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Totenwall

Titel: Totenwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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war.
    Behrend entpuppte sich ohne Brille und Fliegermütze als blonder Jüngling mit exakt gescheitelter Frisur, einer griechischen Nase, schlanker Figur, vielleicht einen Hauch zu feminin gebaut, aber wohlproportioniert. Vom Wesen her war er zurückhaltend, Martin jedoch sichtlich dankbar. Er war der Star des Tages, und Sören beglückwünschte ihn zu seiner Leistung. Martin hatte nur Worte des versteckten Vorwurfs parat, die allerdings an Behrend abzuprallen schienen. Für ihn war klar, dass er alles im Griff gehabt hatte. Eigentlich warte er darauf, erzählte er, dass bessere Fluggeräte gebaut würden, mit denen man noch akrobatischer, einem Vogel gleich, wie er betonte, Kapriolen in der Luft unternehmen konnte. Dann verlor er sich in technischen Details, denen Sören und wohl auch Martin, wie er seinem Gesichtsausdruck entnahm, nicht folgen konnten. Nach und nach legte sich die Euphorie des jungen Mannes, und schließlich kehrte er im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden zurück.
    Dennoch blieb er beim Thema Fliegerei. Im letzten Monat, so erklärte Adolf Behrend, hatte er bei einem Wettbewerb ein Preisgeld von sagenhaften siebentausend Mark erhalten, und das, obwohl er eigentlich erst in diesem Monat hätte teilnehmen dürfen, da seine Fluglizenz erst mit der Abschlussprüfung in Johannisthal vom 1. Mai an Gültigkeit besaß. Er stammte aus Königsberg, wie Sören erfuhr, und war doch älter, als er auf den ersten Blick gewirkt hatte – bereits vierzig, in Mathildas Alter also.
    «Kein Wunder. Wahrscheinlich konnten Sie besser fliegen als der Fluglehrer, der die Prüfung abgenommen hat.» Sören konnte nicht umhin, Behrend ein Kompliment zu machen, und Martin warf ihm daraufhin einen fast eifersüchtigen Blick zu.
    «Ich habe Herrn Bischop erzählt, dass du wegen der Finanzierung des Flugapparates anfänglich auch Kontakt zum Bankhaus Goldmann hattest.»
    «Aus dem, dank deiner Hilfe, keine Geschäftsbeziehung wurde.» Behrends Augenaufschlag hatte etwas Anziehendes, wie Sören feststellte. Er hatte so gar nichts vom verwegenen Abenteurer, wie man es bei einem Flugpionier erwartet hätte.
    «Es ist so, dass Elias Goldmann einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Das Bankhaus wurde ausgeraubt und Goldmann erschlagen.»
    Behrend blickte Sören entgeistert an. «Wie fürchterlich.» Das Blau seiner Augen war von ungeheuer intensiver Strahlkraft, was noch verstärkt wurde, da die zuvor ungeschützten Partien seines Gesichts von einer dünnen Staubschicht bedeckt waren.
    «Ich bin in die Aufklärung des Verbrechens eingebunden und sehr daran interessiert, mehr über das Geschäftsgebaren von Herrn Goldmann zu erfahren. Martin deutete an, dass Goldmann häufig versucht haben soll, seine Kunden zu Risikogeschäften zu überreden.»
    «In der Tat. Ich kann natürlich nur schildern, wozu er mir geraten hat, aber mir erschienen seine Vorschläge zu vage, obwohl er auf mich von Anfang an einen sehr entgegenkommenden Eindruck machte. Ich hatte von einem Freund in Berlin gehört, dass das Bankhaus für die Finanzierung von Vorhaben wie dem meinen zu empfehlen sei. Was genau dahintersteckte, erfuhr ich aber erst, als mir Goldmann die Konditionen erläuterte. Es ist ja so, dass ich weder eigenes Kapital noch irgendwelche Sicherheiten vorweisen konnte. Mein einziges Argument war, dass der Fliegerei die Zukunft gehört – und in dem Punkt stimmte er mir auch sofort zu, aber die damit zu erzielenden Einkünfte sah er als noch nicht ausreichend an, um mehr als den von der Bank angedachten Leihzins tilgen zu können. Inzwischen weiß ich zwar, dass er mit dieser Einschätzung falschlag, das zeigen mir die in den letzten zwei Monaten erhaltenen Preisgelder und Honorare, aber zu dem Zeitpunkt war das noch nicht vorauszusehen. Es ging immerhin um den Betrag von über 20000 Mark für die Anschaffung eines Fluggerätes. Er hatte jedoch sofort eine Idee, wie er mir helfen könne und wie man, so seine Worte, eine Finanzierung auf sichere Beine stellen würde. Dazu war es allerdings nötig, erst einmal in einen ganz anderen Sektor zu investieren, der mir jedoch innerhalb kürzester Zeit einen gehörigen Gewinn bescheren sollte, mit dem ich dann genügend Kapital für meine eigentliche Finanzierung hätte.
    Der versprochene Erlös klang für mich auch sehr verlockend, und wahrscheinlich wäre ich darauf eingegangen, aber die Zeitspanne war für mich zu groß. Ich benötigte das Geld kurzfristig, da die Offerte für den

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