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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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schweißnass.
    »Dauert das hier lange? Gustav hat einen Herzfehler und ist Epileptiker. Wird er zu müde, können seine Krämpfe anfangen. Wir müssen sehr behutsam mit ihm sein.« Egil legte den Arm schützend um Gustavs Schultern, und Gustav machte es ebenso, mit dem gleichen fürsorglichen Gesichtsausdruck. Sie lehnten die Köpfe aneinander, und Gustav schloss die Augen. Sein Mund war ein einziges großes Lächeln.
    »Wir machen es einfach so, dass du nach Hause fährst und so genau wie möglich aufzuschreiben versuchst, welche Boote du gesehen hast, die vor etwa einer Woche hier in Kronholmen gelegen haben. Es ist sicher schwierig, sich so im Nachhinein daran zu erinnern, aber für uns sind die Angaben sehr wichtig. Sowohl die Freizeitboote als auch die Fischerboote sind von Interesse. Ich möchte auch, dass du überlegst, wann du zuletzt mit dem alten Jacob gesprochen hast und wer ihn da besucht hat. Kennst du diesen Mann?« Maria zeigte ihm das Foto von Mårten Norman.
    »Na klar! Das ist der Fixer, der in dem Schuppen neben Jacob wohnt. Hat der Jacob totgeschlagen?«
    »Das können wir noch nicht sagen. Der Mann ist ertrunken und heute Morgen im Kronviken gefunden worden. Wir interessieren uns für alles, was ihn betrifft. Wann und wo er gesehen worden ist.« Das Foto von Clarence Haag wurde auf den Tisch gelegt.
    »Weißt du, wer das hier ist?«
    »Seine Frau ist sehr hübsch. Rosmarie heißt sie.« Gustav strahlte übers ganze Gesicht. »Hübsch und auch nett. Sie hat mir ein Stück Kuchen geschenkt.«
    »Sicher kann ich das nicht sagen«, antwortete Egil und strich sich nachdenklich übers Kinn. »Vielleicht? Segelt der zusammen mit diesem Odd Molin, der das schöne alte Mahagoniboot hat?«
    »Das ist möglich.«
    »Dann kann ich ihn und seine Frau hier unten beim Baden gesehen haben. Hat sie nicht rote Haare? Ich sage genau wie Gustav, eine verdammt hübsche Frau, diese Rosmarie. Nach der dreht man sich zweimal um, nicht wahr, Gustav?« Egil stieß seinen Sohn in die Seite und lachte, dann wurde ihm der Ernst der Stunde bewusst, und er riss sich zusammen.
    »Wer zum Teufel kann etwas gegen den alten Jacob gehabt haben? Der hat in seinem Leben doch keiner Fliege etwas zuleide getan!« Maria fuhr zusammen. Keiner Fliege! Das Bild der offenen Wunde mit den weißen Eiern hatte sich ihr unauslöschlich eingeprägt.
    »Hab keine Angst, Maria. Sterben ist nicht gefährlich. Man schläft einfach ein, und dann ist man nicht mehr in seinem Körper. Flupps, wie eine Banane aus der Schale, und dann gräbt man das in der Erde ein«, beruhigte Gustav sie und legte den Kopf mit einem verständnisvollen Lächeln auf die Seite.
    »Er ist so klug, mein Gustav«, sagte Egil gerührt und zog ein Taschentuch aus der Tasche, schnäuzte sich lautstark und streckte danach die Hand zum Abschied aus. »Wir müssen jetzt nach Hause. Komm, Gustav, bevor du dich hier bei der Polizei heimisch fühlst. Ich schreibe alles auf, was uns einfällt, und dann bringen wir das morgen früh vorbei«, versprach er.
    »Ivan, kommt der auch?«
    »Dem geht es nicht gut. Von der Wunde am Fuß hat er Fieber gekriegt. Der müsste eigentlich zu einem richtigen Doktor gehen. Ich werde ihn morgen hinbringen. Was anderes hat jetzt keinen Sinn mehr. Er ist etwas menschenscheu. Ich glaube, das sind die Nerven.«

    Als sie gegangen waren, dachte Maria über das Gesicht nach, das Rosmarie Haag in ihrem Fenster gesehen hatte. Und wenn es nun gar keine geheimnisvolle Person in dem Garten gab? Es konnte sich doch genauso gut um einen Hilferuf handeln. Eine Maßnahme, um die Polizei herbeizuholen, ohne direkt auf Clarence zu weisen. Maria ließ die Frage offen, bis sich eine Gelegenheit fand, wieder mit Rosmarie Haag zu sprechen.
    Durchs Fenster sah sie Egil, der sich mit Gustav an der Hand abmühte. Sie schienen sehr unterschiedlicher Meinung darüber zu sein, welchen Weg sie einschlagen sollten. Egils grollende Stimme dröhnte durch die Fensterscheibe. Gustav stampfte auf den Boden und zog mit aller Kraft. Dann waren sie hinter den Büschen nicht mehr zu sehen.
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach Maria bei ihren Überlegungen über das Gesicht am Fenster, und da stand Gustav wieder im Zimmer.
    »Ich habe etwas für dich, Maria«, sagte er pfiffig. »Mach die Augen zu und streck mir die Hand entgegen.« Maria tat, wie ihr gesagt wurde, und spürte etwas Kleines und Kaltes auf ihrer Handfläche.
    »Jetzt kannst du die Augen aufmachen.« Maria öffnete langsam ein

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