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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Kronköpings »Allehanda«, der dicht gefolgt vom Fotografen aus dem Wagen sprang, sah sichtlich enttäuscht aus, als ihm der Zugang zum Anleger versperrt wurde.
    »Was hat die Polizei zu dem Vorfall zu sagen?«, rief er Maria zu, die über den Toten gebeugt dastand.
    »Musst du den Wachhabenden fragen«, antwortete Maria freundlich, aber bestimmt.
    »Handelt es sich um Mord oder einen Unglücksfall?«
    »Kann ich nicht sagen. Sprich mit dem Wachhabenden.«
    »Das ist der Hausmakler, stimmt’s?« Der Reporter fasste Maria an den Arm, als sie an ihm vorbeiging.
    »Ich bin nicht befugt, deine Fragen zu beantworten, das weißt du doch ganz genau.«
    »Auch das noch«, stöhnte der Reporter und trat einen Schritt zurück, um Platz für den Fotografen zu machen.
    Der Tote wurde in einem schwarzen Plastiksack mit Reißverschluss zum Leichenwagen getragen, der dicht gefolgt von dem Streifenwagen in Richtung Krankenhaus verschwand.
    Erst als sie drinnen beim Arzt war, der den Tod bescheinigen sollte, fiel Maria ein, dass sie vergessen hatte, die Haustür abzuschließen. Krister würde sich sicher wundern. Der junge Arzt machte ein merkwürdiges Gesicht. Vielleicht war es für ihn das erste Mal, dass er mit der Polizei zusammenarbeitete, oder der Geruch der Leiche, die zu verwesen begann, machte ihm zu schaffen.
    »Der Leichnam ist heute Morgen von einem Fischer gefunden worden, ungefähr um 7.30 Uhr. Danach ist der Verstorbene an Land gerudert worden, das dauerte nicht ganz drei Stunden. Soll er obduziert werden?«
    »Ja, damit müssen wir rechnen. Ein Verbrechen kann nicht ausgeschlossen werden. Die Identität ist noch nicht geklärt. Der Körper ist geschwollen und verändert. Der Fischer, der ihn aus dem Wasser gezogen hat, meint ihn zu kennen, aber wir müssen wohl einen Gebissabdruck machen lassen, um die Identität sicher feststellen zu können.«
    Als Maria mit dem Schreibkram, der Anzeige und dem vorläufigen Protokoll über den Todesfall fertig war, ging sie zu Hartman.
    »Hat man ihn identifizieren können?«, fragte der.
    »Wir sind dabei.«
    »Was meinst du denn, kann es Clarence Haag sein? Du hast ja Fotos von ihm gesehen. Wenn ich es richtig verstanden habe, war der Verstorbene schon etwas aufgedunsen. Ich meine, es wäre besser, wenn wir alle Alternativen ausschließen, ehe wir Frau Haag herbitten, um ihn zu identifizieren.«
    »Mein erster Gedanke war, dass es Clarence sein könnte. Sie sind sich nicht ganz unähnlich, ungefähr gleiches Alter, gleicher Körperbau. Aber als wir den Mann auf den Kahn gezogen hatten, sah ich die Zähne. Das kann nicht Clarence Haag sein. Clarence hatte einen halb vergoldeten Vorderzahn.
    Der Fischer, mit dem ich den Leichnam aus dem Wasser gezogen habe, meinte ihn erkannt zu haben. Soll ein Mårten Norman sein. Ich habe nach dem Namen im Computer gesucht. Mårten Norman taucht häufiger in den Registern auf. Er hat wegen Rauschgiftdelikten gesessen, wegen Einbruchs, Diebstahl und Körperverletzung. Gerade jetzt war er unter Auflagen entlassen und vor drei Tagen von seinem Betreuer als vermisst gemeldet worden. Letzte Adresse war ein Schuppen unten am Strand von Kronviken. Den Unterlagen nach ist er vor einem Jahr zwangsweise aus seiner Wohnung in Videvägen hinausgeflogen.«
    »Aus seiner Wohnung in Videvägen hinausgeflogen! Das sagt schon einiges über den Mann.« Örjan Himberg, der sich während des Gesprächs hinzugesellt hatte, lächelte so breit, dass seine Ohren wie Rosetten an den Mundwinkeln aussahen. Hartman warf ihm einen missbilligenden Blick zu, und Himbergs Lächeln schmolz auf eine normale Größe zusammen.
    »Was hat er für Angehörige?«
    »Eine Mutter. Lily Norman.«
    »Wer fährt zu ihr, wenn wir sicher sind, dass es sich um Mårten Norman handelt?«
    »Wern, Frauen sind rein gefühlsmäßig für so was besser geeignet.« Himberg wand sich missmutig.
    »Wern?«
    »Wenn es niemand anders tun will, übernehme ich es. Geht in Ordnung.«

    Nachdem sie mehrmals erfolglos an Frau Normans Tür geklingelt hatte, wurde Maria von einer Nachbarin darauf hingewiesen, dass Lily Norman seit mehr als einer Woche im Krankenhaus lag.
    »Sie ist hingefallen und hat sich wieder verletzt, die arme Frau. Lily hat furchtbares Pech, rutscht ständig aus und stößt sich immer wieder. Sie dürfte in diesem großen Haus eigentlich nicht allein wohnen. Es ist für eine alte allein stehende Frau schwer, für sich selbst zu sorgen, mit Rasen mähen und Schnee schaufeln und allem.

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