Totenwache
zu vollenden. »Die Fliegen hatten Eier gelegt«, sagte sie und schüttelte sich. Diese sachliche Feststellung gab Arvidsson Kraft, sich von ihr zu lösen. Gemeinsam stemmten sie sich gegen den Wind und gingen auf den Anleger hinaus, damit Maria ihr verschmiertes Gesicht waschen konnte, ehe sie zur Wache zurückfuhren. Arvidsson hielt sie fest, während sie sich vornüberbeugte. Hätte Jacob auf seiner Bank gesessen, dann hätte er sich sicher gewundert, was die beiden da taten, überlegte Arvidsson mit einem grimmigen Lächeln.
»Rosmarie Haag sollte sich das Bild von Mårten Norman auch mal ansehen«, sagte Hartman und faltete seine Pizza vierfach, ehe er sie in den Mund schob. Um Zeit zu sparen. Dann sagte er eine ganze Weile nichts mehr.
»Kann Mårten Norman das Gesicht im Fenster gewesen sein, die Person, die Rosmarie in ihrem Garten gesehen haben will? Wenn er Zeuge der Misshandlungen gewesen ist, hätte er was in der Hand gehabt. Erpressung ist ein vorstellbarer Grund für seinen Tod. Was kann man sich sonst noch vorstellen? Kann es sich bei den Zahlungen um eine Art Unterstützung handeln, zwischen ehemaligen UNO-Soldaten?« Arvidsson lehnte sich vor und schlang die Pizza in sich hinein, beide Ellenbogen stützte er auf die Tischplatte, und der lange rote Pony hing ihm vor dem Gesicht als ein Sichtschutz während des Essens. Ihm fiel das Essen schwer, wenn jemand zusah. Jetzt saß auch noch Maria neben ihm, und das machte die Sache nicht besser. Die Bissen wuchsen in seinem Mund. Er verfluchte seine Schüchternheit und schob den zur Hälfte geleerten Teller von sich.
»Rosmarie Haag braucht eine Alarmanlage. Ich fahre heute damit gern zu ihr, wenn ihr einverstanden seid.« Maria kramte ihre halb zerdrückte Banane aus dem Rucksack und kam sich ausgehungert und enthaltsam vor. Hartman, der langsam wieder sprechen konnte, murmelte kauend, dass er eine Liste der Fischer, die in der letzten Woche auf dem Kronviken unterwegs gewesen waren, in Arbeit hatte.
»Die Gespräche mit dem Personal der Goldenen Traube und mit Odd Molin können bis morgen warten. Arvidsson und ich fahren runter zum Fischereihafen. Möglicherweise müssen wir uns an die Öffentlichkeit wenden und um Hilfe bitten, wenn sich bei den Bootseignern, die wir dort antreffen, nichts Konkretes ergibt. Auf welchen Tag wir uns wegen der beiden Todesfälle genau konzentrieren müssen, erfahren wir erst, wenn wir die vorläufigen Obduktionsresultate haben. Erika Lund war nicht gerade begeistert, als ich sie getroffen habe. Sie hatte wohl am Wochenende etwas Wichtiges auf dem Golfplatz zu erledigen, und daraus wird nun nichts. Sie ist zum Fischereihafen gefahren. In den nächsten Stunden werden wir kaum etwas von ihr hören. Örjan Himberg ist auf dem Weg nach Stockholm. Wir schicken ein Bild von Clarence Haag per Fax an die Polizei in Stockholm. Deren Leute werden heute den ganzen Abend über im Engelen sein. Wir können kein Risiko eingehen. Odd Molin ist auch runtergefahren, sagt seine Sekretärin. Er kann bei der Identifizierung behilflich sein, falls Herr Haag auftauchen sollte. Wir können nicht ausschließen, dass Clarence Haag Mårten Norman ums Leben gebracht hat, ebenso Jacob Enman. Er hat ein Motiv und ist auch früher schon gewalttätig geworden.«
»Ich habe eine Liste der mir bekannten Fischer aus dem Ort Kronviken zusammengestellt, mit Telefonnummern.« Maria legte ihren Ordner auf den nicht sehr sauberen Tisch im Aufenthaltsraum. »Der oberste Name ist der des Fischers, der den Leichnam aus dem Wasser gezogen hat. Tord Bränn. Den habe ich vernommen, bin aber noch nicht dazu gekommen, das Protokoll zu schreiben. Dann kommt mein Nachbar, Manfred Mayonnaise Magnusson, er angelt für den eigenen Bedarf. Ich wäre dankbar, wenn jemand anders ihn vernehmen würde. Egil und Gustav Hägg, Vater und Sohn, haben ein Boot zusammen mit ihrem Nachbarn, Ivan Sirén. Das Boot heißt Marion II. Es wäre eine gute Idee, wenn wir auch die Freizeitboote im Sportboothafen kontrollieren, die letzte Woche draußen gewesen sind. Kronholmen ist ein beliebtes Ausflugsziel für Sonntagssegler.«
17
Rosmarie Haag sah sich das Bild von Mårten Norman sorgfältig an. Das helle Haar, das aus dem Gesicht gestrichen war, hing in dünnen Strähnen hinter den Ohren. Das fliehende Kinn und die spitze Nase. Die Augen saßen tief in ihren Höhlen.
»Er sieht aus, als ob ihm im Leben nichts geschenkt worden ist«, stellte sie fest.
»Ja, das kann man wirklich
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