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Totenwall

Titel: Totenwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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Schulze-Herford nur so lange Gültigkeit hatte, bis das Gerät fertiggestellt war. Danach wäre der Preis um ein Drittel höher ausgefallen. Außerdem erschien mir die von der Bank geforderte Beteiligung am Unternehmen Behrend, wie Goldmann mein Vorhaben nannte, übertrieben hoch. Er wollte zuzüglich der Tilgung über einen Zeitraum von zwei Jahren zwanzig Prozent meiner Einnahmen. Und dann kam mir der Zufall zu Hilfe, und ich lernte Martin … Herrn Hellwege kennen.»
    Er schielte flüchtig zu Martin, der seinen Ausführungen mit dem selbstgefälligen Grinsen des Privatfinanciers gelauscht hatte.
    «In welchem Bereich hätten Sie denn nach Goldmanns Meinung investieren sollen?», fragte Sören interessiert.
    «Investieren ist wohl das falsche Wort», korrigierte Behrend. «Ich hatte ja nichts, was ich hätte ausgeben können. Aber er sagte, die Bank würde mir in dem Fall außergewöhnlich gute Konditionen unterbreiten können, und schon nach einem Jahr wäre mit einem Gewinn von bis zu hundert Prozent zu rechnen, sodass ich nach Tilgung und Rückzahlung einen Reingewinn von dreißig Prozent erwirtschaftet hätte, was in etwa dem Grundstock für den Kauf meines Flugapparates entsprochen hätte.»
    «Mir fällt kein seriöses Geschäft ein, bei dem man innerhalb eines Jahres einen Gewinn von hundert Prozent erzielt, ohne das Risiko eines Totalverlusts einzugehen», merkte Martin an und schüttelte verständnislos den Kopf. «Vor allem keins, das von einer Bank empfohlen würde. Jeder einigermaßen gewiefte Geschäftsmann würde selber investieren, wenn das Risiko gleich null anzusetzen ist.»
    «Von welchem Geschäftsbereich sprechen wir denn?», wiederholte Sören seine Frage. «Hat Goldmann Ihnen gegenüber das erwähnt?»
    «Er riet mir zu einer Investition in Immobilien.»
    «Immobilien? Mit einem Wertzuwachs von hundert Prozent innerhalb eines Jahres? Das gibt es nicht!», erklärte Martin.
    Irgendwie hatte Sören bereits eine Vorahnung gehabt. Die Schuldverschreibungen des Bankhauses Goldmann und die Tatsache, dass die Schuldner für das geliehene Geld Häuser und Grundstücke erworben hatten, ließ stark vermuten, dass ein Wertzuwachs in dieser Größenordnung aus irgendeinem Grund doch möglich sein musste, wobei die Risikofrage erst einmal unerheblich war. Offenbar hatte Goldmann seine Kunden glauben machen können, kein Risiko einzugehen. Und vielleicht hatte er sogar recht behalten, mit einer Ausnahme …

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 7
    M athilda hatte ihr schönstes Kleid angezogen, ein knöchellanges Sommerkleid aus aprikotfarbenem Shantung-Leinen, welches sie nur selten trug. Viel zu selten, wie Sören fand. Es stand ihr ganz ausgezeichnet, auch wenn es, der diesjährigen Mode widersprechend, viel zu eng anlag. Man hätte es fast als wagemutig bezeichnen können, da Tilda grundsätzlich keine Corsagen zu tragen pflegte. Angesichts ihres Vorhabens wirkte jedes auch noch so freizügige Stück Kleidung freilich immer noch züchtig. Auch Liane Kronau hatte sich herausgeputzt. Sie trug einen geblümten Rock, der knapp über ihren Knöcheln endete, eine purpurne Bluse mit Spitzenbesatz sowie eine farblich dazu passende Jacke, unter der sich abzeichnete, dass seine Trägerin noch flachbrüstiger war als Mathilda. Wieder hatte sie ihre Haarpracht zu einem kunstvollen Geflecht filigraner Zöpfe aufgetürmt, was ihre enorme Körpergröße noch betonte. Sören war sich sicher, noch nie einer Frau mit so langen Extremitäten begegnet zu sein, und er ertappte sich bei dem Gedanken, wie sie wohl nackt aussah. Woraufhin er ein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte, da er es ja in einer Stunde wissen würde.
    Gleichwohl konnte er sich mit dem Gedanken an das, was sie bald erleben würden, noch nicht ganz anfreunden, und umgeben von so viel weiblicher Extravaganz, kam ihm die Fahrt, je näher sie ihrem Ziel kamen, immer mehr als amouröse Lustfahrt vor. Er wusste nicht, ob die neidvollen Blicke der Passanten dem luxuriösen Gefährt oder seiner Begleitung galten.
    Er kam mit dem großen Wagen erstaunlich gut zurecht. Martin hatte ihn gerne aus der Hand gegeben, nachdem Sören sie am gestrigen Abend sicher nach Hause kutschiert hatte. Als Liane Kronau in Barmbeck zugestiegen war, hatte auch sie angesichts des noblen Gefährts natürlich gestaunt und es sich dann mit Mathilda auf der Rückbank bequem gemacht. Auf Nachfrage erfuhr Sören, dass David wie fast jeden Sonntag bei einem Fußballspiel war, er sie aber

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