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Totenwall

Titel: Totenwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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haben wir längst kontrolliert», erklärte der Criminalhauptmann und begann aufzuzählen: «Ein Hotelier aus Hohenfelde, ein Büchsenmacher, ein Spirituosenhändler aus St. Pauli, ein Ingenieur aus Eimsbüttel, zwei Ladenbesitzer aus der Neustadt, ein Steinmetz aus Ohlsdorf, ein städtischer Verwaltungsangestellter und ein Prokurist der HHLA . Allesamt unbescholtene Bürger, die sich erstaunt zeigten, dass sich die Polizei für ihre Person interessiert. Ihre einzige Gemeinsamkeit besteht darin, sich vom Bankhaus Goldmann Geld geliehen zu haben, das sie für den Kauf von Immobilien benötigten – was für uns aufgrund der Höhe der Summen keinerlei Besonderheit oder Auffälligkeit darstellt.»
    Sören überlegte, ob er Andresen erzählen sollte, was Martin erwähnt hatte, dass Goldmann in bestimmten Kreisen als zwielichtiger Geschäftsmann gegolten hatte. Er beschloss, es erst einmal für sich zu behalten. Zumindest so lange, bis er die Konditionen kannte, die mit den Schuldverschreibungen ausgehandelt worden waren.
    Doktor Molch verabschiedete sich, als er merkte, dass er nicht mehr gebraucht wurde. Sören bedankte sich für die Versorgung.
    Als sie allein im Raum waren, beugte sich Heinrich Andresen ihm vertraulich entgegen. «Ich weiß, dass Sie mehr wissen, als Sie zugeben. Nur werde ich das kaum beweisen können. Ich könnte Sie natürlich unter dem Verdacht der Mitwisserschaft verhaften lassen, aber irgendetwas sagt mir, dass ich damit nicht durchkomme und Sie genau wissen, was Sie tun. Ich möchte nur, dass Sie künftig Ihre Alleingänge unterlassen, und wenn doch nicht, dann in Absprache mit uns … mit mir», verbesserte er sich und lächelte Sören an. Es war ein Lächeln, das irgendwo zwischen dem Wunsch nach Zusammenarbeit und der unterschwelligen Drohung von jemandem angesiedelt war, der wusste, dass er am längeren Hebel saß. «Zumindest dann, wenn Sie wieder auf dem Damm sind. Sie sollten sich mal sehen …»
    «Besser nicht», erwiderte Sören. «Aber die paar Blessuren werden mich nicht daran hindern, meine Fühler weiter auszustrecken.»
    «Denken Sie an meine Worte», warnte ihn der Polizist.
    «Mach ich. Eine etwaige Zusammenarbeit sollte allerdings nicht auf einen einseitigen Informationsfluss beschränkt bleiben.»
    Andresen nickte. «Ich gebe offen zu, dass wir in der Sache Goldmann momentan ziemlich im Dunkeln tappen, was aber vor allem daran liegt, dass meine Abteilung zurzeit auf mehreren Hochzeiten tanzen muss.» Er machte eine rhetorische Pause und warf seinem Gegenüber einen ernsten Blick zu, als wolle er sich vergewissern, ob Sören den Gehalt seiner Worte richtig interpretieren würde. Dann erklärte er mit vertraulichem Unterton, als verrate er jemandem, der gerade einer Mitarbeit zugestimmt hatte, ein Geheimnis: «Heute Morgen wurde eine weitere Frauenleiche entdeckt. In einem der Schächte unweit des Bankhauses Goldmann …»
    «Wieder ohne Kopf?», fragte Sören.
    «Ja.» Andresen machte einen schweren Atemzug. «Und wieder war es ein merkwürdiger Zufall, dass man den Leichnam entdeckt hat. Die Stützen eines Gerüstes sind zusammengebrochen, dabei hat sich die Verschalung verschoben … Dahinter fand man die Leiche.»
    «Meinen Sie, es gibt einen Zusammenhang zwischen den Taten?»
    «Mit Sicherheit hat derselbe Täter die beiden Frauen auf dem Gewissen. Dafür ähneln sich die Tatumstände zu sehr. Beide Frauen waren entkleidet, beide wurden geschändet … Und beide Male hat man die Leichen nur halbherzig versteckt. Der Leichnam in Barmbeck kann nur eine Handbreit mit Erde bedeckt gewesen sein, und auch die Verschalung, hinter der die Leiche heute entdeckt wurde, wäre früher oder später wieder entfernt worden. Es sieht fast so aus, als wenn sie gefunden werden sollten.»
    «Glauben Sie, es gibt noch mehr?»
    «Momentan müssen wir davon ausgehen, es mit einem Wahnsinnigen zu tun zu haben, der die Baustellen der Hochbahn mit Frauenleichen garniert. Unter den Bauarbeitern breitet sich bereits Unruhe aus. Niemandem ist daran gelegen, bei den Arbeiten im Erdreich auf tote Frauen zu stoßen.»
    «Gibt es bereits Erkenntnisse zur Identität der Frauen?»
    Andresen schüttelte den Kopf. «Ohne Kopf gestaltet sich eine Identifizierung schwierig. Wir wissen nur, dass beide die dreißig noch nicht überschritten haben dürften und es sich höchstwahrscheinlich um Frauen aus dem Mittelmeerraum handelt, das vermutet zumindest der Amtsarzt aufgrund ihrer Hautfarbe. Wir müssen

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