet bewegen will, kann ein rotes Auto den sicheren Tod bedeuten. Maria reichte den Kaffeebecher mit einem versonnenen Lächeln hinüber, das zu einem glucksenden Lachen wurde, als Odd Molin ahnungslos erklärte, dass ein wenig Milch im Kaffee immer richtig sei.
    Problemlos konnte Odd Molin nachweisen, dass die Finanzen der Firma solide waren. Clarence kümmerte sich um die finanziellen Dinge und er selbst hielt den Kontakt zu den meisten Kunden. Das schien eine durchdachte Arbeitsteilung zu sein. Er hatte nicht die blasseste Ahnung, wen Clarence in der Goldenen Traube getroffen haben konnte. Es war ja auch nicht ganz abwegig, dass es sich um eine rein private Investition handelte, meinte er.
    »Was könnte Clarence Ihrer Meinung nach zugestoßen sein? Haben Sie sich darüber Gedanken gemacht?«, wollte Maria wissen.
    »Sein größtes Problem ist ohne Zweifel Rosmarie. Ich glaube nicht, dass sie mental ganz gesund ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie ist völlig versessen auf ihre Pflanzen. Sie spricht von ihnen, als ob es sich um lebendige Wesen handelt.«
    »Aber das sind sie doch.« Maria sah den blühenden Garten in seinem kraftvoll überschwänglichen Grün vor sich. »Höchst lebendig.«
    »Sie begreifen das nicht, sie ist Veganerin. Neulich, als wir ein Essen mit Geschäftsfreunden hatten, machte sie alles kaputt, indem sie über unwürdige Tiertransporte mit gestressten Tieren sprach, deren Hormone dann auf dem Teller landen und ins Blut wandern. In allen Einzelheiten schilderte sie uns, wie das Schlachten vor sich geht und wie die Transporte von Schlachtvieh den Treibhauseffekt fordern, und schloss ihre Ausführungen mit einer langen Rede über BSE und Tiermehl ab. Die Leute wollen einen Restaurantbesuch doch genießen. Sie zieht all ihre Lebensmittel selbst, giftfrei und ohne Kunstdünger. Wenn man bei denen zu Besuch ist, riecht es so nach Hühnerscheiße, dass einem die Tränen in die Augen steigen. Ich verstehe schon, dass Clarence manchmal wütend wird. Er hätte bei mir wohnen können, wenn er nur ein Wort gesagt hätte.«
    Maria lächelte vor sich hin. Nächstes Mal, wenn sie Gemüse einkaufte, würde sie es bei Rosmarie tun. Naturbelassene Produkte waren teuer, aber sie wollte ihren Kindern giftfreies Essen vorsetzen. In der derzeitigen Situation war Rosmaries Gärtnerei ganz bestimmt eine Alternative. Man stelle sich vor, die EU würde mit ihrer Landwirtschaftspolitik den giftfreien Anbau von Gemüse fördern, statt sich solcher Nebensächlichkeiten zu widmen wie der Frage, ob alle Gurken gleich lang sein sollen. Offenbar um der Gerechtigkeit willen mussten alle EU - Bürger gleich giftige Lebensmittel und gleich große und gleich runde Erdbeeren essen. Anforderungen an die Umweltverträglichkeit durften nicht zur Behinderung des Handels führen, das war der eigentliche Sinn. Stattdessen sollte man keine krummen Gurken mehr kaufen dürfen.
    »Sie wissen also nicht, wo er ist?«
    »Nein, aber er wird wohl wieder auftauchen, wenn er sich entschieden hat, wie es mit der Frau weitergehen soll.«
    »Noch eine Sache. Können Sie etwas über die Alkoholgewohnheiten von Clarence sagen?«
    »Nein. Was sollte das denn sein? Manchmal muss man natürlich repräsentieren, vielleicht die eine oder andere Sauferei, aber er macht seine Arbeit ordentlich. Da kann ich wirklich nichts anderes sagen.«
    »Er lehnt also Alkohol nicht völlig ab?«
    »Machen Sie Witze? Obwohl das schon schlimmer gewesen ist. In den Jahren nachdem wir aus Zypern zurückgekommen sind, glaubte ich manchmal, er würde zum Alkoholiker werden. Aber dann hat sich das gegeben, nachdem Rosmarie sich um ihn gekümmert hat.«
    »Haben Sie zusammen im UNO-Kontingent gedient?«
    »Ja, aber das ist beinahe zwanzig Jahre her. Wir haben tatsächlich überlegt, ob wir zusammen runter nach Stockholm ins Restaurant Engelen fahren, Clarence und ich. Dort veranstalten sie jeden ersten Montag im Monat Treffen für

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