Totenwache
Auge nach dem anderen und starrte auf den Taubenring in ihrer Hand.
»Willst du dich mit mir verheiraten?« Maria konnte einfach nicht anders und lächelte in Gustavs strahlendes Gesicht.
»Tut mir Leid, Gustav. Aber ich bin schon mit Krister verheiratet.«
»Das macht doch nichts. Der kann auch dabei sein«, Gustav gab sich großzügig, »wir beringen uns alle drei zusammen. Wenn du ehrlich bist, dann hast du mich doch gern. Das weiß ich!«
»Ja, du bist ein guter Junge, Gustav. Darf ich mir den Ring eine Weile von dir ausleihen, bis du ein anderes Mädchen kennen lernst, dem du ihn dann geben kannst? Ein netter Kerl wie du wird doch nicht lange ohne Freundin herumlaufen.«
»Nein, aber die Mädchen in der Werkstatt sind manchmal wirklich ein bisschen aufdringlich«, sagte Gustav ernsthaft.
19
Als Hartman müde von der Arbeit nach Hause kam, empfing ihn ein wunderbarer Duft nach Steak und Portweinsoße aus der Küche. Der Tisch im Wohnzimmer war mit einem weißen Tischtuch, Kerzen und Rosen gedeckt. Das Schachbrett stand bereit, und ein Feuer flackerte im Kamin. Zusammen mit seiner geliebten Frau setzte er sich an den Tisch und trat in eine lauwarme Pfütze. Ein Stückchen weiter weg, jetzt außer Reichweite, sah er die Pestratte Peggy. Sie betrachtete ihn zufrieden mit ihren Pfefferkornaugen. Nach Tomas Hartmans Auffassung war das kleine Untier nichts weiter als ein sanitärer Missstand, aber seiner Frau zuliebe gab er nach.
»Du siehst müde aus, Tomas.« Marianne lächelte mild und freundlich. »Ich habe in den lokalen Nachrichten von dem Todesfall, dem Ertrunkenen, gehört. Die sagten auch, dass ein älterer Mann unten am Fischereihafen erschlagen worden ist, wahrscheinlich wurde er von einem Rauschgiftsüchtigen beraubt. Da hast du heute wahrscheinlich eine Menge Arbeit gehabt.«
»Ist das das Bild, das die Medien vermitteln? Ich habe es heute Abend nicht geschafft, mir die Nachrichten anzuhören«, seufzte Hartman und lächelte Marianne zu. Blinzelte ein wenig mit einem Auge. »Wie schön du das wieder gemacht hast. Ich bin so froh, dass ich dich habe«, sagte er und strich seiner Frau über den bloßen braunen Arm. »Wenn man all das Elend in den Hütten ringsumher sieht, kann man sich wirklich glücklich schätzen. Steak in Portwein, das ich so liebe, Kartoffelscheiben mit Estragon und eine hübsche Ehefrau. Was ist das da in der Glasschale, was du dir da ausgedacht hast?«
»Das ist Tsatsiki, griechischer Gurkensalat. Den mache ich mit einprozentigem Quark. Das ist kalorienarm und sehr gut.«
»Aber die Sahnesoße, wo ist die gute Sahnesoße?«
»Mit Tsatsiki schmeckt das ebenso gut. Probier mal, wirst schon sehen. Ich habe Angst um dich, mein Herz«, antwortete Marianne und reichte die Schale mit dem Gurkensalat hinüber.
»Ein bisschen Rotwein ist auch gut fürs Herz. Kannst du mir helfen, die Flasche zu öffnen?« Und gleich fühlte sich Tomas Hartman ruhiger. Manches Gute blieb einem doch erhalten.
Gerade als Hartman sich den ersten Bissen des wunderbar gewürzten Steaks in den Mund schieben wollte, wurde die Haustür mit dröhnendem Krach aufgerissen, und die jüngste Tochter stürzte mit einem Arm voller Schmutzwäsche herein. Ohne ein Wort der Begrüßung legte sie ihre Last ab, ging mürrisch rund um den Tisch und glotzte ihren Vater an. Die schwarzen Augenringe unter den silbernen, dick geschminkten Lidern sagten alles über ihren Gemütszustand aus.
»Pfui, wie grässlich! Du isst gerade eine Kuh. Ein armes Tier, das jemand umgebracht hat, geschlachtet, damit du dir nicht die eigenen Hände blutig machst. Würdest du mit gleichem Appetit essen, wenn du sie totgeschlagen, abgehäutet und das Steak selbst mit dem Messer herausgeschnitten hättest, würdest du das?«
»Nein, wahrscheinlich nicht.« Mit müden und sehr alten Augen blickte Hartman auf seine Tochter und ließ die Gabel auf den Teller fallen.
»Es gibt Kartoffeln und Tsatsiki für dich, wenn du hungrig bist«, sagte Marianne unberührt.
»Nein danke, ich will nicht vom gleichen Tisch wie ein barbarischer Fleischfresser essen. Darf ich die Waschmaschine benutzen? Ich habe es nicht geschafft, Zeit in der Waschküche zu reservieren. Man kann doch nicht mehrere Tage im Vorhinein wissen, wann man Zeit zum Waschen hat! Aber das begreifen die nicht. Diese Rentner tragen sich schon einige Wochen vorher ein. Die einzige freie Zeit ist samstags, wenn Bingolotto ist.«
Später, als wieder Ruhe eingekehrt war und die Tochter
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